Revolutionen pflegen folgendem Ablaufmuster zu folgen:
1. Widerstand gegen ein verhasstes Regime. Grosse und berechtigte Furcht vor dem Massaker, mit dem die alte Bande sich gegen die Aufstaendischen wehrt.
2. Wenn es kein Massaker gibt oder das Massaker nicht ausreicht, um die Revolutionaere einzuschuechtern, passiert Folgendes: Teile der Elite fangen an, zu den Revolutionaeren ueberzulaufen. Die Furcht wird kleiner.
3. Machtueernahme durch die Revolutionaere, meist eher unblutig. Die Revolution tritt in ihre Euphoriephase.
4. Die Revolutionaere fangen an, sich untereinander zu zerstreiten. Die Revolution wird endgueltig manisch. Schlaflose Naechte. Jetzt wird es interessant, denn es gibt zwei verschiedene Moeglichkeiten:
4a. Die Revolutionaere beschliessen, ihre Konflikte in der Schwebe zu lassen und einen Modus zu finden, sich irgendwie durchzuwursteln. Wenn es gelingt, diesen Schwebezustand stabil zu halten, ist das Ergebnis furchtbar schlampig, aber wunderbar: liberale Demokratie (oder konstitutionelle Monarchie). Allerdings tritt die Revolution damit auch in ihre depressive Phase ein, denn Demokratie ist ja keine Loesung fuer irgendwas, sondern ein aeusserst komplizierter Modus, um ohne Buergerkrieg nach Loesungen zu suchen.
4b. Eine Fraktion setzt sich auf Kosten aller anderen durch und putzt ihre Gegner von der Platte. Folge: kompletter Wahnsinn, Euphorie mit Paranoia gekoppelt, enormes Blutvergiessen, das zumindest am Anfang von den Volksmassen mit Begeisterung aufgenommen wird.
Beispiele fuer 4a: Glorious Revolution, amerikanische Revolution, samtene Revolution in der Tschechoslowakei.
Beispiele fuer 4b: franzoesische Revolution, kubanische Revolution 1959, iranische Revolution 1979.
Zu bedenken ist dabei, dass 4b nicht sofort eintreten muss. Die Jakobinerherrschaft begann in Frankreich 1793, d.h. vier Jahre nach der Kapitulation des Ancien Regime. Im Iran dauerte es beinahe ein ganzes Jahr, bis sich nach der panischen Flucht des Schah-in-Schah die “Islamische Republik” etabliert hatte.