Hier und Jetzt / 12.02.2020 / 10:42 / Foto: Pixabay.de / 93 / Seite ausdrucken

Wahlwerbung um Nazi-Stimmen in Thüringen

„Wenn Du Hitler gefolgt bist, um Deutschland zu dienen, so bist Du unser Mann.“ Welche Partei hat wohl in Thüringen einmal so um Stimmen geworben? „…was Hitler Dir versprochen hat und niemals hielt, das wird Dir die SED geben“. Da Geschichte in Thüringen ja plötzlich so wichtig ist, hier ein bezeichnendes Dokument.

Der SED-Kreisverband im thüringischen Sonneberg verschickte zur Thüringer Landtagswahl im Jahr 1946 den folgenden Brief an eine ganz spezielle Gruppe potentieller Wähler: Parteigenossen (Pg.) der NSDAP, denen im Jahr zuvor die Partei abhanden gekommen war:

„Nomineller Pg.,

die SED. ruft Dich
zur Mithilfe am Neuaufbau Deutschlands!

Sie ruft Dich dann, wenn Du nicht aus materiell-egoistischen Gründen, sondern aus Überzeugung und Idealismus einstmals zur NSDAP. gegangen bist, wenn Du dorthin gingst im Glauben, das Gute, den Sozialismus zu finden. Dann komme zu uns!
Denn was Hitler Dir versprochen hat und niemals hielt, das wird Dir die SED. geben:

Verstaatlichung der Banken, Brechung der Zinsknechtschaft, Zertrümmerung der Konzerne und Truste, Abschaffung des Bildungsprivilegs, Gleichberechtigung aller Schaffenden, Bodenreform, Schutz der friedlichen Entwicklung und des Friedens überhaupt,

die SED. hat es verwirklicht!

Denn die SED. ist die einzige Partei, die sich konsequent für ein einheitliches und großes Deutschland einsetzt, für ein Deutschland des Friedens und der Arbeit.

Willst Du an einem solchen mitbauen,
so wähle Liste 1!

SED.
KREISVERBAND SONNEBERG
Klaus Bunzel“

Quelle: https://www.jugendopposition.de/node/149301?guid=497

Foto: Pixabay.de

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Leserpost

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Claudius Pappe / 12.02.2020

Vielen, vielen Dank für das Fundstück. Ich wusste das schon, aber 87 % meiner “Mitbürger” sind Dank der Medien uninformiert.

Alexander Schilling / 12.02.2020

So hat denn dieser Brief—nach ScienceFiles.org (6.2.20 Art. “Als die SED um NAZIS geworben hat – Merkels AfD-Apartheid”) und Michael Klonovskys “Acta diurna” (sub die 8.2.20)—endlich auch hier seinen Platz gefunden! Eine brandaktuelle Flaschenpost aus einem untergegangen Land und ein Cocktail, der es mindestens ebenfalls verdient hätte, nach einem sowjetischen Politiker der Stalin-Ära benannt zu werden! Möge ihm auf seinem beschwerlichen Weg in die Qualitätsmedien hier auf diesem blog das ein- oder andere empörte Ach! oder zynische Gut! mehr anhaften: Wer jetzt noch die Augen verschließen will vor der Gelenkigkeit angeblich Aufrechter, der Schmierigkeit dunkelroten Waschpulvers, oder, wenn man so will, den Leichen—nicht etwa im Keller, sondern EINGEMAUERT IM GRUNDSTEIN der Einheitspartei demokratischer, stalinistischer und nationaler ‘Sozialisten’ in der SBZ, der möge (eingedenk des gnomischen Desiderativs: Bild/Spiegel/...—Dir eine Haltung!) doch einfach mal das öffentlich-rechtliche Bild des kommunistischen Wolfs im Schafspelz neben das des alternativen Schafs im Fuchspelz halten…

Helmut Bühler / 12.02.2020

Ja, damals hat der Sozialist noch gewusst, dass die Nationalsozialisten in erster Linie Sozialisten und erst danach National waren. Die heutigen Sozialisten haben das schamhaft und im Interesse eines klaren Feindbildes verdrängt. Auch die in Italien erfundenen Faschisten waren in erster Linie Sozialisten. Von den nach dem ersten Weltkrieg marodierenden Sozialistenbanden spaltete sich jener Teil ab, der Väterchen Stalin in dem einen Punkt nicht folgen wollte, dass der Sozialismus nämlich international sei (selbstverständlich unter der Führung der Sowjetunion) und das Nationale ausgedient hätte. Deshalb machten sie ihr eigenes Ding und die NSDAP kopierte das, Sozialisten blieben sie dennoch.

