Rainer Bonhorst / 27.09.2011 / 08:33 / 0 / Seite ausdrucken

Zebrastreifen

Jetzt gehen die Kinder wieder zur Schule und mir fällt wieder ein, wie ich fast einmal einen Unfall verursacht hätte, weil ich am Zebrastreifen für ein Schulkind gestoppt habe. Wie das? Ganz einfach: Weil der Autofahrer, der mir entgegen kam, nicht im Traum daran dachte, an dem Zebrastreifen zu halten. Und fast wäre das Kind an meinem haltenden Auto vorbei in das fahrende hineingelaufen, das aus der anderen Richtung kam.

Unsere Zebrastreifen sind unnötig gefährlich, weil sie nicht ernst genommen werden. Die an einer Ampel sind, glaube ich, einigermaßen sicher; aber die ampellosen, frei auf der Fahrbahn liegenden Streifen sind kaum mehr als ein Alibi. Ich erlebe immer wieder, dass Fußgänger (freudig) überrascht sind, wenn ich ihnen an einem solchen Überweg die Vorfahrt lasse. Dabei muss ich höllisch aufpassen, dass mir hinten nicht einer reinfährt, der nicht damit rechnet, dass der komische Kerl vor ihm am Zebrastreifen hält. Und, wie gesagt, der Gegenverkehr spielt oft nicht mit.

Nun will ich nicht so tun, als würde ich ständig den höflichen Stopper spielen. Das kann man sich bei uns gar nicht leisten. Anderswo schon. In England zum Beispiel. Dort genießt so ein Zebrastreifen einen ganz hohen Respekt. Es genügt, dass einer auf den gestreiften Überweg nur zu geht und schon hält der Verkehr. Wer nicht hält, gilt als Rowdy.

Ebenso stark ist die Macht des Zebrastreifens in Amerika, auch wenn er oft gar kein Zebra ist sondern nur durch zwei dicke Linien markiert wird. Auf jeden Fall wird er so ernst genommen, dass man niemals plaudernd an so einem Übergang stehen bleiben sollte. Man könnte leicht eine Schlange wartender Autofahrer verursachen.

Warum ist das bei den Angelsachsen so? Weil Zebra-Rowdytum dort gesellschaftlich nicht akzeptabel werden. Wer das Zebra nicht achtet, wird geächtet. Und das ist entscheidend. Die Rechtslage allein reicht in solchen Angelegenheiten fast nie aus.  Es muss einfach gute Sitte sein, sich gegenüber Fußgängern rücksichtsvoll zu verhalten. Dann geht’s. Auch ein schlichter Fußgängerüberweg sagt etwas über die Gesellschaft aus, in der wir leben.

Jetzt, da die Schulkinder wieder unterwegs sind, wird auch der Verkehrsunterricht für Schüler wieder ganz groß geschrieben. Das ist gut so. Die Kinder müssen lernen, sich in unserem Verkehr so sicher wie möglich zu bewegen. Aber mir würde es genauso gut gefallen, wenn man mit dem gleichen Elan die Erwachsenen davon überzeugen würde, sich mit ihren Autos in der Nähe von Schulen und Zebrastreifen wie Erwachsene zu benehmen.

 

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