Insgesamt war es eine schöne Sommerwoche, die 34. Woche, die untersucht wird. Lediglich am Dienstag schien die Sonne etwas weniger. Nach zunächst noch für den Sommer befriedigenden Windstromergebnissen (Sonntag und Montag) flaute die Windstromerzeugung ziemlich stark ab. Aber die Sonne brachte annähernd volle Leistung. Außer eben am Dienstag. So kam es zu einer sehr langen, durchgängigen Stromunterdeckung. Vom 19.8. ab 17:00 bis zum 21.8.2019, 9:00 Uhr erzeugte Deutschland selbst nicht genügend Strom, um seinen eigenen Bedarf zu decken. Die Schweiz, Frankreich, Schweden und Dänemark, aber auch die Niederlande liefern die fehlenden Strommengen. Strommengen, die eigentlich der erneuerbare Energieträger Wind hätte bringen sollen. Hat er aber nicht. Der Wind wehte nun mal nicht ausreichend. Da müssen dann die Nachbarn ran. Die den Strom dann zu hohen Preisen liefern. Desto teurer, je nötiger er gebraucht wird, der Strom. Selbstverständlich könnte Deutschland die fehlenden Strommengen selbst erzeugen. Mittels Kohle- und/oder Gaskraftwerken, also fossil mit CO2-Erzeugung. Man könnte dann auch die anfallenden Überschüsse verkaufen. Die Stromversorgung wäre sicher.
Stromüberschüsse werden immer konventionell erzeugt!
Eines ist sicher. Passen wird es nie. Es wird entweder, wenn man denn auf der sicheren Seite sein will, immer zu Stromüberschüssen kommen. Konventionell erzeugten Stromüberschüssen. Stromüberschüsse aus erneuerbaren Energieträgern sind eine gern gepflegte Legende der Energiewender. Es gab noch nie genügend Strom aus Erneuerbaren, um Deutschland auch nur einen Tag komplett mit Strom zu versorgen. Oder man spekuliert auf genügend Wind und Sonnenstrom. Dann läuft man Gefahr, dass es zu einer langen Strom-Unterdeckungsphase kommt wie diese Woche von Montag bis Mittwoch. Ok, dann springen die Nachbarn ein. Wenn sie können. Doch wehe, wenn nicht. Achtung: Das Problem verschärft sich in dem Maße, wie sichere Energieträger abgeschaltet werden und immer mehr erneuerbare, volatile, also stark schwankende Energieträger wie der Wind und die Sonne die Stromerzeugung übernehmen sollen.
Aktuell sieht es allerdings so aus, dass es beim Zubau von Windkraftanlagen, wenn nicht zum Stillstand, so doch zu erheblichen Verzögerungen und Kürzungen kommen wird. Wenn man dann noch bedenkt, dass Windkraftanlagen nur etwa ein Viertel der installierten Leistung tatsächlich erzeugen, bei Solarpaneelen sind es sogar nur etwa 12,5 Prozent, dann kann sich auch der Laie leicht ausrechnen, dass es mit dem Abschalten der Kernkraftwerke und dem Vermindern der Kohlestromerzeugung bis 2023 recht schwierig werden wird, die Stromversorgung Deutschlands jederzeit sicherzustellen.
Was unsere Nachbarn heute noch ausgleichend liefern, brauchen sie vor allem zu stromintensiven Zeiten – kalter Winter mit kaum Sonne und wenig Wind – ganz sicher selbst. Da dann zusätzlich das größte und zur Zeit noch wirtschaftsstärkste Land Europas in Sachen Strom mitversorgen zu wollen, erscheint dann doch recht unwahrscheinlich. Irgendwann kommt die Stunde der Wahrheit. In der zählen nur noch Fakten. Wünsche, Träume, die Welt retten und andere "gute Gedanken" treten in den Hintergrund. Lesen Sie nach den Tagesanalysen mehr.
Die Tabelle zur 34. Woche mit den Detailzahlen und der daraus generierte Chart. Ich möchte aus gegebenem Anlass anmerken, dass sowohl Herr Prof. Bruno Burger vom Fraunhofer ISE, der die energy-charts nicht nur verantwortet, sondern auch weitgehend selber neben seiner "eigentlichen" Arbeit im Institut pflegt, als auch Fabian Hein, der bei Agora-Energiewende für das Agorameter zuständig ist, bei An- und Nachfragen meinerseits – egal, ob schriftlich oder telefonisch – immer sehr freundlich und höchst kooperativ sind. Meinen Dank dafür.
