Chris Moos
Viele Menschen sind über die Verbindungen der LSE zum Gaddafi-Klan überrascht und schockiert. Viele, aber eben nicht alle. Denn wer die LSE kennt, der kann kaum über das Ausmass der Verquickung der LSE mit bestenfalls als dubios zu bezeichnenden Persönlichkeiten überrascht sein.
Wer beispielsweise schon einmal einer Vorlesung im „Sheikh Zayed Theatre“ beigewohnt hat, weiss schon lange, dass die Hochschule wenig Hemmungen hat, sich auch den Namen einer Person anzuheften, dessen Stiftungen weltweit jahrelang Hetze gegen „die Juden, die betrügerischen Feinde aller Völker“ (link: http://articles.latimes.com/2002/aug/31/world/fg-semitic31) verbreitete. Sogar die Universität Harvard, bekanntermassen nicht zimperlich wenn es um Geldbeschaffung geht, war dieser Spender dann wohl doch eine Spur zu ehrlich mit seinen Absichten (link: http://www.boston.com/news/world/middleeast/articles/2004/07/28/harvard_to_return_25m_given_by_arab_president/).
Vielleicht hatte man aber auch schon einmal das Privileg, den Ausführungen von Reza Pankhurst, seines Zeichens Dozent im Department of Government, lauschen zu dürfen. Hier sollte man allerdings wissen, dass Pankhurst letzten Jahr in die Schlagzeilen geraten war, weil er ein bekennendes Mitglied der Hizb-ut-Tahrir ist, der „Partei der Befreiung“, die unter anderem in Deutschland wegen antisemitischer Hetze und Gewaltpropaganda schon im Jahr 2003 verboten wurde (Link: http://www.focus.de/politik/deutschland/kofferbomber_aid_114065.html).
Die gleiche Hizb-ut-Tahrir, die sich übrigens auch jetzt eifrig bemüht, die Volksaufstände in Nordafrika gegen die despotischen Regime als „Ruf nicht nach Demokratie, sondern nach dem Islam“ umzudeuten, denn wie wir ja alle wissen, „könnten Menschen in Demokratien für Dinge stimmen, die im Islam verboten sind, wie die Einrichtung von Bordellen, der Zulassung von Homosexualität und Wucher, und dem Verbot des Betens oder des Kopftuches“ (link: http://www.hizb.org.uk/real-change/are-muslims-calling-for-democracy-or-elections). Als ob die Mitgliedschaft in solch einer Organisation für einen Hochschuldozenten nicht schon genug wäre, arbeitet Pankhurst auch in seiner Freizeit fleissig an der Indoktrinierung seiner Studenten. So beschwerten sich verschiedene Mitglieder der LSE Islamic Society, dass er beim Freitagsgebet unter anderem zu der Etablierung eines Islamischen Kalifats aufrief (link: http://www.timesonline.co.uk/tol/news/uk/article6988753.ece), was von ihm noch nicht einmal zurückgewiesen wurde (link: http://thebeaveronline.co.uk/2010/01/19/a-response-to-allegations/).
Natürlich warf sich die Leitung der LSE im Angesicht dieser „beispiellosen Hetzjagd“ vor unseren brillanten Jungademiker mit radikalen Tendenzen: „Die Richtlinien der LSE zur freien Rede gewährleisten Gedanken-, Gewissens-, Religions- sowie Meinungsfreiheit im Rahmen der Gesetze“ (link: http://www2.lse.ac.uk/intranet/news/internalNews/internalNewsArchive/2010/01/RPankhurst.asp).
Das Ergebnis der Geschichte? Mr Pankhurst unterrichtet nach wie vor an der LSE, und islamistische Propaganda seitens der Lehrbeauftragten ist nun offiziell legitimiert, denn diese ist offensichtlich eine „Meinung“ und insofern schützenswert. Aber natürlich zieht die LSE auch klare Grenzen wenn es um Meinungsfreiheit für Menschen geht, die nicht die Einführung des islamischen Kalifats propagieren, wie Henryk M. Broder und Thilo Sarrazin schon kürzlich selbst in Erfahrung bringen durften (Link: http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/what_really_happend/).
Glücklicherweise gibt es an einer Hochschule neben dem Führungspersonal ja auch noch die Studentenvertreter, die sich weder um das Geld, noch um die vorherrschenden gesellschaftlichen Sprechverbote scheren, und der Hochschulleitung bei solchen Verrenkungen medienwirksam auf die Finger hauen. Richtig?
Eher falsch. Denn das unrühmliche Verhalten der Hochschulleitung wurde durch Aktionen der LSE Student Union sogar teilweise noch übertroffen. Während sich die Student Union noch zu einem klaren „nein“ gegen das „Sheikh Zayed Theatre“ durchringen konnte, sah sie sich genötigt, Reza Pankhurst und seine Äusserungen nicht nur öffentlich zu verteidigen, sondern auch allen Medien, die es gewagt hatten, das Thema aufzugreifen, „Islamophobie“ und „Rassismus“ zu unterstellen (Link: http://lse.oncampus.net/pages/representation/statement_on_mr_reza_pankhurst_.html).
