Berlin ist zwar pleite, aber man kann sich immer noch amüsieren wie Bolle auf dem Leiterwagen, man muss nur auf die richtigen Parties gehen. Gestern Abend zum Beispiel fand an einem Ort, den man als Normal-Berliner bestenfalls mit Demonstranten in Verbindung bringt, eine Super-Sause statt: 2000 Flughafen-Experten aus aller Welt feierten in einem weißen Riesen-Bierzelt das sogenannte „Berlin Networking Event“ , die dazu gehörende Messe dauert drei Tage und findet tagsüber statt. Wann die Leute schlafen, weiß ich nicht, vermutlich erst wieder im Flugzeug auf der Reise nach Hause. Die Messe heißt „Routes“ und ist das größte weltweite Branchentreffen von Airline- und Airportbetreibern. Zur Musik von „Star Wars“ wurde zum Beispiel der Flughafen Abu Dhabi ausgezeichnet, weil es im Zelt so laut war, habe ich weder Details der zahlreichen Reden mitbekommen noch wofür die Mannschaft aus Abu Dhabi belohnt wurde. Aber bestimmt haben sie es verdient.
Ich hätte gern den neuen, halbfertigen Flughafen BER gesehen, aber leider war er schon dunkel draußen, als das Fest begann, sodass die ganze Veranstaltung etwas von einem UFO hatte, das irgendwo im Süden Berlins gelandet war. Möglicherweise waren wir auch auf einer Großbaustelle für irgendeinen der zahlreichen brandenburgischen Businessparks, wer weiß das schon. Wenn die Sonne aufgeht, werden alle Spuren der Party verschwunden sein und fleißige Bauarbeiter für die Zukunft werkeln. Zum Glück lief im Zelt ein Zeitraffer-Film, der die Bauarbeiten dokumentierte. Das war irgendwie bizarr, aber besser als gar nichts.
Spatenstich für Europas größte Flughafenbaustelle war am 5. September 2006, im Juni 2012 soll der Flughafen „Willy Brandt“ eröffnen. Der neue Flughafen soll 2,4 Milliarden Euro kosten, verglichen mit den Kosten für die Rettung Griechenlands sind das Peanuts. Auch wenn die Bauzeit nicht gerade beeindruckend ist. Wenn man bedenkt, wie schnell zum Beispiel in Asien Flughäfen gebaut werden, werden in Berlin offenbar keine Rekorde angestrebt. Immerhin, der Tower ist jetzt fertig, er war schick und blau illuminiert und im Dunkel der Nacht konnte man Terminals erkennen. Der neue Flughafen „Willy Brandt“ wird, sofern man das in der Dunkelheit erkennen konnte, eines Tages aussehen wie jeder x-beliebige Flughafen, das finde ich ein bisschen schade, die Architekten hätten sich ein wenig mehr Mühe geben können. Eine Stadt wie Berlin baut ja nicht alle zehn Jahre einen Flughafen.
Erstaunlicherweise waren keine Demonstranten da, was mich verwundert hat, denn wäre ich gegen den Flughafen, so hätte ich den Feiertag genutzt und hätte 2000 Flughafenexperten aus aller Welt gezeigt, wozu Berliner Demonstranten fähig sind. Vielleicht haben die Flughafengegner den Termin auch schlicht verschlafen, weil Feiertag war oder es war ein schöner Film im Fernsehen.
So wurde es eine entspannte Party, drinnen im Zelt sang die wunderbare Jocelyn B. Smith, man konnte auf dem künftigen Flugfeld Fußball spielen, spazieren gehen, eine Fahrrad-Rikschafahrt machen oder einfach so mit einem Drink herumstehen und mit Flughafen-Experten aus aller Welt plaudern.