Die Tagesanalysen
Sonntag, 18.8.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 60,40 Prozent
Deutschland fährt seine eigene Stromerzeugung "unter Kante". Für einige Kohlestromerzeuger "lohnt" die Stromerzeugung wohl nicht. Wie seit einigen Monaten zu beobachten (Hintergründe: Hier klicken). Deshalb verlassen sich die Verantwortlichen auf Wind- und Sonnenstrom oder auf die europäischen Nachbarn. Und natürlich auf den kalkulierten Bedarf. Der auch an diesem Sonntag immer geringer ist als an den Wochentagen. Eine für den Sommer zufriedenstellende Stromerzeugung durch die Erneuerbaren führte zur Deckung des Bedarfs von 10:00 bis 18:00 Uhr. Der von 12:00 bis 17:00 zu viel erzeugte Strom wurde exportiert: Zu Preisen, die Sie hier nachschauen können. Weshalb Deutschland trotz zusätzlichem Stromimports fast immer auch Strom exportiert, lesen Sie hier.
Montag, 19.8.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 54,10 Prozent
Das Bild ähnelt dem gestrigen. Allerdings ist der Bedarf höher. Etwa 25 Prozent. Bis morgens 6:00 Uhr ist der Import noch günstig (insgesamt geringe Nachfrage). Am Abend kostet es hingegen schon richtig Geld. In der Spitze um 20:00 Uhr werden über 52 € / MWh = 52.000 € / GWh gezahlt. Der Wind lässt ab 17:00 Uhr kontinuierlich nach und leitet mit der untergehenden Sonne die sehr lange, 40 Stunden dauernde Stromunterdeckung bis Mittwoch 9:00 Uhr ein. Nun sind die europäischen Stromerzeuger – vor allen die Schweiz und die Franzosen – nicht dumm. Sie kalkulieren den Stromexport nach Deutschland sicher mit ein. Es ist schließlich ein gutes Geschäft. Die Mengen sind noch überschaubar. Die Abschaltungs- und Ausstiegsorgie unserer Energiewender hat ja noch nicht so richtig begonnen. Sie beginnt so richtig mit der Abschaltung des Kernkraftwerks Philippsburg 2 zum 1.1.2020. Dann soll es Schlag auf Schlag gehen. Plus Teilausstieg aus der Kohleverstromung bis 2022: Hier klicken und Video des WDR anschauen.
Dienstag, 20.8.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 37,82 Prozent
Ein Tag mit wenig Wind und relativ wenig Sonne. Nicht genügend in Deutschland produzierter konventioneller Strom vorhanden. Deshalb wird den ganzen Tag über netto importiert. Zu moderaten Preisen. Ob allerdings insgesamt günstiger, als wenn der Strom selbst erzeugt worden wäre, bleibt die Frage. Sicherer wäre es auf jeden Fall.
Mittwoch, 21.8.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 39,34 Prozent
Ausgeprägt ist das bereits in der Struktur bekannte Im-/Exportbild am Mittwoch. An diesem schönen Sommertag kommt die Windstromerzeugung fast komplett zum Erliegen. Erst am späten Abend frischt der Wind etwas auf. Sonst hätte man von einer Dunkelflaute reden können. Gleichwohl liegt der Importpreis der GWh Strom bei knapp 70.000 € in der Spitze.
Donnerstag, 22.8.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 44,88 Prozent
Die Windstromerzeugung zog über Nacht etwas an, fiel wieder zurück und blieb auf einem insgesamt niedrigen Niveau. Die konstante Offshore-Stromerzeugung reißt es etwas raus. Die Sonne scheint kräftig. Die Solarstromerzeugung ist sehr gut. Deshalb das bereits bekannte Im-/Exportbild. Mit insgesamt moderaten Preisen. Für die europäischen Stromabnehmer. Die Importpreise am Abend sind wieder mal knackig. Allerdings nicht so knackig wie gestern.
Freitag, 23.8.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 41,80 Prozent
Der Freitag wartet mit einem ähnlichen Verlauf wie der Vortag auf. Über Tag kommt die Windstromerzeugung fast zum Erliegen. Gegen 17:00 Uhr werden Offshore = 0,089 GWh, Onhore = 1,584 GWh erzeugt. Der Bedarf liegt bei 63,53 GWh. Die untergehende Sonne liefert immerhin noch 13,67 GWh. Fast 40 GWh produzieren konventionelle Stromerzeuger. Den Rest steuern Biomasse und Wasserkraft bei. Sonst gingen die Lichter aus. Nein, da sind ja noch unsere Nachbarn. Ab 18:00 liefern diese den nun fehlenden Strom. Fehlender Strom, trotz über 44 GWh eigener konventioneller Stromerzeugung um 18:00 Uhr. Preis fast 48.750 €/GWh. Macht für 2,143 GWh abgerundet lockere 118.000 €. Die Spitze um 19:00 kostet 4,114 GWh x 59.560 € = 245.000 €. Fast der gleiche Preis wird um 20:00 Uhr fällig. Zum Vergleich: Um 12:00 Uhr wurden 5,82 GWh à 31.950 €/GWh exportiert. Erzielt wurden 185.000 €.
