Henryk M. Broder / 02.03.2014 / 21:49 / 11 / Seite ausdrucken

NATO Alaaf und Helau!

Vorhin hab ich mit einem Auge die tagesschau gesehen, die im Wesentlichen aus Berichten und Lageanalysen zur Lage in der Ukraine bestand. Rollende Panzer, vermumte Soldaten, pro- und antirussische Demonstrationen. Und zwischendurch Männer in prächtigen Phantasieuniformen, mit Orden übersät wie die Generalität des Zaren. Ich wunderte mich ein wenig, dass heute schon über den Rosenmontag am Rhein berichtet wurde, der erst morgen ausbricht, bis ich merkte, die Männer in den prächtigen Phantasieuniformen waren nicht Angehörige der Blauen und der Roten Funken, der Prinzengarde, des Kölner Husaren-Korps und der Nippeser Bürgerwehr, sondern hochrangige NATO-Militärs, die zu einer außerordentlichen Tagung in Brüssel zusammen gekommen waren, um über Reaktionen auf das russische Vorgehen in der Ukraine zu beraten.

Ich hatte mich verguckt, aber nicht vertan. Genau genommen ist auch die NATO ein Karnevalsverein. Nicht allein wegen der Phantasieuniformen; vor allem deswegen, weil es keinen Unterschied macht, ob die Blauen Funken oder die Chefs der NATO zu einer Sitzung zusammen kommen. Vermutlich geht es bei der NATO närrischer zu. Ob aber die Blauen Funken oder die NATO-Bosse über “Sanktionen” gegen Russland beraten und was sie anschließend beschließen, läuft auf das Gleiche hinaus: Das reine Nichts.

Siehe auch:
In ignoring President Barack Obama’s Friday warning to keep out of Ukraine, Russia looks to be precipitating the greatest crisis in Russia-Western relations since at least the fall of the Berlin Wall. http://www.reuters.com/article/2014/03/02/us-ukraine-crisis-west-analysis-idUSBREA210G420140302?feedType=RSS&feedName=topNews

Es klang entschieden. „Was Russland derzeit in der Ukraine tut, verstößt gegen die Prinzipien der UN-Charta. Es bedroht den Frieden und die Sicherheit in Europa“, sagte Nato-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Sonntag vor einem Sondertreffen der Nato-Botschafter in Brüssel. http://www.berliner-zeitung.de/politik/krise-in-der-ukraine-hilflose-betriebsamkeit-der-nato-und-eu,10808018,26438344.html

Die aktuelle Konfrontationslage auf der Krim erinnert an frühere russische Militäreinsätze in Nachbarregionen. Ob Georgien, Transnistrien oder Tadschikistan: Für eine Intervention auf der ukrainischen Halbinsel gäbe es mehrere historische Vorbilder.
http://www.spiegel.de/politik/ausland/ukraine-russland-krise-russische-militaereinsaetze-in-nachbarstaaten-a-956483.html#ref=rss

Politiker warnen denn auch vor Sanktionen. Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion, Andreas Schockenhoff, sagte der „Welt“: „Wir sollten nicht aus der Hüfte mit irgendwelchen Sanktionen drohen.“ In Amerika sieht mancher die Lage ähnlich: Ein ehemaliger Sicherheitsberater des amerikanischen Präsidenten George Bush, James Jeffrey, sagte der „New York Times“: „Im Moment können wir nichts tun, um die Ukraine zu retten.“
http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/abhaengig-von-russland-der-westen-tut-sich-mit-sanktionen-schwer-12828074.html

Offiziell hat Russland noch gar nicht in den Konflikt auf der Krim eingegriffen und hält sich nur für den Fall bereit, dass Russen in Gefahr geraten. Trotzdem hat es die Auseinandersetzung praktisch schon gewonnen. Wenn Kiew die Halbinsel zurückgewinnen will, müsste es selbst zu den Waffen greifen – und das ist kaum zu erwarten. http://www.n-tv.de/politik/So-schuf-Russland-Fakten-auf-der-Krim-article12376691.html

Der russische Präsident habe den Vorschlag der Kanzlerin akzeptiert, umgehend eine sogenannte “Fact finding mission” sowie eine Kontaktgruppe, möglicherweise unter der Leitung der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), einzurichten, um einen politischen Dialog zu beginnen. http://www.heute.de/konflikt-in-der-ukraioe-scharfe-worte-aus-usa-und-anderen-laendern-aber-wenig-optionen-32174176.html

The top 20 spenders shelled out a combined $1.316 trillion on defense-related expenditures in 2013, with the United States making up just over 44 percent of that spending at $582.4 billion. http://www.ibtimes.com/global-defense-budget-seen-climbing-2014-first-total-increase-2009-russia-surpasses-britain-saudi

Und hier eine Stellungnahme des größten Außenpolitikers aller Zeiten, Elmar Brok aus Gütersloh:
Elmar Brok sieht die Machtspiele der Russen auf der Halbinsel Krim mit Sorge. Bewaffnete Soldaten halten dort die Flughäfen besetzt. Der Europaabgeordnete für den Kreis Gütersloh appellierte an die Autoritäten in der Ukraine sich nicht provozieren zu lassen. http://www.radioguetersloh.de/nachrichten/kreis-guetersloh/detail-ansicht/article/brok-verurteilt-aktionen-auf-der-krim.html

