Elisa David, Gastautorin / 16.06.2019 / 06:22 / Foto: Pixabay / 113 / Seite ausdrucken

Wir riechen aus Prinzip nach Kernseife

Von Elisa David.

An einigen Orten in Deutschland hat es vergangene Woche geregnet. Wer jetzt glaubt, dass das eine normale Wettererscheinung ist, weiß gar nicht, wie falsch er damit liegt. Und wer es wagt, das „explosives Sommergewitter mit Kraftregen und heftigen Stürmen“ als kleinen Sommerschauer abzutun, lässt damit nur seine Maske fallen, um bloße Dummheit zu enthüllen. Aber keine Sorge, die Welt ist vielleicht hoffnungslos verloren, aber die Schäfchen, die sich auf Gretas Weg verirrt haben, sind das nicht. Jeder hat eine Erleuchtung verdient, und zum Glück bin ich ja da.

Also ich sage es ganz langsam, damit es sogar die hintersten Dunkeldeutschen verstehen: der zunehmende Niederschlag ist ein Vorbote des Klimawandels. Das weiß ich, weil mein Deutschlehrer das gesagt hat. Und der muss das wissen. Er sah so ernst aus, als er das sagte. Er starrte in die Ferne – wie ein Kapitän, der weiß, was nach der Ruhe vor dem Sturm auf ihn zukommt. Nur dass es keine Ruhe ist, sondern Gewitter, mit grölendem Donner, Blitzen und Killerregentropfen, die den Weltuntergang vorhersagen. Praktisch nebenbei legte der zeitweise den Flugverkehr lahm – das muss man sich mal vorstellen, der Klimawandel ist so stark, dass er sich schon selbst bekämpft.

Mein Deutschlehrer ist bei seiner Annahme übrigens nicht allein. Auch am Potsdam-Institut für Klimaforschung ist man sich sicher – wir bekommen die ersten Folgen des Klimawandels bereits durch immer extremere Wetterlagen zu spüren. Es ist nur noch eine Frage der Zeit, bis die Sintflut kommt und wir endgültig zum blauen Planeten werden, wir sollten also schon einmal überlegen, welches Pärchen auf die Arche Noah darf.

Wie bauen wir das Schiff möglichst klimaneutral?

Das Überleben der Menschheit will geplant sein, darum sollte man zuerst festlegen, wie viele Exemplare wir auf das Schiff lassen. Nur zwei Menschen sind wohl kaum genug, um die wunderbare Vielfalt unserer Schöpfung zu repräsentieren. Auf Heterosexuelle werden wir leider nicht verzichten können, auf Männer auch nicht, schließlich müssten die Überlebenden sich irgendwie fortpflanzen können. Wir müssen also überlegen, wie wir ihn machen – den Schritt ins neue Zeitalter. Es gibt noch so viele offene Fragen: Wie bauen wir das Schiff möglichst klimaneutral? Wie soll das Auswahlverfahren ablaufen? 

Wer jetzt denkt, dass das schon kompliziert ist, der hat entweder zu wenig Nachrichten geschaut oder nicht so kompetente Lehrer wie ich. Denn wir haben nicht nur ein zu viel Wasser zu befürchten, sondern auch ein zu wenig. So stellte meine Englischlehrerin unsere Klasse vor kurzem zur Rede, warum nicht ein Einziger von uns am Freitag die Schule schwänzt. „Der Klimawandel schreitet voran! Die Dürreperiode des letzten Jahres steht sogar auf Wikipedia! Eigentlich müssten wir alle auf die Straße!“

Ich muss mich entschuldigen – es ist wahr, ich habe noch nicht einmal für das Klima protestiert. Das ist die Schuld, die ich mit mir herumtrage und vor der mich weder mein doppeltes X-Chromosom, noch mein braunes Haar schützen kann. Aber zum Kern der Aussage: Der Klimawandel sorgt für Überschwemmungen, aber auch für Dürre. Das hört sich für Ungläubige vielleicht widersprüchlich an, aber auch hier bin ich natürlich wieder zur Stelle, um den Zweiflern zu sagen: So einfach ist das nicht. 