Samstag, 24.8.2019: Anteil Erneuerbare an Gesamtstromerzeugung 50,89 Prozent
Wochenende: Der Bedarf sinkt, der erzeugte Strom reicht weitgehend. Zumindest ab 8:00 Uhr und trotz einer Winddelle ab 9:00 Uhr. Über Tag erholt sich die Windstromproduktion. Zieht zur Nacht sogar erheblich an, um zum Sonntagmorgen wieder abzunehmen. Die Importpreise sind moderat, aber selbstverständlich höher, als die Exportpreise, die Deutschland in der Mittagsspitze erzielt.
„Der Totalausfall“
Wenn ein der Energiewende freundlich gesonnenes Blatt wie die ZEIT einen Artikel zum Thema Windkraft mit "Der Totalausfall" betitelt, erzeugt das die Aufmerksamkeit des interessierten Lesers. Der Bericht war einige Zeit der meistgelesene Online-Artikel des Blattes. Über 1.500 Leser schrieben einen Kommentar. In der Realität angekommen ist offensichtlich nicht nur die Redaktion der ZEIT, sondern vor allem auch der wirtschaftlich denkende Investor, der sich mittlerweile dreimal überlegt, ob ein Engagement in Windkraftanlagen auf deutschem Boden sinnvoll ist. Die folgenden Ausführungen verarbeiten, ergänzen und kommentieren Aussagen des ZEIT-Artikels. (Belegzitate und Link zum kompletten ZEIT-Artikel: Hier klicken)
Netto sind im ersten Halbjahr 2019 lediglich 35 Windräder mit einer installierten Leistung von 230 Megawatt (MW) in Deutschland zugebaut worden. Die Zahlen der Windbranche sind genauer, differenzierter. Fakt ist, dass die Weiterentwicklung der Stromerzeugung durch Windkraft in Deutschland auf ein Niveau gesunken ist, das in keinem Verhältnis zu den meist alarmistischen Forderungen von Klimaschützern in Politik, Zivilgesellschaft und Medien steht. Eine der Ursachen für den massiven Rückgang ist der in den letzten Jahren immer stärkere Widerstand von Menschen, die nicht einsehen wollen, dass zwecks Rettung des Weltklimas, der Welt im Jahr 2050 oder 2100 ganz aktuell ihr gewachsenes Lebensumfeld geopfert werden soll. Da wären beispielsweise der Reinhards- und der Odenwald zu nennen, wo diese Menschen alle Mittel ausschöpfen, die Zerstörung Jahrhunderte alter, in großen Teilen zusammenhängender Wälder zu verhindern. In Deutschland insgesamt sind über 1.000 Bürgerinitiativen gegen den Ausbau der Windkraft in ihrem Umfeld (vor der Haustür) aktiv.
Dass Hersteller von Windkraftanlagen alles andere als begeistert sind, liegt auf der Hand. Bereits 2017 mussten über 20.000 Mitarbeiter der Branche den Weg zum Arbeitsamt antreten. Aktuellere Zahlen liegen noch nicht vor. Es steht zu vermuten, dass die Zahlen im Jahr 2018 und 2019 ähnlich sein dürften. Womöglich ereilt die Windkraftbranche in Deutschland gar ein Schicksal, welches vor 5 Jahre die Solarbranche traf. Die ist in Deutschland nicht mehr existent. China hat übernommen. Auch nur noch 2,5 Prozent Anteil hat die einst führende deutsche Windkraftbranche am Gesamtvolumen des Weltmarkts. Wobei in Deutschland kaum noch zufriedenstellende Geschäfte gemacht werden können: In Texas, Frankreich oder gar in Taiwan sind die Bedingungen besser. Besser, als zu Hause in Deutschland.
Neben den Widerständen, die von den Bürgerinitiativen kommen, hat es im Bereich der in jeder Hinsicht hoch subventionierten Windkraft zaghafte Annäherungen an marktwirtschaftliche Verhältnisse gegeben. Die Kilowattstunde Windstrom wird immer günstiger, so dass es sich nach Wegfall der Garantievergütung Anfang der 2020er Jahre für dann 20 Jahre alte Anlagen kaum noch lohnen wird, diese Windräder weiter zu betreiben bzw. zu ersetzen. Ob der Zubau überhaupt mit dem Rückbau Schritt halten kann, wird immer fragwürdiger. Für die ZEIT scheint es allerdings ausgemacht. Der Titel "Der Totalausfall" spricht Bände. Und beweist einen realistischen Blick für die Energiewendedinge.