Bernd Hönig / 12.02.2020

Gut, dass nochmal daran erinnert wird; empfohlen seien hier in diesem Zusammenhang die Erinnerungen des Politologen Wolfgang Leonhardt (Die Revolution entlässt ihre Kinder), der an entscheidender Stelle mit der Gruppe Ulbricht an solchen Vorgängen beteiligt war und nach seiner Flucht derer gemahnt.

Ilona Grimm / 12.02.2020

@Ulla Schneider: In Michael Klonovskys „actua diurna“ ist unter dem 8. Februar 2020 das Original zu sehen.

Detlef Fiedler / 12.02.2020

Vielen Dank für die Veröffentlichung! In seinem Tagebuch aus dem Jahre 1924 verortete sich Goebbels im “Sozialismus nationaler Prägung”. Goebbels schrieb dort er sei: “deutscher Kommunist”. Bis zur Führertagung 1926 in Bamberg kämpfte Goebbels innerhalb des linken Parteiflügels an der Seite Gregor Strassers. Hitler später, kurz vor der Reichstagswahl 1932, in einer Wahlkampfrede: “Solange der Nationalismus und der Sozialismus als getrennte Ideen marschieren, werden sie von ihrem vereinten Gegner geschlagen. Am Tage, an dem sich die beiden Ideen in eine einzige verschmelzen, sind sie unbesiegbar”.

Dirk Jürgens / 12.02.2020

Im Geschichtsunterricht, in Vorträgen, in Ausstellungen usw.  wird ständig rauf- und runtergebetet, dass Konservative und Liberale Hitler an die Macht gehievt hätten und dass CDU und FDP nach 1945 das Auffangbecken für alte Nazis gewesen seien. Dass die NSDAP 1927-33 gezielt und erfolgreich um Mitglieder von SPD und KPD geworben hat und noch 1933 etliche ehemalige SPD-Mitglieder in die NSDAP eingetreten sind, wird weitgehend verschwiegen. Statt dessen wird immer an die öde Otto-Wels-Rede als großer Akt des Widerstands erinnert, obwohl sie ein Dokument des Scheiterns ist. Nach 1945 kehrten dann viele ehemalige SPD- und KPD-Mitglieder, die 1933-45 in der NSDAP Karriere gemacht hatten, in ihre alten Parteien zurück. Vor allem die SPD in Niedersachsen und in (Nord-)Hessen waren bekannt für ihren NS-Einschlag. Im Osten hatte die SED kein Problem mit ehemaligen NSDAP-Mitgliedern, mit dem Eintritt in die SED waren sie “entnazifiziert” und unentbehrlich für den Aufbau der zweiten deutschen Diktatur. Die oben zitierte Wahlwerbung ist keineswegs eine Ausnahme, sondern war die Regel und entsprach der gezielten Strategie der SED. Der Nationalsozialismus war keine Ideologie wildgewordener Konservativer, sondern eine konsequent zu Ende gedachte Sozialdemokratie. Die SPD hatte sich übrigens erst um 1900 nach langen zähen Kämpfen und unter dem massiven persönlichen Einsatz August Bebels schmerzhaft vom Antisemitismus verabschiedet, der ein Erbe von Marxismus und Sozialismus ist. In der Gegenwart haben zum Beispiel die SPD-Vorsitzenden Gabriel und Schulz sowie natürlich die halbe Linkspartei diese linke antisemitische Suppe (eine üble Mischung aus Sozialneid und Rassismus) wieder aufgewärmt. Wenn Rot-Rot-Grün in Thüringen nach ideologischen, antibürgerlichen und freiheitsverachtenden Verbündeten sucht, wäre die AfD die erste Adresse.

Olaf Manns / 12.02.2020

Eigentlich hätte, nachdem IM Erika 10Jahre Haftandrohung für Eingriffe in den Landtagswahlen heroisch in die Waagschale der Demokratie warf,es vor Polizeihundertschaften nur so blaublitzen müssen.Man hätte die sich zurecht radikalisierten Rechten doch nur einsammeln müssen,auf den tausenden zu erwartenden Aufmärschen,eine bessere Gelegenheit für all die Nazis,jetzt zum 5.45Uhr Angriff zu blasen,gab es noch nicht bisher….hat jemand einen gesehen in Nazithüringen??

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