Die Wege der Klimakatastrophe sind unergründlich. Doch sie vereinen sich in der Zerstörung. So erwartet ein Team von internationalen Forschern, dass sie in Zukunft zu mehr bewaffneten Konflikten führen wird. Das berichtete das Fachmagazin „Nature“ über eine Studie, die unter Leitung von Wissenschaftlern der Stanford Universität und mit Beteiligung von Forschern der Universität Hamburg durchgeführt wurde.

Ist ja alles so komplex

In einem Szenario mit vier Grad Erwärmung wäre das zusätzliche Konfliktrisiko durch Klimawandel etwa fünfmal so hoch wie das im letzten Jahrhundert. Der Zusammenhang zwischen Klima und Konflikten ist somit offiziell bestätigt. Wie? Sag ich nicht. Ich verweise wie Klima- und Friedensforscher Jürgen Scheffran auf die Tatsache, dass die Wechselwirkungen komplex sind und auf mehreren hundert Seiten Anhang dokumentiert wurden. Wo die sind? Sag ich auch nicht.

Also schließt euch uns an, denn wir haben Hafervollkornkekse. Und nicht nur das – wer heutzutage noch cool und auf der Höhe sein will, sollte einige Sachen bedenken. Das klingt vielleicht aufwendig – aber ich bin ja hier. Und ich habe die Weisheit seit meinem letzten Sojapudding im wahrsten Sinne des Wortes mit Löffeln gefressen.

Das bringt mich zu meinem ersten Punkt: Auf Milch muss verzichtet werden, denn Kühe sind schlecht fürs Klima. Alternativen sind zum Beispiel Reis- und Sojaprodukte, die auf dem Weg zu uns über den halben Globus gekarrt werden, denn das ist gut fürs Klima. Das schmeckt zwar absolut widerlich, aber da gewöhnt man sich dran und nichts schmeckt besser als ein gutes Gewissen.

Punkt Nummer zwei: Avocadotoast. Jeder, der etwas Selbstrespekt hat, muss heutzutage wissen, wie man ein gutes Avocadotoast macht. Die Avocados müssen von möglichst weit herkommen, wie alles was wir essen, denn – Treibhauspflanzen trauen wir nicht. Alles muss direkt aus der Natur kommen, in Plastik verpackt, mit größtmöglichem Aufwand zu uns geschleppt und dann nur zur Hälfte verkauft werden. Zum Toast ist wichtig, darauf zu achten, dass es sich dabei auch tatsächlich um Vollkorn handelt. Wenn es nach Pappe schmeckt, ist es genau richtig. Die Regeln zum richtigen Essen lassen sich zusammenfassen mit dem Leitspruch: Da ist was drin, das schmeckt so komisch, das ist bestimmt gesund (und nebenbei auch klimafreundlich).

Wir riechen aus Prinzip nach Kernseife

Punkt Nummer drei: die Gesamterscheinung. Wir riechen aus Prinzip nach Kernseife, denn Kernseife ist toll. Alles was wir tragen, ist farblos und ausgewaschen, aus Baumwolle oder ähnlichen Naturprodukten und kratzt ganz fürchterlich. Komfort ist etwas für Leute, die einen Planeten B haben, und den haben wir nicht. Das bringt mich zum letzten Punkt: unser Kryptonit. Man könnte die Hälfte unserer Generation mit einer Dose Erdnüssen umbringen. Die Frage ist nicht ob, sondern welche Allergien man hat. Während unsere Vorfahren Angst vor Pocken, Pest und Cholera hatten, sind es bei uns Hundehaare, Hausstaub und Birkenpollen.

Also schließt euch uns endlich an, wir haben die Antworten auf Fragen, die niemand gestellt hat. Unsere Welt geht entweder 2050, oder in genau 140 Jahren definitiv zu 100 Prozent unter, zu beiden Szenarien ist nicht ein Verantwortlicher noch am Leben. Aber wenn sich alle unserer Bewegung des Verzichts anschließen, dann vielleicht doch. Klingt widersprüchlich? Tja, so einfach ist das nicht. 

