Hannes Stein / 05.09.2010 / 20:20 / 0 / Seite ausdrucken

Mein Bekenntnis zum Islam

Verschiedene Leser dieses Blogs hätten gern eine Art Glaubensbekenntnis in Sachen Islam von mir, das ich selbstverständlich umgehend liefere. Voilà:

1. Beim Koran handelt es sich um ein brutales und – was vielleicht noch gravierender ist – sehr langweiliges Buch; die Hadithe, also die gesammelten Aussprüche des Propheten, sind allerdings noch schlimmer. Mohammed war ein pädophiler Räuberhauptmann mit einem entsetzlichen Mangel an Humor, der Visionen in einer Höhle hatte. Gleichzeitig scheint mir, dass die meisten Muslime nette Leute sind. Und ich muss akzeptieren, dass der Koran für sie in irgendeiner Hinsicht ein Leitfaden für eine gute, eine moralische Lebensführung ist. Kleines Beispiel: Die 220 Millionen Muslime in Indien sind nicht einmal durchgedreht, nachdem 1992 ein Mob von fanatischen Hindus in Gujarat 790 der Ihren – Männer, Frauen, Kinder – in Stücke gerissen hatte. Sie haben nicht zum Dschihad aufgerufen, keine Selbstmordanschläge verübt, sondern haben weiter ihre Steuern bezahlt und die Strafverfolgung den indischen Behörden überlassen. Dass Leute, die auf ein bescheuertes Buch schwören, trotzdem okay sein können, ist natürlich schwer zu verstehen – es sei denn, man hätte schon mal was mit Menschen zu tun gehabt, die zum Glück komplizierte und widersprüchliche Wesen sind.
2. Dass die arabischen Gesellschaften in einem grauenhaften Zustand sind – näheres darüber im „Arab Human Development Report“ von 2002 –, daran ist, glaube ich, der Islam eigentlich nur am Rande schuld. Viel verheerender ist der Umstand, dass die Staaten im Nahen Osten seit Menschengedenken von Diktatoren beherrscht werden (Diktaturen verblöden die ihnen Unterworfenen bekanntlich ungemein), ferner gibt es im Nahen Osten, wie wir von Gunnar Heinsohn gelernt haben, einen „youth bulge“: einen Überschuss an jungen, sexuell frustrierten Männern, die dann auch noch ökonomisch alimentiert werden, sei´s durch Petrodollars (Saudi-Arabien), sei´s durch die liebe gute Uno (Gazastreifen). Nebenbei: Warum hören wir eigentlich in letzter Zeit so wenig vom Westjordanland? Weil´s dort wirtschaftlich gar nicht so schlecht läuft und die Palästinenser das schreckliche Joch der israelischen Besatzung – pssssst! – ganz gern ertragen?
3. Dass die Europäer ein Problem mit ihren Muslimen haben, liegt meiner Ansicht nach ebenfalls nicht (nicht in erster Linie) am Islam. Ich fresse eine Moschee samt Minarettverbot, wenn die Mitglieder der türkischen und libanesischen Jugendbanden, die Neukölln unsicher machen, je auch nur eine Seite im Koran gelesen haben. Wahrscheinlich handelt es sich bei denen um strukturelle Analphabeten, die dazu gar nicht in der Lage wären. Das Problem mit den Muslimen ist, kurz gesagt, das Ergebnis eines außer Rand und Band geratenen Sozialstaates, der exakt jenes Elend zementiert, das er abschaffen möchte – allerdings betrifft das eben nicht nur die jungen Türken und Araber, von denen 40 Prozent keinen Schulabschluss schaffen. Es betrifft auch die Russlanddeutschen und andere Volksgenossen, zu deren Alimentierung ich, als ich noch in Deutschland lebte, einen Großteil meines Einkommens als Steuern abgedrückt habe.
Dass die Muslime in Europa eines Tages den Laden übernehmen, habe ich mal geglaubt, jetzt glaube ich, dass das statistischer Stuss ist: Die Geburtenraten der muslimischen Einwanderer passen sich schon nach kurzer Zeit jenen der Einheimischen an, sinken also rapide. John Maynard Keynes: „When the facts change, I change my mind. What do you do, sir?“
