Jetzt, da der geduldige deutsche Michel denn doch etwas nervös wird, denkt er an kommende Stromrechnungen, läuft die Propagandamaschinerie der Wind- und Solarbranche unter Volllast. Hier noch rasch eine neue „Expertenmeinung“ über steigende Meeresspiegel auf den gefräßigen Medienmarkt geworfen, da noch die hundertneunundachtzigste Prophezeiung kommender Dürreperioden als Klappermeldung versendet. Und irgendwo in der Diaspora sitzt immer irgendwer mit ´nem Professorentitel rum, der auf Anfrage Mahnungen zur Klimarettung versendet, wenn es irgendwo auf der Welt mal stürmt, schneit oder schüttet. Notfalls einfach bei der Münchener Rück nachfragen! Die finanziert gern finstere Klimaszenarien, weil sie damit neue Prämienerhöhungen begründen kann.
Eine Spitzenleistung der Desinformationsabteilung des öko-industriellen Komplexes schaffte es neulich sogar auf die Titelseite meiner lokalen „Niederelbe-Zeitung“. Headline: „Studie: Strompreis bleibt fest“.
Schon das Wörtchen „bleibt“ ist in diesem Zusammenhang eine semantische Meisterleistung, die freilich nur bei leicht dementen Lesern ankommt. Alle anderen erinnern recht gut, dass ihre Stromrechnung seit Jahren immer höher ausfällt, seit 2005 um mehr als 40 Prozent. Für letztgenannte Gruppe wird in der Unterzeile der NEZ auch gleich sanft gegengerudert: „Verbraucher müssen wegen Steuern und Netzentgelten dennoch mehr zahlen.“ Im Kleingedruckten ist dann wieder zu lesen: „Der Atomausstieg führt nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) nur zu einem leichten Anstieg an der Strombörse.“
Wie jetzt? Noch mal zum Mitschreiben: der Strompreis bleibt stabil, steigt aber. Marxistische Dialektik? Öko-Voodoo?
Es handelt sich um einen simplen Rosstäuschertrick, und der funktioniert wie folgt: als „Strompreis“, worunter jeder Normalbürger den Preis versteht, den er für Strom zu zahlen hat, firmiert in der DIW-Studie der Einkaufspreis für Energieversorger an den Strombörsen. Dieser Preis, behauptet das DIW, werde sich pro Kilowatt in den nächsten Dekaden nur um 0,2 bis 1,1 Cent pro Kilowattstunde erhöhen. Das ist zwar absurd, lässt sich aber gut mal so hin schreiben. Studienpapier ist geduldig. Im Jahre 2020 beziehungsweise 2030 - bis dahin reichen die Prognostizierkünste des DIW - wird sich kein Schwein mehr daran erinnern, was Anfang Juli 2012 in der Zeitung stand. Wissenschaftlich betrachtet, besitzt die Studie die Beweiswucht der bayerischen Volksweisheit: Wenn´s Arscherl, brummt, ist´s Herzl g´sund.
Dass der reale Strompreis in acht respektive achtzehn Jahren natürlich viel höher sein wird, wie jeder weiß, wird in der Rechnung verschämt mit „Steuern“ und „Netzentgelten“ camoufliert. Tatsächlich sind das Ökozwangsabgaben, die vielleicht sauersten Früchte des panikartigen Atomausstiegs. Denn zu den vielen Milliarden, welche die porentief reine, irrwitzig hoch subventionierte Erzeugung von Wind- und Solarstrom sowieso verschlingt, kommen ja noch viele weitere Milliarden hinzu, die für die Netzinfrastruktur oder für Speichertechnologien ausgegeben werden sollen. Von denen keiner weiß, wie sie überhaupt funktionieren könnten.
Zahlen wird alles der Stromverbraucher. Wer sonst.
So zu tun, als hätten ausgerechnet die Erzeuger von Phantomstrom, der nicht da ist, wenn man ihn braucht und nicht dort, wo man ihn braucht, rein gar nichts mit dessen unendlich aufwändiger Nutzbarmachung zu schaffen – das verdiente die „Goldene Nebelkerze“. So müsste der Preis heißen, welcher für den beste Ökoschwindel des Jahres auszuloben wäre.
Wer bastelt solche Nebelkerzen, wer kommt dafür auf? Bezahlt wurde die Studie von einer Institution, welche für ihre Ausgewogenheit berühmt ist, namentlich, wenn es um das Für und Wider des Atomausstiegs geht. Sie heißt Greenpeace. Und was genau ist dieses DIW, das die Auftragsarbeit für Greenpeace erstellt hat, sicher total ergebnisoffen? Richtig, es handelt sich um jenes Berliner Institut, dessen Abteilung „Energie, Verkehr, Umwelt“ von Frau Prof. Dr. Claudia Kemfert geleitet wird, welche wiederum bis an die Bügel ihrer Schlaufraubrille im erneuerbaren Energiepool steckt.
Eine „Energieökonomin“, die selbstredend einzig für „neue“ Energien trommelt, in allerlei „Nachhaltigkeitsbeiräten“ hockt und laut Selbstaussage „unterschiedliche Minister, Ministerien oder Parteien auf Bundes- und Landesebene berät“. Stände sie auf der Payroll der Atomindustrie, würde sie als stinknormale Lobbyistin durchgehen. Wie postulierte der SWR-Chefreporter Thomas Leif in einem Text zum Thema „Mythos Politikberater“ doch gerade: „Wo Lobbyismus drin ist, sollte auch Lobbyismus draufstehen.“ Leif zielte aber natürlich gleich eingangs auf Berater ab, die Deals mit „schmutzigen“ Energieversorgern befördern halfen. Dass einer wie er sich mit den sauberen Rittern des öko-industriellen Komplexes anlegt, müssen dieselben nicht befürchten. Sie sind ja keine Lobbyisten. Sondern Klimaretter.
Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender präsentieren Prof. Dr. Claudia oft und gern als flottes, powerfrauliches, titelgeadeltes Kompetenzbündel im nadelgestreiften Hosenanzug. Als neutrale Expertin, welche uns die komplizierte Energie-Gemengelage sachverständig verklickern kann, keinesfalls als eine parteiische Schönrednerin der immer heftiger kritisierten Energiewendepolitik. Dass sich Greenpeace von Kemferts geneigtem Institut einen – mutmaßlich nicht wohlfeilen - Strompreispersilschein ausstellen ließ, geht in Ordnung. Wenn aber Nachrichtenagenturen, Tageszeitungen und online-Magazine diesen durchsichtigen Quark auch noch verbreiten, ohne wenigstens beiläufig mitzuteilen, wer da wem die Bälle zukickt, dann gebührt auch ihnen ein Preis.
Sagen wir, die „Goldene Blindenbrille“ für angewandten Qualitätsjournalismus.
http://www.focus.de/immobilien/energiesparen/energiekonzern-warnt-strom-koennte-bis-2020-um-30-prozent-teurer-werden_aid_776382.html
http://www.diw.de/de/diw_01.c.10839.de/ueber_uns/menschen_am_diw_berlin/kemfert_claudia.html
http://www.claudiakemfert.de/politik.html