Elisa David ist 18 Jahre alt und stammt aus Lübeck

Dieser Beitrag erschien auch auf dem Schülerblog Apollo-news.

Foto: Pixabay

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Paul Diehl / 16.06.2019

Echt gut, dass es noch junge Leute gibt, die den Durchblick behalten. Ich selbst begegne dem Klimagedöns mittlerweile nur noch mit Ironie und Sarkasmus. Auf Argumente hört ohnehin niemand mehr. Außerdem grille ich jeden 2ten Sommerabend Fleisch, rauche hin und wieder mal einen Zigarillo, mache in Anwesenheit von hübschen Frauen schlüpfrige Witze und fahre einen Diesel mit über 300 PS. Damit gebe ich richtig Gas, wenn ich raus ins Grüne fahre.

Jochen Selig / 16.06.2019

Die Grünen sind die modernen Ausläufer der sogenannten Lebensreform, die erste Phase begann etwa 1880 und endete 1945. Die wichtigsten Strömungen der sogenannten Jugendbewegung waren Wandervögel, Abstinenz, Leibesübungen, Vegetarismus, Reformkost, Reformkleidung, Germanenkult, Nacktkultur, Antisemitismus, Okkultismus, Waldorf, Reformerziehung, Männerbünde, Psychoanalyse, Natur-, Denkmal-, Landschafts- und Tierschutz, Demokratiefeindlichkeit und Führerglauben, Theosophie, Gartenstädte und völkische Siedlungen, Schwundgeld, Technikphobie, romantische Vorstellungen vom Wirtschaften. Robert Habeck, Annalena und Katharina stellen eine geliftete Lebensreform dar. Sie kommt offen hedonistisch daher und verzichtet auf die selbstgestrickten Pullover und jedwede Askese ebenso wie auf die lümmelige Arroganz der ersten grünen Generation. Ein großbürgerlicher Lebensstil mit zahlreichen Fernreisen wird vor dem Publikum lustvoll ausgebreitet. Die Botschaft an die städtische Anhängerschaft: Wird doch mit uns alles nicht so schlimm. Zahlen werden unsere Dolce Vita die Steuersklaven und Pendler aus der Provinz.

C.Hofmann / 16.06.2019

Sehr geehrte Frau David, Ihr Artikel ist witzig, unterhaltsam und sowas von wahr. Offensichtlich gibt es auch eine Resilienz gegen Meinungsmanipulation, das lässt hoffen. Ich danke Ihnen und wünsche Ihnen alles Gute.

Karsten Dörre / 16.06.2019

Frau David, einfach mal eine x-beliebigen Wetter-App nutzen. Sie werden mit absoluter Gewissheit vor jedem Wetter gewarnt. Jegliche Wetterlage ist eine Katastrophe oder mindestens extrem. Das ist nicht unbedingt dem Klimawandel geschuldet sondern dem Kampf um Schlagzeilen. So werden 100 Tage schlagzeilenfreie Politik oder 100 Tage Schlagzeilen-Politik zur Extrem-Politik verwurstet. Die FfF-Welle wurde weder von Greta noch den Jugendlichen losgetreten. Es waren Medien, die aus einer belanglosen 10-köpfigen Freitagsdemo in Stockholm einen Riesenbuhei machten. Journalismus kann gefährlich sein, passen Sie gut auf sich auf!

beat schaller / 16.06.2019

Cool geschrieben Frau David, und offenbar haben Sie einen ganz tollen Leeeerer gehabt. Ich bin dadurch wieder zuversichtlich geworden, weil, wenn die Politik mit all ihren Experten an der Arche bauen, dann wird die ganz bestimmt nie fertig! (dann sollen sie halt untergeht) Danke und machen Sie mit offenen Augen weiter und das in der “realen Welt” in der dann hoffentlich wieder Fakten zählen und junge Menschen an Wissenschaft arbeiten und uns voran bringen. b.schaller

