An diesem Beschneidungsdings werde ich mich nicht weiter beteiligen. Macht das in Deutschland untereinander aus, es geht mich nichts an.
Auch jenem geistig-moralischen Kretin, dessen lustige Zitat ich neulich verlinkt habe, werde ich nicht antworten.
Aber auf eines will ich doch hinweisen: Dieser Mensch spricht gleich am Anfang von 614 archaischen Gesetzen im Judentum. Nun koennte man sagen: Nicht mal zaehlen kann er. Oder: Wer so wenig Ahnung hat, sollte wirklich die Klappe halten. Aber das waeren billige rhetorische Siege. Denn hier der Mann einmal vollkommen Recht. Es sind wirklich 614 Gesetze, zumindest seit Auschwitz.
Das 614. Gesetz hat Emil Fackenheim festgeschrieben. Fackenheim wurde 1916 in Halle geboren, kam mit seinem juengeren Bruder ins KZ Sachsenhausen, floh, waehrend sein aelterer Bruder ermordet wurde, emigrierte nach Grossbritannien, wurde 1940 nach Kanada verschifft und dort interniert, war dann Reformrabbiner in Ontario und lehrte Philosophie an der Universitaet Toronto.
Das 614. Gesetz des Judentums lautet, wie Emil Fackenheim unter Berufung auf Elie Wiesel feststellt, wie folgt:
“Juden ist verboten, Hitler postume Siege zu bescheren. ES IST IHNEN GEBOTEN, ALS JUDEN ZU UEBERLEBEN, DAMIT DAS JUEDISCHE VOLK NICHT UNTERGEHT.”
Jener goettlichen “Stimme vom Sinai”, die den Juden die heiligen Zehn Gebote und die Torah gab, habe sich eine zweite Stimme hinzugesellt: die Stimme von Auschwitz. Und es sei absolut verboten (vor allem auch saekularen Juden), die eine Stimme gegen die andere auszuspielen.
Emil Fackenheim fuehrt aus: “Die ... Stimme von Auschwitz befiehlt den Juden ..., jede Spielart der Ansicht, dass das juedische Volk ein Anachronismus sei, als unertraeglich zurueckzuweisen—ganz gleich, ob es sich um christliche oder linke, nichtjuedische oder juedische Versionen dieser Ansicht handelt—, wenn doch jene Elemente der Welt, die Auschwitz begehen und zulassen, anachronistisch sind, und nicht die Juden.”
Das ist also das 614. Gebot nach Rabbi Emil L. Fackenheim: Juden muessen ueberleben, und zwar als Juden. Sie haben sich in Israel gegen ihre Feinde zu wehren, und sie muessen in der Diaspora auf ihrer Eigenart bestehen. Sie duerfen sich nicht unterkriegen lassen. Von niemandem und auf keine Art.
“Die Stimme von Auschwitz”, schreibt Rabbi Emil Fackenheim, “befiehlt den Juden, nicht verrueckt zu werden. Sie befiehlt ihnen, ihre herausgehobene Lage zu akzeptieren, sich ihren Widerspruechen zu stellen und sie auszuhalten. Ausserdem gibt sie ihnen die noetige Staerke, um durchzuhalten—die Kraft der geistigen Gesundheit. Der Jude von heute KANN durchhalten, denn er MUSS durchhalten; und er muss durchhalten, weil ihm BEFOHLEN ist durchzuhalten.”
Und mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen.