Rainer Bonhorst / 05.05.2019 / 16:19 / Foto: Deutsche Fotothek / 28 / Seite ausdrucken

Lederhosen-Lieferfrist  bis 15 Jahre

Ach, wenn der Erich Honecker das noch hätte erleben können! Der Arme ist ja in dem Glauben dahingeschieden, dass der Sozialismus in seinem Lauf doch noch aufgehalten wurde, auch wenn weder Ochs noch Esel dafür verantwortlich waren. Und nun erleben wir Nachgeborenen, wie sein großer Traum wiederaufersteht. Junge Enteigner und Verstaatlicher bei der SPD und bei den Grünen. Und bei der Linken sowieso, nur trauen die sich nicht, das so laut zu sagen. Müssen sie ja auch nicht. Weiß ja sowieso jeder.

Von wegen Ende der Geschichte. Von wegen Sieg des kapitalistischen Westens über den sozialistischen Osten. Ein Gespenst geht wieder um in Deutschland oder genauer: mehrere Gespenster. Honeckers Wiedergänger in junger cooler Gestalt wollen dafür sorgen, dass den Sozialismus tatsächlich weder Ochs noch Esel aufhalten. Und schon gar nicht so absonderliche Phänomene wie Vernunft und Geschichtserfahrung.

Der irrige Eindruck, dass der deutsche Osten dem Westen beigetreten ist, verwischt sich. Ein realistischeres Zukunftsbild zeichnet sich ab, nämlich dass in Wahrheit der Westen dabei ist, dem Osten beizutreten. Die Zeit scheint reif für eine nie erreichte Volksfront aus USPD und KPD, nun aber in neuem, coolem Gewand und getragen von einer kraftstrotzenden Volkserzieherinnen-Partei. Das aktuellste realsozialistische Beispiel Venezuela übt offenbar eine wundersame Strahlkraft auf junge Schwärmer aus.

Soll ich schon mal ein paar Diesel- und Lebensmittelvorräte anlegen? Oder kann ich als alter weißer Mann und als Wahlbayer einfach auf Zeit spielen? In der Hoffnung, dass der Import venezolanischer Segnungen den Freistaat zuletzt erreicht? Und wenn, dann in abgemilderter Form? Alpines Kuba mit Audi und Lederhose? Wenn auch ohne BMW. Deren Verstaatlichung ist ja im nächsten Fünfjahresplan schon vorgesehen. Immerhin: Die Lederhosenproduktion wird wohl erst im zweiten oder dritten Schritt in Volkseigentum übergehen. 

Ach, Onkel Erich, du weiser Prophet

Da ich keine Lederhosen trage, werde ich damit zurecht kommen, wenn die Lederhosen-Lieferfrist dann zehn bis 15 Jahre betragen wird. Vielleicht wird es ja auch ein bayerisches Kuba mit Trabi und Wartburg werden. Warum sollte man nicht auf die bewährten Exempel staatlicher Kraftfahrzeugkunst zurückgreifen? Werden die Grünen dafür sorgen, dass es E-Trabis oder wenigstens Hybrid-Trabis sein werden? Das wollen wir hoffen. Der Beitrag des real existierenden Sozialismus zur Rettung unseres Klimas ist bisher ja eher schmal. 

Vielleicht sollte ich, anstatt auf Zeit zu spielen, doch lieber jetzt schon nach Italien auswandern, wo wenigstens ein offizieller Komiker die Politik mitbestimmt. Wo also nicht die Gefahr droht, dass unfreiwillige Komiker eines Tages Ernst machen.

Ach, Onkel Erich, du weiser Prophet im Spießergewand. Ich leiste Abbitte. Wie konnte ich nur an dir zweifeln. Wahrscheinlich war dein komischer Hut dafür verantwortlich, dass ich dich so unterschätzt habe. Man lernt nie aus. Auch im kleinsten Pepita-Muster kann ein großer Geist seine Wirkkraft entfalten und sogar noch posthum die Welt im Marxschen Sinne nicht nur beschreiben, sondern sie verändern. 

Foto: Deutsche Fotothek‎ CC BY-SA 3.0 de via Wikimedia Commons

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Margit Broetz / 05.05.2019

Bei aller berechtigten Kritik an der DDR und ihrem Sozialismus, dieses tägliche tot-Trampeln haben sie dann doch nicht verdient. Bedenkt man, von wo die DDR gestartet ist - nach dem Krieg haben die Russen, anders als das im Westen war, die meisten Maschinen usw. abtransportiert - hat der Sozialismus dort so schlecht nicht gewirkt. Die DDR-Bürger hatten zuletzt einen Lebensstandard, von dem ein Drittel der US-Amerikaner von heute wohl nur träumen könnten. Ähnliches war das im ebenfalls sozialistischen Jugoslawien. Daß man Stasi, SED und Staats-Unrecht nicht beschönigen sollte, ist eine andere Sache. Viele können Kapitalismus und Marktwirtschaft nicht unterscheiden. Und der Kevin, hat der von irgendwas eine Ahnung? Muß man den wirklich ernst nehmen? Schlimmer ist doch, wie viele das tun! Und was unser ach so viel besseres System betrifft, vergessen wir nicht, es sind auch die Interessen des Großkapitals, die uns die heutigen Zustände eingebrockt haben: offene Steueroasen für Konzerne, höchste Abgaben für Normalbürger und Mittelstand, unbewachte Grenzen, verfallende Infrastruktur, Armutsrenten und Bildungskatastrophe. Mal sehen ob dies veröffentlicht wird!

