Wolfgang Röhl / 07.12.2008 / 17:51 / 0 / Seite ausdrucken

“Klimaneutral” reisen? Nej tak!

Bekanntlich will das Volk, nach einem Wort von Bert Brecht, nur selten tümlich sein. Selbst porentiefe Anstrengungen, ihm das Gehirn zu waschen, scheitern immer wieder am inneren Widerstand des Großen Lümmels. Der wagt zwar in aller Regel nicht gegen den Mainstream zu löcken, wenn das Thema auf „klimaschädliche“ Gase, von der Scholle kippende Eisbären oder absaufende Tropeninseln kommt. Aber glaubt er all das Zeug wirklich? Ein Lackmustest lässt daran zweifeln. Von 8000 Gästen, die der auf Kuba-Ferien spezialisierte Reiseveranstalter Aventoura 2007 auf Castros Knastinsel verfrachtete, nahmen ganze 47 das Angebot wahr, eine freiwillige „Klimaabgabe“ an die Ablasszettel-Sammelorganisation Atmosfair zu entrichten…

Dem Forum „anders reisen“, seit etlichen Jahren auf Touristikmessen mit allerlei Schaumthemen wie „nachhaltiger Tourismus“ präsent (freigehalten, übrigens, von den großen, für jede Alibiveranstaltung aufgeschlossenen Veranstaltern), ist das Desinteresse des reisenden Publikums an gutmenschlichen Aktivitäten herzlich wurscht. Immer bemüht, sich im Gespräch zu halten und die Dienstreisen der „anders reisen“-Funktionäre zu sichern, schlägt Forums-Chef Rolf Pfeifer vor, die Touristikveranstalter sollten sich doch bitteschön „von uns zertifizieren lassen“ - in Sachen Umwelt, Sozialverträglichkeit und so.

Womit er, so das Fachblatt „Fremdenverkehrswirtschaft“ maliziös, durchaus „keine offenen Türen einrennt“. Der Großveranstalter Rewe zum Beispiel (u.a. ITS, Jahn-Reisen und Tjaerreborg) hält sich mit den vom ihm angebotenen, überwiegend hoch modernen Hotelanlagen für umwelt- und sozialverträglicher aufgestellt als viele im Forum „anders reisen“ organisierte Nischenveranstalter, deren Gäste in manch ökologisch fragwürdigen Absteigen nächtigen.

Wer an die von Menschen gemachte Klimaerwärmung glaubt und CO2 für ihren Auslöser hält, könnte sich ohnehin nützlicher machen, als auf Messen vollmundige Sprüche zu klopfen. Ein ungeheures Potenzial für die Reduzierung des Ausstoßes von CO2 liegt in der schnellstmöglichen Schaffung einer einheitlichen europäischen Flugsicherung. Statt ihre Ziele direkt anzusteuern, kurven viele Flieger umwegreich durch den Luftraum zwischen Lissabon und Warschau, wo immer noch absurde Kleinstaaterei herrscht. „Es kann nicht sein, dass wir für den Umweltschutz ab 2012 mit der Einführung des Emissionshandels zur Kasse gebeten werden, die EU im Gegenzug aber frühestens 2018 den von allen geforderten Single European Sky realisiert“, schimpft der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Deutschen Fluggesellschaften (BDF), Michael Engel.

Aber von solch mühsamer Lobbyarbeit wollen selbst ernannte Weltretter zuallerletzt etwas wissen.

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