Matthias Matussek
In einer Meldung der SZ wurde nun doch überraschend die Lösung für Sarrazins leidige Intelligenz-Debatte angedeutet. Das Blatt zitierte kanadische Forscher, die herausgefunden haben wollten, daß Menschen mit geringeren kognitiven Fähigkeiten eher politischen Meinungen vom rechten Rand zuneigen. Was sich die SZ schon immer gedacht hat. Das lässt nur einen Schluß zu: Man kann das bisweilen beklagenswerte Intelligenzniveau der Gesamtbevölkerung anheben, wenn man ihnen das kommunistische Manifest oder die Broschüren von Atac (oder die SZ) zur Pflichtlektüre macht.
Kognitiv Behinderte, so heißt es, neigen politischen Meinungen vom rechten Rand zu, „weil diese Stabilität und Ordnung im psychologischen Sinne bieten.“ Hier gilt es entschieden gegenzusteuern, schon in der Jugend, etwa mit Exkursionen von Schul-Klassen zu 1.Mai-Demos, wo sie den linken Intelligenzbestien dabei zuschauen können, wie sie in Kreuzberg Supermärkte oder Dönerbuden abfackeln und die Ordnung einen guten…äh…Dings sein lassen.
Ordnung rechtsdumm, links klug. Das erklärt, warum die Ergüsse vom Staats-Dichter und Minister Goethe so vollständig der Vergessenheit anheim gefallen sind, während die funkelnden Kleinschreibungsmanifeste der RAF uns heute noch zu fesseln vermögen. Und: Was ist die müde Verzweiflung Gottfried Benns schon gegen ein Kampflied des Linke-Genossen Dieter Dehm!
Endlich ist auch erklärt, warum die linken Ordnungszertrümmerer der NSdAP in den 30er Jahren einen derartigen Zulauf der intelligenteren deutschen Jugend erhielt. Bis die plötzlich feststellte, daß es die dummen Rechten waren, die sie geleimt hatten.
Rechts igitt, links cooool.
Aber die kanadischen Forscher rennen bei uns offene Türen ein. Wir wissen das längst, spätesten seit sich die Literaturkritikerin Amelie Fried in ihrer letzten „Literatursendung“ geweigert hat, Martin Mosebach zu lesen, weil der in einem rechten Verlag veröffentlichte. Wir Deutschen sind gefeit.
Doch die Forscher (und die SZ) legen noch drauf. Gleich zu Beginn ihrer alarmierenden Meldung steht: „Wer als Zehnjähriger in Intelligenztests schlecht abschneidet, pflegt als Erwachsener eher rassistische Vorurteile“. Das ist eigentlich ein noch nachhaltigeres Plädoyer für Intelligenztests, als es Sarrazin je formuliert hat, nur eben andersrum.
Der kanadische Intelligenz-Befund allerdings ist unvollständig ohne diesem anderen durch die Psychologieprofessorin Beate Küpper, nach dem religiöse Menschen besonders anfällig für Rassismus und Sexismus seien - und damit wohl kognitiv doppelt gehandicapt.
Also: Christen sind rechts und damit menschenverachtend und besonders minderbemittelt, mag der Religionsgründer auch mit dem Wort von der Gottes-Ebenbildlichkeit des Menschen „den radikalsten Freiheits- und Gleichheitssatz der Rechtsgeschichte formuliert haben“, wie es Paul Kirchhoff sagte.
Ich gebe zu, solche Untersuchungen sind derzeit mein Steckenpferd. Sie sind faszinierend. Denn der Professorin Küpper, die auch nur wieder, wie schon die Kanadier vor ihr, einem weitverbreitetem Vorurteil wissenschaftlichen Glanz verlieh, wiederspricht eine Allensbachunterschung. Die nämlich ergab, daß Kirchenferne intoleranter ubnd fremdenfeindlicher seien als Kirchennahe, wie schon der Soziologe Andreasd Püttmann in der ZEIT berichtete, und wie es die hohen Stimmerfolge für Rechtsradikale im kirchenfernen Osten ohnehin nahelegen.
Bei der Allensbachbefragung wurde ermittelt, welche Personengruppen die Probanden ungern als Nachbarn hätten. Die Kirchenfernen mochten „Muslime“ nicht und „psychisch Kranke“. Die Kirchennahen machten lieber einen Bogen um „Linksextreme“ und „Leute die viel trinken.“
Das lässt nur einen Schluß zu: Leute, die in die Kirche gehen, mögen die Linken und die Säufer nicht, weil die einfach intelligenter sind. Deshalb ärgern sie sich auch immer so, wenn sie Leitartikel von Heribert Prantl in der SZ lesen.