Rüdiger Stobbe / 06.07.2021 / 10:00 / Foto: Doenertier82 / 6 / Seite ausdrucken

Woher kommt der Strom? Woche 25 – Still ruht der See

Täglich kommt es zu Versorgungslücken, die durch Importstrom geschlossen werden mussten. Die Rechnung zahlt der Stromkunde.

Das bringt weitgehend schönes, praktisch windfreies Wetter im Sommer (Abbildung) mit sich. Selbstverständlich scheint die Sonne. Aber leider nur am Tag, sodass die regenerative Stromerzeugung, wenn man von Biomasse und Wasserkraft absieht, in den zugegeben kurzen Nächten praktisch zum Erliegen kam. Die Gesamtzahlen der 25. Woche hier im Überblick und im Vergleich ab 2016. Obwohl die konventionelle Stromerzeugung (Abbildung 1) einen erheblichen Teil zur Stromversorgung beisteuerte, kam es täglich zu Versorgungslücken (Abbildung 2), die durch Importstrom geschlossen werden mussten. Per Saldo wurden 16,10 GW Strom importiert. Dafür wurden 2,17 Mio € von Deutschland bezahlt. Kein wirklich gutes Geschäft. Ursache: Der Exportstrom wird (muss) günstiger abgegeben (werden), als für Importstrom bezahlt werden muss. Da freuten sich unsere Nachbarn. Sogar Polen machte diese Woche gute Geschäfte beim Export seines Kohlestroms nach Deutschland (Abbildung 3). Selbstverständlich wird der CO2-Ausstoß zum Beispiel dieses Kohleimports mit den Exporten Deutschlands im CO2-Tool – dort mehr Infos dazu – auf Stromdaten.info verrechnet.

Die Tabelle mit den Werten der Energy-Charts und der daraus generierte Chart liegen unter Abbildung 4 ab. Es handelt sich um Werte der Nettostromerzeugung, der „Strom, der aus der Steckdose“ kommt, wie auf der Webseite der Energy-Charts ganz unten ausführlich erläutert wird.

Die Charts mit den Jahres- und Wochenexportzahlen liegen unter Abbildung 5 ab. Abbildung 6 ermöglicht, dass Sie ihr eigener Energiewender werden. Abbildung 7 beinhaltet die Charts, welche eine angenommene Verdoppelung und Verdreifachung der Wind- und Solarstromversorgung visualisieren. Zu diesem Thema gibt es noch bemerkenswerte Ausführungen nach den Tagesanalysen. Abbildung 8 enthält ein Video, in dem sich Joachim Weimann zu den Kosten der Energiewende äußert. Das Interview stammt aus dem Jahr 2015, ist dennoch hochaktuell. Ergänzt wird dieser Beitrag durch einen diesmal brandaktuellen Beitrag der HHL Leipzig Graduate School of Management mit Prof. Sinn und Prof. Althammer.

Beachten Sie bitte unbedingt den Stromdateninfo-Tagesvergleich ab 2016 in den Tagesanalysen. Dort finden Sie die Belege für die im Analyse-Text angegebenen Durchschnittswerte und vieles mehr. Der Vergleich beinhaltet einen Schatz an Erkenntnismöglichkeiten. Überhaupt ist das Analysetool stromdaten.info mittlerweile ein sehr mächtiges Instrument der Stromdatenanalyse geworden.

Bemerkenswert ist eine Aussage von Bundeswirtschaftsminister Altmaier in Sachen Elektromobilität. WELT-Online zitiert: „Wir werden unser Ziel von einer Million Elektroautos bis 2020, das jedermann für unerreichbar gehalten hat, in diesem Juli erreichen, also mit nur einem halben Jahr Verspätung“, sagte Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) dem „Tagesspiegel“. Das weitere Ziel von sieben bis zehn Millionen Elektroautos auf deutschen Straßen bis 2030 könne sogar übertroffen werden. Der Wandel hin zu einer individuellen, aber klimafreundlichen Mobilität verankere sich langsam im allgemeinen Bewusstsein, zudem gebe es Innovationsschübe durch die Unternehmen.  Das ist natürlich nur die halbe Wahrheit. Die ganze Wahrheit und die Quelle des WELT-Online-Artikels finden Sie unter Abbildung 9.

Tagesanalysen

Montag, 21.6.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 52,86 Prozent, davon Windstrom 21,49 Prozent, Solarstrom 18,94 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 12,42 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Heute (und Morgen) wird noch ein wenig Windstrom erzeugt. Dann ist praktisch erst mal Schluss mit dieser Form der erneuerbaren Stromerzeugung. Nachts findet keine Stromerzeugung in nennenswertem Umfang statt. Die konventionellen Stromerzeuger lassen Stromlücken zu. Zu viel konventionelle Erzeugung würde den Stromüberschuss über Mittag weiter verbilligen. Die Preise würden insgesamt sinken. Das will man nicht. Man will Geld verdienen. Der Stromkunde zahlt. Der Handelstag.

Dienstag, 22.6.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 41,39 Prozentdavon Windstrom 13,82 Prozent, Solarstrom 14,49 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,08 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Wind- und PV-Stromerzeugung lassen nach. Die Konventionellen gleichen die Stromlücken wieder nicht aus. Aus den gleichen Gründen wie gestern. Das Preisniveau liegt etwas höher als gestern. Der Handelstag.

Mittwoch, 23.6.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 35,12 Prozentdavon Windstrom 5,21 Prozent, Solarstrom 16,52 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 13,38 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Die Windstromerzeugung on- und offshore ist heute im Verhältnis zur installierten Leistung keine Erwähnung wert. Die Konventionellen halten still. Die Stromlücken werden mit Importstrom geschlossen. 120 €/MWh kostet der Strom in der Spitze am Morgen, am Vorabend sind es gar 135 €/MWh. Wer kassiert? 

Donnerstag, 24.6.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 31,85 Prozentdavon Windstrom 3,27 Prozent, Solarstrom 14,57 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,01 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Der heutige Strombedarf wird fast komplett importiert. Wind weht kaum. Die Sonne ist auch nicht besonders stark. Die konventionelle Stromerzeugung bleibt weitgehend unter dem Bedarf. Das Preisniveau ist hoch. So freuen sich alle Handelspartner. Nur der Stromkunde zahlt.

Freitag, 25.6.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 34,77 Prozent, davon Windstrom 3,17 Prozent, Solarstrom 17,38 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 14,22 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Etwas mehr Solarstrom führt über Mittag zu Stromexporten. Ansonsten wird importiert. Das Preisniveau ist weiterhin im hohen Bereich. Die Konventionellen. Der Handelstag.

Samstag, 26.6.2021: Anteil Erneuerbare an der Gesamtstromerzeugung 45,56 Prozent, davon Windstrom 2,27 Prozent, Solarstrom 26,90 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,39 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Noch etwas mehr Solarstrom, aber, weil Wochenende = weniger Bedarf, führen zu etwas  niedrigeren Exportpreisen über Mittag als die Tage vorher. Die Importpreise liegen heute generell höher. Die Konventionellen. Der Handelstag.

Sonntag, 27.6.2021: Anteil erneuerbare Energieträger an der Gesamtstromerzeugung 52,15 Prozent, davon Windstrom 7,17 Prozent, Solarstrom 29,17 Prozent, Strom Biomasse/Wasserkraft 16,81 Prozent. Stromdateninfo Tagesvergleich ab 2016. Die Agora-Chartmatrix: Hier klicken.

Viel Solarstrom, wenig Bedarf. Heute geht die Rechnung der Konventionellen nicht auf. Über Mittag brechen die Preise ein. Zum Abend will man aber noch mal richtig Kasse machen. Die gesteigerte konventionelle Erzeugung führt immerhin noch zu einem Preis in der Spitze von 95 €/MWh für den konventionell erzeugten Strom. Selbstverständlich auch für den Importstrom. Aber den zahlen nicht die Konventionellen, sondern ebenfalls der Stromkunde. Der Handelstag

Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de. Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr. 

Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.

 

Rüdiger Stobbe betreibt seit über fünf Jahren den Politikblog http://www.mediagnose.de.

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Michael Weinberger / 06.07.2021

@Stephan Bujnoch Zur Beziehung Produktion zu installierter Leistung, also Volllaststunden, liefert die ‘Häufigkeitsverteilung’ aussagekräftige Werte. Zum Beispiel für Wind Onshore Wind onshore 2020: 65% der Jahresstunden ist die Produktion kleiner 1/4 der installierten Leistung in 2019: 67% der Jahresstunden in 2018: 71% der Jahresstunden in 2017: 65% der Jahresstunden in 2016: 74% der Jahresstunden Und ‘Zeiträume vergleichen’ kann Min,Mittel,Max-Werte liefern z.B. für den Juli:  1,6%, 8,6%, 28,1% der installierten Leistung (tagesscharf)

Marion Sönnichsen / 06.07.2021

Vielen Dank für die kontinuierlichen Informationen. Ich habe schon einmal in einer Stellungnahme an einen Planungsverband auf ihre Kolumne hingewiesen.

Thomas Brox / 06.07.2021

Zum Thema Photovoltaik. Nachts ist der Ertrag natürlich Null. Am Tag, wenn der Himmel mit Wolken bedeckt ist, ist der Ertrag aber auch bescheiden bis mies. An den Wolken wird die elektromagnetische Strahlung der Sonne reflektiert, absorbiert und gestreut. Das senkt die Energiedichte der ankommenden Strahlung ab und gleichzeitig sinkt der Wirkungsgrad der Solarzelle. Der Wirkungsgrad sinkt ab, weil die Temperatur, die man der Strahlung zuordnen kann, bei diffuser Strahlung abnimmt (man kann eine Photovoltaik-Anlage als Wärmekraftmaschine betrachten).

Hermine Mut / 06.07.2021

Sollten nicht ALLE Anbieter von “100% sauberem Strom” - E-Taxis, E-Busse, sämtliche andere E-Fahrzeuge , auch alle Produzenten, die behaupten mit “100 % sauberer Energie” zu produzieren wegen Lüge, Täuschung und Betrug angezeigt und geahndet werden ?

Stephan Bujnoch / 06.07.2021

Sehr geehrter Herr Stobbe,    vielen Dank für Ihre kontinuierliche Arbeit mit der “Stromverteilung”. In diesem Kontext könnte ich mir vorstellen, daß nicht nur mich interessieren würde, wie das Auf und Ab des alternativen Anteils der Strombereitsstellung über der Zeit aussieht. Wahrscheinlich oszilliert sie zwischen Null und einem Maxwert deutlich unter der installierten Leistung hin und her. Wenn in der Graphik auch der Ausbau der installierten Leistung zu sehen ist. könnte mir vorstellen, daß daraus sichtbar wird, daß ein weiterer Ausbau unsinnig ist. Genauso interessant dürfte die Entwicklung der Realen Stromkosten über der Ausbaukurve, also unter Einbezug der politischen Stütze, sein. Ich denke das ist eindeutig progressiv, während der Ausbau eher linar verläuft. Durch eine solche Darstellung würde der konzeptionelle Wahnsinn dieser Energiewende auch für den technischen Laien evident.

G. Böhm / 06.07.2021

“Die Großhandelsbörse in Leipzig verzeichnet die höchsten Strompreise seit mehr als einem Jahrzehnt. Die Industrie fürchtet um ihre Wettbewerbsfähigkeit, aber auch Verbraucher könnten bald betroffen sein.” - so eine tagesaktuelle Schlagzeile von heute morgen, wie im Beispiel lt. Tagesschau.de. - Die ‘Erneuerbare Energie’ macht alles teurer, was völlig logisch ist, denn Recycling kostet nun einmal Geld.

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