Gastautor / 26.09.2020 / 14:00 / Foto: Wilhelm Trübner / 53 / Seite ausdrucken

Vertrauen ist gut, Kontrolle ist besser

Von Albrecht Künstle.

Dieser Tage verbreitete die dpa eine Forsa-Umfrage in der Badischen Zeitung mit der Schlagzeile: „Vertrauen in den Staat ist gewachsen.“ Untertitel: „Laut einer Umfrage des Forsa-Instituts trauen weit mehr Bürger als noch vor einem Jahr der Regierung zu, ihre Aufgaben zu erfüllen.“ 2018 bejahten das 34 Prozent der Befragten, letztes Jahr 56 Prozent. Nun ja, ich selbst traue dieser Regierung auch fast alles zu. Dieses Ergebnis steht im Widerspruch zu meinen Erfahrungen und denen meines Umfeldes. Auch wenn wir zur Kenntnis nehmen, dass die CDU/CSU der Corona-Gewinnler wurde, im Gegensatz zur SPD, die ja auch Regierung zu sein glaubt. Aber sind diese Parteien „der Staat“?

Als erstes suche ich beim Lesen solcher Thesen den Wortlaut der Fragestellung. Diese wurde in der dpa-Meldung diesmal angegeben. Der Fragesatz (?) lautete: „Der Staat ist in Bezug auf seine Aufgaben in der Lage, sie zu erfüllen.“ Dies war aber eine waschechte Suggestivfrage, welche die Antwort schon beinhaltete. Hinter einer Frage hat ein Fragezeichen zu stehen, kein Punkt.

Aber selbst in diesem Wissen hätte ich die Frage nach dem Können mit Ja beantworten dürfen. Notwendig wäre aber die Anschlussfrage gewesen, „Erfüllt der Staat aus Ihrer Sicht seine Aufgabe auch, oder wäre er dazu nur in der Lage?“ Oder einfach nur eine echte Fragestellung, „Erfüllt der Staat die für Sie wichtigen Aufgaben?“ Aber an der gestellten Suggestivfrage zeigt sich, dass nicht nur die Medien zu Hofberichterstattern der Regierung wurden, sondern auch Demoskopen zu deren Erfüllungsgehilfen.

Deutschland gilt als der Nachwächter in Europa

Zur Sache: Der Staat hat Geld wie nie und müsste in der Lage sein, alle Aufgaben zu erfüllen. Aber er will es nicht, kann es nicht oder tut es nicht. Wenige Beispiele in alphabetischer Reihe.

Am Tag des Alarms am 10. September hätten probehalber alle öffentlichen Alarmsysteme ihre Aufgabe zu erfüllen gehabt – sie taten es nicht, der Staat hat versagt.

Die Bahn-Politik Deutschlands ist ein Desaster, sie versagt auf ganzer Strecke. Unpünktliche und ausfallende Züge, der Schienenausbau dauert meist um die Hälfte länger und wird doppelt so teuer, mit Fertigstellung oft erst in der nächsten Generation – Deutschland gilt als der Nachwächter in Europa.

Gerade am Anfang der Informationen über Corona im Ausland hat unser Staat geschlafen. Dann verharmloste er, anschließend überreagierte er und verordnet bis zum heutigen Tag widersprüchliche Maßnahmen. Aber gerade das Corona-Virus soll das Vertrauen in den Staat gestärkt haben? Dann „kam“ es ja gerade zur rechten Zeit!

… ich kürze es ab, weil das Alphabet lang ist und schließe ab mit Z wie Zuwanderung. Aufgabe des Staates wäre es, Zuwanderung zu steuern und dabei auch unsere Interessen zu wahren, und nicht nur die der Buntisten und Moralisten. Aber jeder, der das Wort Asyl aussprechen kann, wandert zu und nicht mehr weg. Und wer es an der Grenze nicht aussprechen kann, wird hergeholt. Das ist keine Aufgabe des Staates, die er gut zu erfüllen hat. Und so weiter und so fort.

Journalisten sind nur halb so angesehen wie Polizisten

Ich wollte diesen Artikel gerade beenden, da erreichte mich die Antwort von Forsa. Die Umfrage gab der Deutsche Beamtenbund in Auftrag. Die Intention ist mir klar: Die Umfrage sollte rechtzeitig vor den Tarifverhandlungen vorliegen und dessen Verhandlungsposition stärken mit der Aussage, „Deutschland kann Staat“ – was er den Beamten zu verdanken habe, die besser entlohnt werden müssen. Das verstehe ich als ehemaliger Gewerkschafter gut.

Aber die mir zugeschickte Rangfolge der Antworten zeigt etwas ganz anderes und höchst Interessantes, was die Medien unterschlugen: Ein schlechtes Zeugnis stellten die Befragten in den Bereichen Schul- und Bildungspolitik, Asyl- und Flüchtlingspolitik, Corona-Management und innere Sicherheit aus.

Und auch wer dafür verantwortlich gemacht wird, brachte die Umfrage zwar an den Tag, aber die Medien brachten es nicht unter die Leute. Die schlechtesten Noten erhielten die Landes- und Bundesministerien sowie die Sozial- und Arbeitsämter. Hat jemand etwas darüber gelesen?

Jetzt noch zum „Ansehen einzelner Berufsgruppen“: Die viel geschmähten Polizisten/innen haben mit 82 Prozent ein „sehr hohes Ansehen“. Nur halb so angesehen sind Journalisten – was für eine Überraschung! Aber immerhin ist deren Ansehen um zwei Prozentpunkte gestiegen, seit auch ich schreibe.

Hier gehts zur Original Umfrage.

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Leserpost

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Hansgeorg Voigt / 26.09.2020

Das Problem ist lediglich, dass diese Umfrageergebnisse Meinung machen. Wenn so viele der Meinung sind, dann wird das auch stimmen. Der Faktor betreutes Denken ist in Deutschland besonders ausgeprägt.

Rupert Reiger / 26.09.2020

Die journalistischen Gutmenschen wollen Huren der Politik sein, die für Geld alles machen, auf dass der Staat jetzt in Zeiten ihrer sinkenden Einnahmen ihre Versorgung regelt, so wie für die ÖR. Sie haben schließlich ja auch den selben demokratischen Auftrag und somit die selbe Begründung.

Hans Reinhardt / 26.09.2020

Dem kann ich mich nur anschließen: auch ich traue unserer Regierung mittlerweile ALLES zu!

Peter Holschke / 26.09.2020

Claro. Honecker war der bliebteste Politiker der DDR.  Laut ADN was die Bevölkerung 1989 so zufrieden wie nie zuvor, was sich in einer hohen Wahlbeteiligung und in der Abstimmung zeigte. Die Bevölkerungen jubelte der Staatsführung zu.

Bastian Kurth / 26.09.2020

Das ist doch ganz offensichtlich, oder? Der Staat, also unsere Regierung hat so ziemlich alles versaubeutelt, was zu versaubeuteln geht. Die Menschen sind über ihre Gesundheit und ihre Angst vor dem individuellen Tod leicht zu ködern. Warum lesen so viele z.B. die Apothekenrundschau, diese Hypochonderpostille? Warum werden “Gesundheitssendungen” so begierig im Dummfunk konsumiert? Und nun kommt da so ein angeblich ach so gefährliches Virus aus China daher und die Riege der Politik und der sogenannten “Experten” wittern ihre Chance um wie drittklassige Zauberkünstler eine Bedrohung aus dem Hut zu zaubern und sich zum “Retter” der Bevölkerung aufzuführen. Die Leute sind schwer beeindruckt und scharen sich um “Muttis” Schürze da sie ja Trost und Schutz bietet und somit in ihrer Beliebtheit ud Zustimmung steigt. Ich vergleche das mal mit dem “Schutzmatelmadonna-Effekt”. Nichts gegen die Hl. Jungfrau Maria, DIESEN Vergleich hat sie nun wirklich nicht verdient, er soll nur dem Effekt und dessen Wirkung dienen!

B. Oelsnitz / 26.09.2020

Dem Autor mein persönlicher Dank für die Beschreibung der Thematik. Am 21.09.2020 wurde in ‘Broders Spiegel: Woher kommen die Umfrage-Mehrheiten?’ gefragt. Meine Antwort lautete knapp und präzis: ‘Aus der Fragestellung!’ Ihr Beitrag scheint mir meine Einschätzung zu bestätigen.

Frances Johnson / 26.09.2020

Corona und Migranten: Es wäre desgleichen die Aufgabe eines funktionierenden Staates, Migranten, die in Risikogebiete mit wenig Lust an Ausgaben für RNA-Tests zum Familienurlaub fahren, schlüssig und in mehreren Sprachen zu erklären, dass sie eine Woche vor Schul- und Arbeitsbeginn wieder hier sein und sich dann eine Woche in Quarantäne begeben müssen, was bedeuten würde, vor dem Urlaub einen Wochenvorrat zu kaufen und einzufrieren und nicht gleich nach dem Heimaturlaub Kontakte zu pflegen. Es könnte dies transparent und logisch vermittelt werden, statt jeden Budenzauber auf Malle-Urlauber oder Tirolreisende zu schieben. Der Staat lässt sie rein und kümmert sich nicht um sie. Die Probleme werden auf uns abgewälzt, was in der Aussage gipfelt: “Nun sind sie halt da.” Daher wird zur Zeit vermutlich ein Risenbogen um sie gemacht, mehr als nur eine Armlänge. Übrigens ist mir nicht bekannt, dass auch nur ein Malle-Urlauber schwer erkrankt wäre. Daher wirkt der sog. Staat zuweilen hirnamputiert.

Harald Unger / 26.09.2020

Ein ganzes Land ist der Gnade und der Willkür einer einzigen Person ausgeliefert. Es gibt kein Regulativ mehr, das infrage zu stellen. - - - Der Preis für dieses Großversagen der Deutschen und Westeuropäer, gewogen und für zu leicht befunden zu sein, wird alles vorstellbare übertreffen. - - - Wir sind außerstande, die Monstrosität dessen zu erkennen, was sich hier abspielt. Wir wenden alle Energie auf, das Unvermeidliche auszublenden und versammeln uns hinter der schäbigen Simulation vorgegaukelter Wohlanständigkeit, hinter deren dünner Fassade der primitivste Zynismus herrscht. Wir plappern und plappern und plappern. Um bloß nicht in die Nähe der ursächlichen Mechanik zu kommen, deren Benennen gemieden wird wie die Pest. Weil wir sonst nicht einfach so weitermachen könnten, als handele es sich um vorübergehende Erscheinungen.

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