Anderthalb Jahrzehnte nachdem französische Schwimmerinnen den Holocaust bei Olympischen Spielen als Wasserballett aufführen wollten, haben sich die deutschen Künstlerinnen Eva Meyer-Keller („arbeitet an der Schnittstelle von darstellender und bildender Kunst“) und Sybille Müller („arbeitet an dem Forschungsprojekt „Understanding Interaffectivity“ am Exzellenzcluster Languages Of Emotions an der FU Berlin“) mit einer nicht weniger obszönen Kultur-Kreation hervorgetan: sie präsentieren den Anschlag auf die Twin-Towers im Rahmen einer kulinarischen Koch-Show als leckeres Gericht mit flambierten Waffeln.
„Cooking Catastrophes“ heißt die Darbietung, die drolligerweise kurz vor dem 11. September 2011 in Schweden, Meyer-Kellers zweiter Heimat, Premiere hatte und seitdem durch Europa tourt. Gerade war sie beim „Klima-Festival“ in Bremerhaven zu sehen, davor in Österreich, Belgien, Italien und auf der Zeche Zollverein in Essen. Der Ankündigungstext lautet jeweils so: „›Cooking Catastrophes‹ ist Kochshow, Performance und Zukunftsreflexion gleichermaßen: Drei Profiköche bereiten vor den Augen der Zuschauer ein mehrgängiges Menü aus Waldbränden, reißenden Flüssen, Lawinen, Meteoriteneinschlägen, Bohrinselexplosionen und Flugzeugabstürzen zu.“
Äh – „Flugzeugabstürze“? Schon bei der Stockholmer Premiere hieß es: „crashing jumbo jet –planes“. Obwohl es völlig klar ist, daß das World Trade Center als Gebäck-Nachbau gezeigt und dann zerstört wird (das Foto davon ist der Eye-Catcher des Werbematerials), sind die Veranstalter sichtlich bemüht, keine allzu deutlichen Text-Spuren zu hinterlassen. Vielleicht wollte man beim Goethe-Institut, das die lustige Essens-Spielerei natürlich co-produziert, keine schlafenden Hunde wecken. Und so schlafen die Hündchen weiter und kriegen vielleicht vom abgebrannten Hochhauskuchen am Ende sogar etwas ab. Noch besser, aus Hundeperspektive, wäre es freilich, wenn da auch noch eine Fleischeinlage heraus- und herunterpurzeln würde. War ja damals in echt auch so.