Zum Mord gehört das Thema Strafe. Das gilt erst recht bei ideologisch verbrämtem Massenmord. So sehr man getrieben ist, ergründend in die Seele des Massenmörders von Oslo und Utöya hinein zu tauchen, um das Unbegreifliche zu begreifen, so aussichtslos ist es. Handfester ist die Frage, wie man einen solchen Mann bestraft. Sie muss beantwortet werden, ob hinlänglich oder nicht.
Philosphierend kann man natürlich sagen, dass es für eine solche Tat gar keine passende Strafe gibt. Aber was bringt das? Im wirklichen Leben muss Strafe sein, alles andere wäre undenkbar. In idealistischeren Zeiten wäre ernsthaft darüber gesprochen worden, dass auch bei einem solchen Täter die Resozialisierung ein Ziel der Bestrafung sein sollte. Das ist inzwischen zur blanken Theorie verblasst. Wir leben ernüchtert in weniger freundlichen Zeiten. Dafür haben nicht zuletzt die politischen Massenmörder jeglicher Couleur gesorgt. Heute fragt man sich zornig: Wie wehrt man sich gegen diese Brut und wie entledigt man sich derer, die ihren Hass auf die Gesellschaft bereits mordend ausgedrückt haben.
In Amerika wäre die Antwort simpel: Todesstrafe. In vielen anderen Ländern auch. Aber für uns und eine wachsende Zahl von Ländern ist das keine zivilisierte Lösung. Wir wollen und müssen anders antworten. Üblicherweise heißt das: lebenslang wegsperren. Wobei unklar ist, was lebenslang von Fall zu Fall bedeutet. Aber das ist unserer Weisheit letzter Schluss. Und so soll es auch sein.
Vorstellen kann man sich trotzdem eine interessante Ergänzung zum üblichen Verfahren. Nämlich dies: konsequentes Totschweigen. Wer fast hundert Menschen umbringt, um eine „Botschaft“ an die Welt loszuwerden, der will vor allem eins: Öffentlichkeit, Kameras, eine Bühne, auf der er sein dummes Zeug absondern und sich wichtig machen kann. Es ist zu erwarten, dass er während seines Prozesses eine solche Bühne bekommt. Er wird sich auf dieser Bühne pudelwohl fühlen. Er wird jede Schlagzeile genießen. Er wird ganz groß herauskommen und sich ganz groß fühlen.
Wäre es nicht viel befriedigender, wenn man ihn dieser Helden-Show berauben würde? Wenn man kein Wort mehr über ihn verlöre? Wenn sein Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit, bei totaler medialer Missachtung stattfände? Und wenn er dann seine Strafe als gänzlich unbeachteter, armseliger Mörder absäße?
Es ist nur ein Traum und für einen Journalisten ein seltsamer Traum. Und ich verrate diesen Traum bereits, indem ich diese Zeilen schreibe. Und doch wäre lebenslange Missachtung die Höchststrafe für einen solchen Mann. Er hätte sie verdient.