Was erklärt die fiebrige Leidenschaft, mit der die Wahl des Bundespräsidenten begleitet wird? Da ist zum einen die historisch bedingte Seelenlage der Deutschen, ihr Phantomschmerz, keinen „Führer“ mehr zu haben. Nicht, dass sie den Zielen und Mitteln Hitlers nachtrauerten, aber dessen Allmachtswahn, diese unstillbare Sehnsucht nach Größe, lebt fort. Deshalb wird das Amt des Bundespräsidenten mit Bedeutung überladen. Ihm wird Macht angedichtet, die er nicht hat. Aus der “Macht des Wortes” etwa wird ein Bohei gemacht, als wäre aus den vergangenen 60 Bundespräsidentschaftsjahren mehr in Erinnerung geblieben als Lübkes Tollpatschigkeiten, Weizsäckers 8.-Mai.-Bekenntnis und ein paar klägliche Ruckreden. http://www.tagesspiegel.de/meinung/kommentare/auf-den-punkt/Bundespraesident;art15890,2535750