Gerald Schwetlik / 16.06.2019

Als ich 18 Jahre alt war, haben die Lehrer gerne Sprüche los gelassen wie: “in der DDR ist nicht alles schlecht. Das Schulsystem! Und jeder hat Arbeit! Die Leute nehmen viel mehr Rücksicht aufeinander!” Dabei ging der Blick genau wie bei Elisas Lehrer bedeutungsvoll in die Ferne. Übrigens waren auch die USA “bad to the bone”, aber Jeans trug man trotzdem. Die Sehnsucht nach einer besseren Welt für die Schutzbefohlenen scheint jede Lehrergeneration umzutreiben. Leider wird das selten von der Verwendung des Verstandes gekennzeichnet, sondern eher durch heftige Emotionen. Vor 20 Jahren habe ich einem Lehrer geschrieben, der ein wunderbares Treibhaus Effekt Experiment im jungen Internet hochgeladen hatte. Das Experiment zeigte anhand des Wärmeeffekts im Treibhaus, wie CO2 funktioniere. Ich schrieb ihm, der Vergleich würde hinken, denn es würde sich physikalisch um einen Wärmestau handeln, da man im Treibhaus die Konvektion ausschalten würde. Mit Strahlung hätte das wenig zu tun. Als Antwort bekam ich, dass er dies gerne mit mir diskutieren würde, wenn ich denn nicht wagen würde zu behaupten, dass es den Treibhaus Effekt nicht gäbe. Oops. Anders Levermann, der hochbegabte Physikprofessor vom PIK, der sich extrem gut mit Strahlungsphysik und der dazu gehörigen Molekülstruktur auskennt, sagte gestern wieder in einem Interview mit wichtigem Blick: “brauchen wir alles nicht zu diskutieren, ist alles reine Physik!” Na dann!

Gerhard Rachor / 16.06.2019

Da gibt es den Witz über den Rorschachtest — das ist der, wo man Bilder interpretieren muss: Der Proband bekommt die Bilder gezeigt. Bei jedem Bild das vorgelegt wird, antwortet er mit der gleichen Beschreibung: Ich sehe ein rotes Auto

Andreas Geisenheiner / 16.06.2019

Es bleibt ein Kreuz mit der Wetterwendlichkeit der Klimawandlichkeit!

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Elisa David, Gastautorin / 10.07.2020 / 12:00 / 66

Giffeys Mondlandung

Vor Kurzem hat meine Lieblingsbundesfamilienministerin Franziska Giffey eine nationale Strategie zur Gleichstellung von Frauen und Männern vorgestellt. Demnach soll die Bundesregierung künftig bei allen Gesetzen und…/ mehr

Elisa David, Gastautorin / 27.03.2020 / 11:00 / 105

Meine Corona-Odyssee: Dieses Land hat gar nichts im Griff

Ist Corona wirklich so gefährlich, oder tun wir nur so? Die Meinungen gehen an diesem Punkt weit auseinander. Die einen haben Dosenfutter, Wasserflaschen und Klopapier…/ mehr

Elisa David, Gastautorin / 06.12.2019 / 06:08 / 73

Ich will meine Märchen zurück!

Seit fast 100 Jahren erschafft die Walt Disney Company Phantasiewelten, die Kindern das Träumen lehren. Walt Disney war der erste, der Zeichentrickcharaktere erschuf, die komplexe…/ mehr

Elisa David, Gastautorin / 01.06.2019 / 13:00 / 8

Kim lässt seinen Chefverhandler hinrichten

Von Elisa David.  Nach Angaben der südkoreanischen Zeitung „Chosun Ilbo“ ist Kim Hyok Chol nach dem ergebnislosen Gipfeltreffenim Februar dieses Jahres hingerichtet worden. Die Zeitung bezog…/ mehr

Elisa David, Gastautorin / 27.04.2019 / 06:20 / 73

Brigitte enteiert Habeck

Von Elisa David. Robert Habeck, der Bundesvorsitzende der Grünen, wollte wohl sein Image bei den weiblichen Wählerstimmen ein bisschen aufpolieren, bevorzugt natürlich bei den Naiven,…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com