Gastautor / 08.11.2011 / 08:30 / 0 / Seite ausdrucken

Morbus Ken

Von Christoph Spielberger

Der Radiomoderator Ken Jebsen ist ein besonders ekliger Fall von medialem Machtmissbrauch. Viele der jungen Hörer glaubten bestimmt den gequirlten Mist, den er seit zehn Jahren allwöchentlich aus sich herauspresste. Schande sei den Verantwortlichen beim RBB, die dem Ken ein Forum gaben.

Er selbst ist einer dieser Fälle, über den es sich eigentlich schon nicht mehr lohnt, sich aufzuregen. Sein Denken und sein Redestil sagen nur zu eindeutig, dass es sich bei ihm um einen Fall handelt. Seine Mischung aus: ich weiß besser, wie die Welt tickt, und bloß keine Pause machen sonst könnte sich noch ein Gedanke in den Redeschwall einschleichen, diese Mischung zeigt deutlich seine Pathologie. Was Familien- und Ergotherapeuten sagen: Kevin, das ist kein Name, sondern eine Diagnose, gilt für Ken um so mehr, als Kurzschluss so zu sagen. Morbus Ken. Ken lebt unter erschwerten Bedingungen: jeden Sonntag hat er nur vier Stunden Zeit, um aller Welt zu beweisen, dass er klüger ist als schön.

Ken möchte mit seinen Reden, wie in seinem Brief auf der Achse publiziert ( http://www.achgut.com/dadgdx/index.php/dadgd/article/ich_weis_wer_den_holocaust_als_pr_erfunden_hat/ )  nachzulesen,  nicht nur „geschichte selber neu schreiben“, sondern im Zuge dessen gleich eine neue Rechtschreibung etablieren. Groß- und Kleinschreibung, Kommasetzung, werden abgeschafft, freies Buchstabieren eingeführt, alles andere ist für den Ken wahrscheinlich reaktionär, das „verschanzen hinter geschichtlichen tatsachen.“

Der Ken offenbart hier etwas Interessantes: er ist ein Symptom, wie der US- amerikanische Kampfbegriff „the narrative“, die Geschichte als medial etablierte Nacherzählung, sich in die deutsche Medienwelt einnistet. Die Vergangenheit löst sich ab von Fakten und überlebt als das, was oft genug behauptet und von vielen nachgeredet wird. Es geht um Ideologie, nicht um Wahrheitssuche. Willkommen in Brandenburg.

Doch zurück zum Ken: wie bei ähnlichen Fällen eitler Selbstüberschätzung – Michel Friedmann, Günther Grass, Margot Käßmann, sollte man ihn so behandeln, wie es seinem Krankheitsbild entspricht und vor allem gut tut, denn andernfalls wird es immer schlimmer: nicht zu ernst nehmen und über ihn lachen. Mein Vorschlag ist es daher, eine besonders treffende Metapher für sein Wesen zu finden. Ein Bild, ein Lied, einen Vergleich, eine Redewendung.

Mir fällt zunächst, natürlich, wegen eklig, die berühmte „Mondo upchuck- Szene“ aus Team America” ein, auch weil Mondo und Ken sich ähnlich sehen (mit Ken- enigmatischem Schlussbild) Besser ist aber noch das sehr ernsthaft babbelnde Baby (Ken), im Autositz (Sendung), das von seinem Vater (RBB) ständig zum weiterbabbeln animiert wird und dem sehr gut nachkommt. Baby Ken.

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