Amerika ist gewissermaßen die soziologische Gegenprobe zu Europa: Die meisten Muslime hier sind überdurchschnittlich gebildet, sie schicken ihre Kinder aufs College; mehr als zwei Drittel von ihnen identifizieren sich mit Amerika. Wer mehr darüber wissen will (so viel Reklame muss erlaubt sein), soll bitte mein neues Buch lesen.
4. Ich werde mich nie mit Leuten wie diesem blonden Strohkopf Geert Wilders oder seinen Kumpels von der Jobbik-Partei oder der FPÖ (zum Kotzen: immer gewesen, bleibt auch so) oder mit Slobodan Milosevic gemein machen. Auch keine taktischen Bündnisse. Jenes Phänomen, das Christopher Hitchsns “White Fright” getauft hat, nehme ich mit Ekel zur Kenntnis. Ich bin kein Islamversteher, ich bin auch kein Faschistenversteher. Ich war schon 1992 dafür, dass die Nato die eine oder andere Bombe auf Belgrad schmeißt, um die bosnischen Muslime vor dem Genozid zu retten, und wollte 1995, als Europa das Massaker von Srebrenica geschehen ließ, im Grunde nichts mehr mit der Alten Welt zu tun haben. In diesem Punkt bin ich zufällig immer noch meiner Meinung. Und ich halte den Genossen Wladimir Putin, der 20 Prozent der muslimischen Tschetschenen ausrotten ließ, für einen Verbrecher; ich wünsche ihm genauso den Tod wie Osama Bin Laden und Machmud Achmadingsbumsda in Teheran.
5. Ich war – das ist kein Geheimnis – für den Afghanistankrieg. Ich war für den Irakkrieg. Je ne regrette rien. Und ich fürchte (wie mein Kollege Richard Herzinger), dass Amerika seine Soldaten viel zu früh aus dem Irak abgezogen hat. Ich habe Angst, dass der Westen Afghanistan im Stich lassen wird und dass sich dann die Pforten der Hölle öffnen, die bekanntlich in Pakistan liegt. Ich glaube, dass nur noch ein Militärschlag die „Islamische Republik Iran“ davon abhalten kann, dass sie die Mittel zum Massenmord in ihre blutverschmierten Finger bekommt, und bin sehr froh, dass die Israelis schon mal üben.
Aber ich möchte hier auf etwas anderes aufmerksam machen: Wer allen Ernstes glaubt, dass der Islam an und für sich der Feind sind – wer denkt, dass 1,6 Milliarden Muslime auf keinen Fall, nach keinem denkbaren Szenario, in die liberale Moderne integriert werden können –, der hätte nach dem 11. September etwas ganz anderes befürworten müssen als den Einmarsch in Afghanistan (also die Befreiung der muslimischen Afghanen vom Talibanregime) und den Irakkrieg (die Befreiung der muslimischen Araber und Kurden im Irak von Saddam Hussein). Die Antwort auf den 11. September 2001 hätte dann sein müssen: eine Atombombe auf Mekka, eine Atombombe auf Medina, eine Atombombe auf die heilige Stadt Qom, der Abbruch der Beziehungen mit der islamischen Welt, die Ausweisung der Muslime aus allen westlichen Ländern. Wer Lust hat, möge sich - bitte schön! - solchen aus der Impotenz geborenen Wichsphantasien hingeben. 
6. Kurzum: Ich bleibe ein altmodischer kämpferischer Liberaler und werde auch auf meine alten Tage nicht zum konservativen Abendlandsverteidiger. Das christliche Abendland hat 1914 auf den Schlachtfeldern von Flandern Harakiri begangen und ist endgültig in den Öfen von Auschwitz krepiert. Wer glaubt, da sei noch etwas zu retten, hat meiner bescheidenen Meinung nach ein Rad ab.
7. Über das Buch von diesem Sarrazenen kann ich nichts sagen. Sorry, Leute, ich hab´s nicht gelesen. Und ich werde es auch nicht lesen, denn erst kommt noch mal Prousts „Recherche“ dran. Könnte es sein, dass diese nüchterne – und letztlich doch eher vernichtende – Rezension in der „NZZ“ Recht hat?

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