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Rudolf Stein / 03.03.2014

“Der Westen” funktioniert wie eine Horde Halbwüchsiger auf dem Schulhof oder im Dunklen in der engen Gasse: wenn man in der Überzahl ist, beginnt man die Klopperei (Kosovo/Serbien, Libyen). Wenn man in der Unterzahl ist, belässt man es bei vorsichtigen Gehässigkeiten. Oft aber bekommt man die Fresse poliert, weil man nicht gelernt hat,die Kräfteverhältnisse real einzuschätzen. Das ist gegenwärtig in der Ukraine der Fall. Aber selbst der dümmste Halbstarke würde nicht gegen denjenigen stänkern, der ihm das Taschengeld bezahlt. Was sich diejenigen “Politiker” gedacht haben, die fordern, Russland mit Sanktionen zu schikanieren und Konten im Ausland zu sperren, bleibt mir rätselhaft. Hat man denn nicht an das Taschengeld “Gas” gedacht? Allein die Vorstellung, der Ukraine den Gashahn zuzudrehen, lässt ein Szenario entstehen, das den Auszug der Zigeuner aus dem Balkan nach Westeuropa wie einen Betriebsausflug der VW-Werke erscheinen lässt, verglichen mit der Lawine, die sich aus der Masse der 43 Mio. Ukrainer gen EU in Bewegung setzen wird. In Verbindung mit dem Staatsbankrott der (West)ukraine ergäbe sich eine Situation, wo auch Westeuropa bald auf russisches Gas verzichten müsste, notgedrungenermaßen, wegen Geldmangel ...

Frank Mora / 03.03.2014

Auf nach München! Wo immer auf der Welt ein Russe wohnt und sich unterdrückt oder bedrängt fühlt, ist das Mutterland zuständig und der Russe wird, praktischerweise gleich mit seiner ganzen Stadt, “heim ins Reich” geholt.  Da wird nötigenfalls “zurückgeschossen”. “Auch mit bereits regulären Soldaten” mit und ohne Rangabzeichen.

Dirk Jäckel / 03.03.2014

Ich schätze Herrn B. zumeist als überaus scharfsinnigen Analytiker. Bin aber heilfroh, dass er keinerlei politische Macht hat. Und bin mir ziemlich sicher: er auch.

Matthias Schenzinger / 03.03.2014

Nachdem die Grünen so scharf darauf waren, israelische Produkte aus dem Westjordanland als solche im deutschen Handel zu kennzeichnen, darf man gespannt sein, ob es jetzt in den Gemeinden und Bezirken wo die Grünen sehr hohe Wahlergebnisse erzielt haben, einen nennenswerten Umsatzrückgang von Krimsekt geben wird…

Julius Großmann / 03.03.2014

Im Jahre 2010 hatte ich die Ukraine von Lemberg bis Yalta und von Odessa bis zur rumänischen Grenze mit meinem Fahrrad bereist. Noch heute ist die Grenze des Habsburger Reichs deutlich spürbar: Bis nach Czernowitz ist die Versorgungs- und Hotellage recht anständig, die Substanz noch nicht vollständig verlebt. Von der ehemaligen Grenzlinie bis zur Stadt Mykolaiv, prachtvoll am gewaltigen und wilden Dnepr gelegen,  ist Zelt und Kocher obligatorisch, die Auswahl in den kleinen Lebensmittelgeschäften minimalistisch, der Lebensstandard erbärmlich. Die Bewohner irren mit einer Kuh oder ein paar Hühnern zwischen Industrieruinen und verblichenen Arbeiterdenkmalen hin und her. Es ergibt sich für die EU kein ökonomisches Motiv für die Übernahme dieses zerrissenen Landes, dem es im Sinne der Jellinekschen Staatslehre am Staatsgebiet, Staatsvolk und neuerdings auch an Staatsgewalt fehlt. Man möchte lediglich näher an die Rohstoffe Russlands heranrücken. Nach dem Überfahren der Grenze zur “autonomen Republik” Krim fällt einem sofort der hohe Wohlstand der Bewohner auf. Endlich wieder gut sortierte Geschäfte, vielfach von jüdischen Armeniern oder islamischen Krimtartaren geführt.  Unweit von Simferopol erwartet den Besucher die Höhlenstadt Tschufut-Kale, eine Sehenswürdigkeit von Weltklasse mit zwei schönen Kennessen und allen touristischen Annehmlichkeiten. Man wähnt sich in einer “anderen” Ukraine. Die Abspaltung erscheint zwingend. Und wenn der Westen diese mit letzter Konsequenz verhindern will, so muß er Sewastopol nehmen. Erich von Manstein benötigte hierfür zwei Offensiven und rund 200.000 Soldaten.

Gerhard Sponsel Lemvig / 03.03.2014

Die GAZA-Flottille mit einen Sack voll abgelaufender Medikament an Bord nimmt nun doch nicht am Rosenmontagszug im goldigen Mainz teil.  Man ist, laut Aussage des hochdekorierten Deckoffiziers Norman Peach, Richtung Krim unterwegs.

Daniel Briner / 03.03.2014

Diese Mädchen würden gescheiter mit dem TüTü antraben - Brüsschele Alaaf

Daniel Eichholz / 03.03.2014

Die NATO reagiert genau richtig, wenn sie jetzt erstmal probiert, die Russen mit an den Tisch zu holen. Oder meinen sie, ein kleiner Militärschlag böte sich an? Oder schwere Sanktionen lösen das Problem? Wie sieht ihre Idee vom Eingreifen der NATO in dieser Sache aus?

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