Manfred Haferburg / 02.12.2018 / 06:19 / Foto: Pixabay / 41 / Seite ausdrucken

Paris: Die „Casseurs” wollen alles kaputt machen

Die erste Tränengasgranate flog heute früh um 8:45 Uhr. Ich hatte gerade meinen Morgenlauf angetreten und joggte die Verlängerung der Champs-Elysées hoch in Richtung Place de l‘Etoile. Einige hundert „Gelbwesten“ waren lose auf der wohl 200 Meter breiten Avenue Grande Armée verteilt, als es am Arc de Triomphe das erste Mal knallte. 

Eine Stunde später war es nicht mehr möglich, den Place de l‘Etoile, in dessen Mitte der Triumphbogen prangt, weiträumig zu umrunden. Ich rannte in eine riesige Tränengaswolke, die mir spontan jede Lust am Beobachten der Ereignisse nahm. Die „Felder der Seligen“, wie sich die Prachtstraße übersetzt nennt, waren gesperrt und in Qualm und Tränengas gehüllt. Es waren etwas weniger Demonstranten da als letzten Samstag, aber ihre Zusammensetzung hatte sich sichtbar verändert. Die Casseurs (Kaputtmacher) waren zur Gelbwestendemo gekommen.

Die Randalierer trugen schwarze Kleidung, waren vermummt und mit Helmen, Rucksäcken und Gasmasken ausgerüstet. Sie waren jünger als der Demonstranten-Durchschnitt und hatten in ihren Rucksäcken Werkzeuge mitgenbracht. Ein vermummter Bursche stemmte mit Hammer und Meißel den Asphalt des Trottoirs auf. Ein Mann in gelber Weste forderte ihn auf, damit aufzuhören, doch er und seine Truppe lachten nur frech. Hilflos standen die friedlichen Demonstranten herum. 

Die Casseurs hatten ihre Guerilla-Taktik mitgebracht. Sie demonstrierten nicht, sie agierten in kleinen beweglichen Gruppen in den Zugangsstraßen zum Arc de Triomphe mit einem Zerstörungswillen, der mich zutiefst erschreckte. Diese Leute haben offenbar keinerlei Moral. In den Avenuen Friedland, Wagram, Hoche, Kleber und McMahon zündeten sie Autos und Barrikaden an und zerstörten alles, was nicht niet- und nagelfest war. Der Place de Trocadero wurde genauso verwüstet wie die Avenue Kleber. Bei vielen der Luxusgeschäfte wurden die Scheiben eingeschlagen und es gab Plünderungen. Es gibt offensichtlich auch in Frankreich genügend Leute, die nur auf solche Gelegenheit warten. 

10.000 gewaltbereite Personen 

Auf der Avenue des Ternes sah ich, wie die Frauen des schwarzen Blocks Luftballons mit Farbe füllten, die sie in Flaschen in ihrem Rucksack mitgebracht hatten. Die Männer warfen sie dann eine Straße weiter auf die Polizisten, die einem wirklich leid tun konnten. Was mich erschütterte, war das Alter dieser Farb-Chaoten. Das waren Leute Mitte dreißig, gut gekleidet und gut ausgerüstet. Wenn die RCS-Polizeigruppen eintrafen, waren sie längst weg und verrichteten woanders ihr feiges Zerstörungswerk. Die französischen Behörden sprechen von einer Klientel von 10.000 gewaltbereiten Personen in Frankreich aus dem links- und rechtsextremen Spektrum.

Gegen 15:00 ging ich auf die Champs-Elysées. Der Arc de Triomphe war in schwarze Rauchwolken gehüllt. Weißer Tränengasnebel hüllte den ganzen Platz ein. Tausende Demonstranten standen trotzdem auf dem Platz und verhielten sich recht ruhig. Die Prachtstraße Champs-Elysées war mit einem Demonstrationszaun geschlossen, der von einem RCS-Kordon Schulter an Schulter bewacht wurde. Ich fragte einen dieser RCS-Ritter, ob ich auf die Champs-Elysées durchdürfe. Er tastete mich ab und gab freundlich den Weg frei. Als die CRS-Männer ihren Kordon für mich öffneten, wünschte ich ihnen: „Bon courage“. Sie werden es brauchen. 