Sanne Weisner / 05.05.2019

Laut Lenin sollte Kommunismus ja aus der Addition von Kollektivierung und Elektrokraft gebildet werden. Der postmoderne Kommunismus des apokalyptischen Zeitalters lässt den nervigen Elektromist einfach weg und versucht es mit der Polpot’schen Version. Eine Lederhose ist für diesen Anlass aber das falsche Gewand, besser man orientiert sich für diesen Lebensabschnitt an den Look von Zombiefilmen oder Mad Max.

Thomas Schmidt / 05.05.2019

Es geht nicht um Sozialismus, es geht um Eroberung, und die Eroberer müssen ja irgendwo wohnen, wenn zeitweise mehr reingelassen werden als reinpassen, bei günstiger Gelegenheit. Und dieses Verhindern von Bevölkerungsschrumpfung um jeden Preis, als unangefochtener Agenda-Punkt Nr 1 im Westen, ist doch viel eher das Ziel der globalen Kapitalisten, denen sonst ihr Geld und Finanzsystem kollabieren würde.

Rico Martin / 05.05.2019

Nicht Honecker 2.0 ist das Problem. Der Nährboden auf dem dieser geistige Abfall fällt macht mir Sorgen. Das der sogenannte Wessi sich so ideologisieren lässt erschreckt mich. Na gut, Menschen lernen am besten durch Schmerzen.

Eckhard Fischer / 05.05.2019

Geschätzter Herr Bonhorst, ich hatte das alles schon mal ... “Man soll die Dinge nicht so tragisch nehmen, wie sie sind.” (Karl Valentin) Beste Grüße E. Fischer

Marc Blenk / 05.05.2019

Lieber Herr Bonhorst, der Sozialismus ist nun fast an sein Endziel gelangt, jedenfalls theoretisch. Aus dem dialektischen Materialismus wurde kurzum der dialektische Immaterialismus dekonstruiert. Von politischen Esotassen erfunden, bei Hanftee und Shisha. Alles was da ist muss weg. Der Rest des bisschen Kleinhirns wird dann in die Cloud gestellt, in den Nebel des Vergessens dessen also, was einmal Denken war. Wir alle werden ein Wesen, mit implantiertem Riesenchip. Ob da dann, in der Praxis, biologischer Landbau betrieben wird? (ach nö, viel zu anstrengend), oder lässt man das die Roboter machen? (na gut). Keiner dieser überhaupt nicht moralischen Weltretter hat irgendeinen Plan und tut ja auch nichts, außer natürlich Andersdenkenden den Mund zu verbieten, ansonsten alles in Dutt zu schmeißen, was einem nicht passt und von der arbeitenden Bevölkerung, die man verachtet, zu leben und ihr Verzicht zu predigen. Am besten wird nur noch geerntet, nichts mehr produziert, weil produzieren Scheiße ist. Der am Faschismus nuckelnde linksgrüne totalitäre Tugend - und Sollens - Terror ist eine einzige, komplett lächerliche Karikatur deutscher Romantik, ein politesoterischer Alptraum.

Jochen Korm / 05.05.2019

Ich kann darüber überhaupt nicht mehr lachen. Trotzdem viel Glück und beste Grüße in das im Großen und Ganzen (außer München) lebens- und liebenswerte Bayern.

Rupert Reiger / 05.05.2019

Vielleicht sollte man dem neuen „Großen Vorsitzenden“ (denn davon träumt er und das treibt, da muss man sich nichts vormachen) mal sagen: „Nichts ist so flüchtig wie Geld“ oder: „Würden Sie investieren, wo ihr Geld vor Enteignung nicht sicher ist? Ja was jetzt?“ Soviel zu: Man wird wohl noch darüber reden dürfen ... hör mal kleiner: Das reicht schon! Wie schon gesagt: Nichts auf dieser Welt ist flüchtiger als Geld, der Flucht von Investitionen jeglicher Art, von Kleinanlegern in Aktien, ausländischen Investitionen bis US Rentenfonds. Und wenn die Flucht einsetzt, gehts immer mit „Schwung“, das nennt sich Vertrauensverlust. Aber er hat nicht vor, eine Mauer zu bauen. Wie man es auch wendet, man kommt nicht drumherum: Es ist schon auch eine Sache der Intelligenz.

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