Und als es darum ging, eine Podiumsdiskussion mit Henryk M. Broder und Thilo Sarrazin zu verhindern, taten sich mehrere prominente Mitglieder der Student Union dadurch hervor, ihre Mitstudenten öffentlich als „Rassisten“ und „Drecksäcke“ zu beschimpfen. Verwundert es da noch, dass letztes Jahr auf betreiben der Student Union ein Partnerschaftsabkommen (link: http://www.thejc.com/news/uk-news/23230/lse-twin-gaza-university) mit der Islamischen Universität Gaza, auch bekannt als Waffenlabor der Hamas, (link: http://www.nypost.com/p/news/international/item_OJ2hg0H2zW0NuFqlBx7ULM;jsessionid=D7659CD96AC837A4F606534423B776C2) abgeschlossen wurde?
Insofern ist es kaum verwunderlich, dass sowohl die Empörung der Student Union (link: http://www.lsesu.com/news/article/6001/308/) als auch das späte mea culpa der LSE Führung (link: http://www.guardian.co.uk/commentisfree/2011/mar/04/lse-howard-davies-libya-uae) angesichts der Verbindungen der LSE zum Gaddafi-Regime wenig glaubwürdig sind. Zwar hatten offensichtlich ein Studentenvertreter sowie mehrere Akademiker ihr „Unbehagen“ über die diktatorischen Freundschaftsgaben ausgedrückt, aber dabei wurde es dann auch belassen. Keine zornigen Demonstrationen, keine Denunziation von „Faschisten“, keine Besetzungen von Hörsälen oder Rektorenbüros, was an der LSE schon aus viel nichtigeren Anlässen passiert ist. Nicht mal ein einfaches Statement. Bei zu vielen kritischen Fragen wäre die Universität vielleicht ihren eigenen moralischen Standards gerecht geworden, aber das gute Geld, das wäre dann wohl auch dahin gewesen. Jeder hat eben so seine Prioritäten. Und auch Studentenvertreter können offensichtlich mit dem Argument überzeugt werden, dass man manchmal von dem hohen moralischen Ross steigen muss, um den monetären Realitäten ins Auge sehen zu können.
Und überhaupt, wäre nicht eher ein bisschen Empathie, ja Bewunderung angebracht? Unser „Brother Leader“ Gaddafi ist ja laut LSE Research Fellow Dr Alia Brahimi „the world’s longest serving national leader“. Ja, wer es geschafft hat, sein Volk über vierzig Jahre zu knechten, der hat schon besondere Meriten, da kann man schon mal fünfe gerade sein lassen und ihm die ein oder andere Unredlichkeit mal nachsehen. Terroranschläge zum Beispiel. Oder Verstösse gegen die Menschenrechte. Und überhaupt, darf man dem armen Mann überhaupt soetwas vorwerfen, wenn man aus einem westlichen Land kommt? Wer ohne Sünde ist der werfe doch bitte den ersten Stein! Eben.
Auf der anderen Seite muss man sich fragen, ob man der LSE wirklich vorwerfen kann, nur konsequent die Linie gegangen zu sein, die Andere, Mächtigere, schon lang zuvor beschritten hatten? Da galt es Öldeals abzuschliessen, Kernkraftwerke anzupreisen, Beratungleistungen zu erbringen, Infrastruktur zu erneuern und Waffen zu verkaufen.
Mitgemacht haben alle, von Politikern jeglicher Couleur aus ganz Europa und Nordamerika bis hin zu Akademikern, die jetzt natürlich schon immer irgendwie gewusst hatten, dass Gadaffi – was auch sonst – ein durchgeknallter Psychopath ist (link: http://www.sueddeutsche.de/politik/interview-mit-jean-ziegler-gaddafi-ist-voellig-verrueckt-1.1067974-2), aber trotz allem über Lybien unter Gaddafi als das zukünftige „Norwegen Nordafrikas“ fantasiert hatten (link: http://www.dailymail.co.uk/news/article-1363222/The-day-LSE-sold-soul-Libya-BP-chief-makes-oil-deal-Gaddafi—drags-prestigious-university-disrepute.html?ito=feeds-newsxml).
Und fast, fast wäre der ganze schöne Plan aufgegangen. Nicht der mit dem „Norwegen Nordafrikas“, aber der mit der Reinkorperierung Gaddafis in die westliche Geschäftswelt. Wäre da nicht dieses aufrührerische lybische Volk dazwischengekommen, das es sich doch tatsächlich herausnimmt, die Realitäten, die man in Europa schon lange geldseelig akzeptiert hat, in Frage zu stellen. Denn eines sollten wir nicht vergessen: Ohne den Aufstand der Lybier wäre alles selbstverständlich beim Alten geblieben.
Nachdem jetzt ein paar Köpfe gerollt sind, dürfen sich die Studentenvertreter, die neue Führung der LSE, sowie die ganze Europäische Politik – einmal mehr – mit gespielter Empörung in der Jauchegrube der moralischen Überlegenheit suhlen. Danach wird es dann schnell wieder heissen: back to business, mit oder ohne Gaddafi. Fazit? Keine Überaschungen hier.
Chris Moos schreibt seine Doktorarbeit am Department of Management an der London School of Economics and Political Science