Auf der Champs war es vollkommen friedlich, einige hundert Gelbwesten standen da und schauen auf den Arc de Triomphe, der von sechs Demonstranten erklommen worden war, die ihre Trikolore auf dem Dach schwenkten. Sie schienen zu den Helden des Tages zu werden, wie haben die das geschafft, fragte ich mich. Später sah ich, dass sie das Gesicht einer der gigantischen Relief-Statuen eingeschlagen hatten, durch das Loch eingedrungen waren und auch das Innere dieses Nationalsymbols verwüstet haben. Ich begriff jetzt, dass die Polizei nicht nur die Bürger, sondern auch die Gelbwesten vor den Chaoten schützen musste. 

Wollen die Casseurs die Gelben Westen diskreditieren?

Vergangenes Wochenende demonstrierten in Frankreich etwa 81.000 Menschen. Dieses Wochenende waren es nach offiziellen Angaben 75.000. 65.000 Ordnungskräfte waren mobilisiert. Weit über 200 Menschen wurden verhaftet. Es giab 110 Verletzte, davon über 20 Polizisten. Ein Demonstrant der Gelbwesten wurde schwer verletzt, als ein Parkzaun-Gitter der Tuileries auf ihn stürzte, welches die Chaoten aus den Halterungen gerissen hatten.

Die Casseurs werden es womöglich schaffen, die Bewegung der Gelben Westen total zu diskreditieren. Vielleicht ist dies sogar ihr heimliches Ziel. Meinen höchsten Respekt haben die CRS-Polizisten, die versuchten, gegen eine Horde Asozialer die Ordnung aufrechtzuerhalten. Leidtragend ist auch das Anliegen der „Gelbwesten“. Während all dies in Frankreich geschieht, rettet Macron in Buenos Aires die Welt. Es würde mich nicht wundern, dass nach seiner Rückkehr ein Demonstrationsverbot erfolgt oder der Ausnahmezustand ausgerufen wird.

Foto: Pixabay

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Gabriele Klein / 02.12.2018

Nachdem Herr Macron den Karlspreis erhielt, dürfte es schwerer fallen, die Welt NICHT zu retten….. vom Karlspreisträger wird wird ja auch was erwartet…... Macron scheint mir einfach zu jung und unreif für sein Amt von Anfang an. Ein Regierungschef sollte weder durch Preise, noch Journalisten manipulierbar sein, ganz egal wie die Presse und Preisverleiher auch toben mögen…....... Die einzig richtige Antwort auf AGITPROP ist die von H. Trump der das manipulative Ding durchschaut….

Uta Buhr / 02.12.2018

Da läuft ja alles super für Monsieur le Président da la République. Nachdem die - vielleicht sogar von der Regierung angeheuerten und bezahlten Randalierer (siehe unser Antifa) - so richtig “durchgreifen” und die für ihre Rechte demonstrierenden Gelbwesten diskreditieren, kann er ein Demonstrationsverbot zügig durchsetzen. Und dies im selbstgerechten Brustton, die Ordnung im Land aufrecht erhalten zu wollen.  Ich hörte gerade in den Nachrichten, dass das Macrönchen den Ausnahmezustand ausrufen will. Uns allen hier in Europa stehen harte Zeiten ins Haus.

Wolfgang Kaufmann / 02.12.2018

Laut Aktueller Kamera haben wir ja das Problem der reisenden Randalierer und Plünderer gar nicht; bei uns ist alles Feinste Sahne. – Die französischen Sicherheitskräfte hingegen werden es mit harter Handarbeit schaffen, die vermummten Steinewerfer und Plünderer einzukesseln und per Schnellgericht einige Monate aus dem Verkehr zu ziehen; dort setzt man die Gesetze der Republik noch durch. In Deutschland würde dies spätestens an grün-alternativen Innenministern und sozialistisch unterwanderten Verwaltungsgerichten scheitern.

