Oliver Marc Hartwich, Gastautor / 16.12.2008 / 00:17 / 0 / Seite ausdrucken

Nicole Kidman, verletzte Gefühle und ein Didgeridoo

Nicole Kidman hat einfach kein Glück. Ihr mit viel Tamtam angekündigter neuer Film Australia ist dort gefloppt, wo er eigentlich zu einem Kultfilm werden sollte, nämlich in Australien. Gegen den neuen James Bond hatte das Outback-Epos keine Chance an den Kinokassen Down Under; mittelprächtige bis schlechte Kritiken taten ihr Übriges.

Doch damit nicht genug. Bei dem Versuch, den Film in Deutschland zu präsentieren, sterilisierte sich Kidman unabsichtlich selbst und brachte die australischen Ureinwohner gegen sich auf. Wie das? Nun, indem Kidman in ein Didgeridoo blies, und zwar im Zweiten Deutschen Fernsehen. Bei Wetten, dass ...? stellte sie ihren neuen Film vor, als ihr von Thomas Gottschalk ein Didgeridoo quasi unter die Nase gehalten wurde und sie dem traditionellen Blasinstrument in der Folge einige Töne entlockte.

Aber damit brach Nicole Kidman ein Tabu der Ureinwohner, denen die Welt dieses Instrument verdankt. Frauen dürfen nämlich keine Didgeridoos berühren, geschweige denn darauf spielen, sonst droht ihnen die sofortige Unfruchtbarkeit. Das jedenfalls glauben die Aborigines. Wie der Sydney Morning Herald heute berichtet, äußerten sich Vertreter der Ureinwohner empört über Kidmans schweren Fauxpas. Sie lasse den Respekt vor ihrer Kultur vermissen, verletze ihre Gefühle und müsse fortan mit Kinderlosigkeit rechnen.

Vor allem aber bestehe die ernstzunehmende Gefahr, dass andere Frauen es nun Kidman nachtun könnten und ebenfalls mit dem Didgeridoospielen beginnen. Man mag sich die Katastrophe kaum ausmalen. Überall auf der Welt begännen Frauen und Mädchen, auf ausgehöhlten Baumstämmen zu pfeifen, wie es Nicole Kidman vorgemacht hatte. Ganze Landstriche würden so nach und nach entvölkert. Von der fortgesetzten Ruhestörung ganz zu schweigen. Und von massenhaft verletzten Gefühlen aller australischen Ureinwohner, die sich bereits durch eine deutsche Samstagabendshow in ihrer kulturellen Integrität bedroht sehen.

Wenn sich Rudi Carrell vor über zwanzig Jahren beim iranischen Ajatollah entschuldigen musste, vielleicht sollten das Thomas Gottschalk und Nicole Kidman jetzt auch bei den Aborigines tun? Es wäre eine rein präventive Maßnahme, bevor es im Outback zur massenhaften Verbrennung von Filmplakaten, Deutschlandfahnen und Mainzelmännchen kommt. Und Nicole Kidman sollte feierlich geloben, in Zukunft nicht mehr in hohle Baumstämme zu blasen. Oder besser noch: nie wieder pathetisch-triviale Filme über Australien zu drehen.

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