Um eine größere Zustimmung für Windkraftanlagen im nahen Umfeld zu erreichen, hat die Bundesregierung eine Arbeitsgemeinschaft Akzeptanz (AG Akzeptanz) gebildet. Schließlich sollen die Erneuerbaren Energieträger – und da vor allem die Windkraft – ab 2030 65% zur bundesdeutschen Stromversorgung beitragen. 2018 waren es 40%. Eingedenk der Bestrebungen, die Zahl von Elektro-Kfz auf 1.000.000 Fahrzeuge im gleichen Jahr zu hypen, eingedenk der aktuellen Probleme bei Genehmigungen, Rechtsweg und Wald- und Umweltschutz, war das Ergebnis der AG vorhersehbar: Heillose Zerstrittenheit.
Die Idee, die Gegner der Windkraft vor der Haustür mittels "finanzieller Beteiligung" zu kaufen, erscheint recht blauäugig. Wenn schon ein Landkreis, wie zum Beispiel Saale-Orla 2.000 € Zuschuss auslobt, damit Bürgerinitiativen gegen den Bau von Windkraftanlagen Gutachten in Sachen Umweltverträglichkeit in Auftrag geben, gibt das zu denken. 2.000 € pro Initiative.
Wenn die ZEIT meint, dass bei Ökostrom, Netzausbau, Atom- und Kohleausstieg, bei Deutschlands größtem Energieprojekt [...] zurzeit vieles extrem schief laufe, ist das eine Frage des Standpunktes. Immer mehr Bürger merken, dass das Gerede von der Vorbildfunktion Deutschlands in Sachen Energiewende reichlich hohl klingt, wenn dafür das gewachsene Umfeld, die nahe Umwelt quasi zerstört werden muss. Ebenso merken immer mehr Bürger, dass Deutschlands Energiewende praktisch keinerlei Auswirkung auf den weltweiten Klimaschutz hat, haben wird. Dafür könnte der CO2-Chart des Umweltbundesamtes, den Sie unter der Interaktiven CO2-Karte finden, ein Menetekel für den Abstieg Deutschlands als Industrieland sein.
Interaktive CO2-Karte
Mit dieser Karte kann die (Mini-) Rolle Deutschlands in Sachen CO2-Ausstoß interaktiv ermittelt und eingeordnet werden. Wenn denn das Narrativ vom CO2 als faktisch alleinigem Verursacher eines sich schon immer vollziehenden Klimawandels überhaupt stimmt. Wobei angemerkt sei, dass im Begriff "Narrativ" bereits der "Narr" steckt. Ein Narr ist, wer denkt, dass irgendetwas auf unserer schönen Erde nachhaltig statisch sei, sein könnte. Alles ist in Bewegung, permanent. Nichts ist von Dauer. Da zu glauben, eine durchschnittliche Erdtemperatur wunschgemäß begrenzen zu können, so zu beeinflussen, dass prognostizierte Ereignisse eintreten bzw. nicht eintreten, ist menschlicher Größenwahn.
Ich rede nicht dem Raubbau und/oder der Verschwendung von Ressourcen das Wort. Die Bestrebungen allerdings das Verhalten von Menschen auf eine bestimmte, auf die "klimagerechte", auf die "gute" Rille zu bringen, die Bestrebungen, das Verhalten von Menschen planbar zu machen, kommen mir als die ersten Schritte Richtung Einführung einer subtilen Kommando-Planwirtschaft mit vielen kleinen Einheitsmenschenrädchen aus aller Welt durch die Hintertür vor. Im Namen eines guten Zwecks: Der Rettung der Erde. Das könnte man auch hinterfotzig nennen. Ich nenne es dumm-dreist.
Noch Fragen? Ergänzungen? Fehler entdeckt? Bitte Leserpost schreiben! Oder direkt an mich persönlich: stromwoher@mediagnose.de Aber bitte immer höflich. Ist klar, nicht wahr?
Alle Berechnungen und Schätzungen durch Rüdiger Stobbe nach bestem Wissen und Gewissen, aber ohne Gewähr.
Die bisherigen Artikel der Kolumne Woher kommt der Strom? mit jeweils einer kurzen Inhaltserläuterung finden Sie hier.
Rüdiger Stobbe betreibt seit über 3 Jahren den Politikblog www.mediagnose.de.