Anna Kasperska / 02.12.2018

Man kann sich ja vorstellen, was für einen bequemen Vorwand die Casseurs für Macron und das politische Establishment liefern, die bürgerlichen Proteste im Keim zu ersticken. Sie kommen „wie bestellt“. Sehr, sehr schade, dass sich aktuell (auch ! ) in Frankreich keine hervorragenden und charismatischen Persönlichkeiten finden, die den „gilets jaunes“, den intellektuell-organisatorischen Background geben würden. Aber die Franzosen ticken anders. Was noch nicht ist, kann es noch werden.

Marc Hofmann / 02.12.2018

Nur ein sozialisierter Deutscher kann sich über französische Demonstration beklagen in der Gewalt das letzte mittel einer Gesellschaft ist sich gegen die Politik=Kaiser/König zu wehren. Darum wäre die französische Revolution in Deutschland und mit Deutschen nicht zu machen…bei der französischen Revolution ging es noch blutiger gegen die herrschende Politik im Lande zu .. der Grossteil hat protestiert und eine kleiner Teil der Demonstranten\Revoluzer hat hingerichtet. Das waren noch Zeiten..und wenn das so weiter geht mit EU und EURO dann bekommen wir auch diese Zeiten wieder ... In Frankreich sowie so und Deutschland.. Mal schauen wann der Punkt erreicht ist…alles hat seinen Punkt an dem es Umschlagen wird

Cornelia Messmer / 02.12.2018

Sehr geehrter Herr Haferburg, ich lebe in Frankreich, 40 Jahre schon und erlebe die politischen Ereignisse direkt mit . Deswegen kann ich Ihrem heutigen Artikel nur zustimmen. Ich denke, daß diese Gewalteskalation hätte vermieden werden können, wenn gewollt. Ich verfolge seit heute morgen verschiedenen Debatten und so hört man auch von Beobachtern vor Ort,, daß die Polizei lange gewartet hätte bevor sie sich der Gewalttätigen annahmen. Welchen Anordnungen mussten da die Polizisten folgen? In der Öffentlichkeit wird aber glücklicherweise meistens kein Amalgam aus den verschiedenen Gruppen gemacht, sa daß die Bewegung der gelben Westen nicht mit den massiven Zerstörungen in Verbindung gebracht wird. Wenn Macron weiterhin auf seiner Wolke schwebt wird es wohl leider den Ausnahmezustand als einzige Antwort geben und auch hier frage ich mich was da dahintersteckt. Man kann doch nicht bewusst einen Bürgeraufstand weiter anfeuern.

Sabine Schönfelder / 02.12.2018

@P. Steigert, Sie haben völlig recht! Das Wahlsystem ist ungerecht und bildet nicht die wahren Mehrheitsverhältnisse ab, präsentiert nicht den wahren Volke’s Willen. Dementsprechend wächst die Unzufriedenheit , und dementsprechend sind auch die gewalttätigen Randalierer eine Melange aus vielen politischen Ecken, nebst Mitläufern, die einfach gerne draufhauen und zerstören, egal warum und wofür. Wahrscheinlich versammeln sich innerhalb dieser gewaltbereiten schwarzen Blöcke unter dem gemeinsamen Ziel der Zerstörung ‘überideologische’ und ‘überethnische’ Gruppierungen und vollbringen damit eine echte integrative Leistung. Leider sind die Menschen kurzsichtig, und besonders in Rage, nicht in der Lage , die Dinge klug und effizient anzugehen, denn das wahre Problem ist die unzureichende Abbildung der politischen Verhältnisse in Frankreich. Da ist Deutschland schon einen Schritt weiter. Unser Volkeswille wird zwar verhältnismäßig dargestellt, aber durch Wahlbetrug, einseitige Berichterstattung und Verunglimpfung Andersdenkender versucht man bei uns, den Wählerwillen zu unterdrücken und zu manipulieren. Jeder tut was er kann!  

Frank Volkmar / 02.12.2018

Herr Haferburg, Sie müssen sich irren. Heute früh hat der DLF in seinen Nachrichten “wahrheitsgemäß” vermittelt, das die “Gelbwesten” randaliert haben. Da war nichts von schwarzgekleideten jungen Männern zu hören. Apropos “Provokateure”, schon der Hinweis auf die Möglichkeit solcher “Aktivisten” rückt einen zugleich in die Nähe der Verschwörungstheoretiker !

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