Hannes Stein / 14.12.2012 / 20:02 / 0 / Seite ausdrucken

Karl R. Popper nach zwanzig Jahren

Die umstürzende Erkenntnis von Karl R. Popper war bekanntlich, dass sich die menschliche Erkenntnis im “modus tollendo tollens” fortbewegt:

Wenn P, dann Q
Non Q
Ergo non P

Anders und poetischer ausgedrückt: Wir irren uns empor!
Hier ein Interview, dass Popper vor zwanzig Jahren dem “Spiegel” gegeben hat: Anlass, seine Methode auf ihn selbst anzuwenden, also nachzuprüfen, worin er sich geirrt—und in welchen Fragen er (bisher) Recht behalten hat.
Ich finde in diesem Gespräch bemerkenswert wenig dummes Zeug. Einige Zitate:

“Die Geschichtsphilosophie in Deutschland, zumindest seit Hegel, glaubte immer, irgendwie prophetisch sein zu müssen. Ich halte das für falsch. Man lernt von der Geschichte, aber heute und jetzt endet die Geschichte. Gegenüber der Zukunft müssen wir eine ganz andere Einstellung haben als die, den Versuch zu machen, aus der Geschichte zu extrapolieren und sozusagen die Geschichtsbahnen weiter in die Zukunft zu verfolgen.”

“Der kommunistische Wahnsinn besteht im wesentlichen darin, und das findet sich schon in Marx, daß die sogenannte kapitalistische Welt als teuflisch angesehen wird. Das, was Marx Kapitalismus genannt hat, hat es nie auf der Welt gegeben, auch nie etwas Ähnliches.”

“Ich stehe unserer heutigen Gesellschaft sehr kritisch gegenüber. Da ließe sich viel verbessern. Aber unsere liberale Gesellschaftsordnung ist die beste und gerechteste, die es bisher je auf Erden gab. Sie entstand aus der, die Marx kannte, durch Evolution.”

“Wir Intellektuellen müssen vor allem lernen, bescheidener zu sein. Die ungeheure Unbescheidenheit der Intellektuellen, das ist etwas Gräßliches. Aber ich fürchte, die richtigen Marxisten werden bleiben, was sie immer waren. Sie werden weiterhin danach trachten, das teuflische kapitalistische System zu liquidieren.”

“Unser erstes Ziel heute muß der Friede sein. Der ist sehr schwer zu erreichen in einer Welt wie der unseren, wo Leute wie Saddam Hussein und ähnliche Diktatoren existieren. Wir dürfen hier nicht davor zurückschrecken, für den Frieden Krieg zu führen. Das ist unter den gegenwärtigen Umständen unvermeidbar. Es ist traurig, aber wir müssen es tun, wenn wir unsere Welt retten wollen. Die Entschlossenheit ist hier von entscheidender Bedeutung.”

(Das Massenelend ist) “... hauptsächlich auf politische Dummheit der Führer in den verschiedenen Hunger-Staaten zurückzuführen. Wir haben diese Staaten zu schnell und zu primitiv befreit. Es sind noch keine Rechtsstaaten. Dasselbe würde geschehen, wenn man einen Kindergarten sich selbst überließe.”

“Die Ozonlöcher können seit Millionen Jahren existiert haben. Möglicherweise haben die keine Beziehung zu irgend etwas Modernem.”

“Ungewollte Kinder sind gefährdet, und zwar moralisch. Die Leute, die sie nicht wollen, sollen die Mittel haben, sie nicht zu bekommen. Die Mittel existieren jetzt, ich meine die Abtreibungspille.”

“Selbstverständlich brauchen wir ein Ende der Geschichte, nämlich ein Ende der Machtgeschichte. Das ist notwendig geworden durch die Waffen. Es war immer notwendig moralisch, aber jetzt ist es durch den Überschuß der Waffen lebensnotwendig geworden.”

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