Rainer Bonhorst / 28.12.2020 / 06:25 / Foto: Dirk Maxeiner / 63 / Seite ausdrucken

In the Year 2025

Der Jahreswechsel naht. Man blickt zurück aber mehr noch in die Zukunft. Ins kommende Jahr und darüber hinaus. Meine Vorhersage ist bescheidener als die damalige des Folk-Duos Zager & Evans, die sich singend bis ins „Year 2525“ vorgewagt haben. Ich wage nur einen Blick aufs Jahr 2025. Und hier gleich ein schnelles Fazit zu meinem „Year twenty twenty-five“: Ob mit oder ohne Corona – die Staatswirtschaft und Staatskontrolle in ihrem Lauf halten weder Ochs noch Esel auf.

Das Corona-Virus trägt nicht allein die Schuld, ist aber der Motor des Wandels. Wir haben es im „year 2025“ inzwischen mit der Variante 5 des Covid-Virus zu tun. Die Impfstoffe rennen dem flexiblen Virus hinterher wie der Hase dem Igel. Ein Ende ist nicht abzusehen. Aber selbst wenn Corona die Puste ausgehen sollte: Das Virus hat uns gelehrt, dass in unserer dicht vernetzten und übervölkerten Welt eine neue Zucht und Ordnung gebraucht wird. Die Freiheit, die wir einst hatten und meinten, ist nicht mal mehr eine Sekundärtugend. Sie hat sich zum Feind Nummer eins eines disziplinierten, der Dauerkrise angepassten Zusammenlebens entwickelt. 

Eine kleine, aber sprechende Folge dieser Erkenntnis: Die FDP hat freiwillig auf das „Freie“ und das „Demokratische“ in ihrem Namen verzichtet und nennt sich inzwischen die Gelbe Partei Deutschlands (GPD). Kurz auch „die Gelben“. Und die CDU? Sie wird im Volksmund die „Alternativlose Union Deutschlands“ (AUD) genannt. Eine inoffizielle Absage an das veraltete und nicht mehr werbewirksame „Demokratische“. Aus Traditionsgründen lehnt die CDU bisher aber einen entsprechenden Namenswechsel ab. Die SPD befindet sich zu je einem Drittel in Fusionsverhandlungen mit der Linken, mit den Alternativlosen und mit den Grünen, die inzwischen inoffiziell die Grünlichen genannt werden. 

Aber das sind Äußerlichkeiten. Entscheidender ist die tiefer greifende ökonomisch-soziale Entwicklung. Hier zunächst ein Blick auf die gesellschaftliche Entwicklung. 

Die Vorstände werden von Staatskommissaren eingesetzt

Die vergangenen fünf Corona-Jahre haben gezeigt, dass den Menschen, so wie sie gestrickt sind, nicht zu trauen ist. Sie suchen bedenkenlos die Gesellschaft anderer Hominiden und verwandeln so unsere Städte und Dörfer in Hotspots. Wir haben es hier offensichtlich mit einer genetischen Fehlsteuerung zu tun. Der Mensch ist zum wandelnden Gefahrenherd geworden. 

Dem musste und muss von Staats wegen energisch und dauerhaft gegengesteuert werden kann. Ein zeitlich unbegrenzter Lockdown und drastische Strafen bei Zuwiderhandlungen haben sich als alternativlos erwiesen. Blockwarte, die Nachbarschaftsbeauftragte (NBs) heißen, müssen bei der Ordnungssicherung mithelfen. Kein Problem: In Deutschland gibt es reichlich Bewerber für diese ehrenamtliche Aufgabe. 

Um die neue Lebensform lückenlos durchzusetzen wird in Berlin über eine oppositionsfreie Gesamtkoalition nachgedacht. Denn der Staat hat alle Hände voll zu tun, um die gesellschaftlichen und vor allem die wirtschaftlichen Folgen des neuen Corona-Zeitalters in den Griff zu bekommen. Es geht ja nicht nur darum, den Menschen zu seinem Glück zu zwingen. Es geht um die Ökonomie. Oder um es mit Bill Clintons Wahlkämpfer James Carville zu sagen: „It's the economy, stupid!“ 

So alternativlos er ist: Durch den Dauer-Lockdown sind große, mittlere, kleine Unternehmen und Freischaffende massiv unter Druck geraten. Sie sind in der bisherigen Form nicht mehr überlebensfähig. Und eine Wirtschaft, die auf dem freien Markt nicht mehr gedeihen kann, muss nun mal vom Staat an die Hand, genauer: in die Hand genommen werden. Die einst unsichtbare Hand des Staates ist zum Träger der Wirtschaft geworden. Nur ein paar gallische Dörfer und einige Digital-Giganten sind der Ziel-Staatsquote von hundert Prozent entglitten. Alle anderen Unternehmen werden vom Staat finanziert, de facto gehören sie ihm. Die Vorstände werden von Staatskommissaren eingesetzt und beaufsichtigt, damit die Wohltaten, die der Staat nach oben und unten verteilen muss, nicht in unbefugten privaten Händen verschwinden. Es ist schwierig genug, das dafür notwendige Geld immer neu herbeizaubern. 

Einer Alchimie-Wirtschaft, die aus Blei Gold macht

Sollen wir von einer Houdini-Wirtschaft sprechen, da das Geld aus dem Hut gezaubert und von den Fesseln ökonomischer Gesetze befreit wird? Oder von einer Harry-Potter-Ökonomie, in der Ungläubige dumpfe Nuggels sind? Oder von einer Alchimie-Wirtschaft, die aus Blei Gold macht? Der Klassiker, die Voodoo-Wirtschaft passt noch, leidet aber ein bisschen unter den Spuren zu häufigen Gebrauchs.

Wie auch immer: Ein neuer Staatskapitalismus hält seine segensreiche Hand und sein Füllhorn über dem wirtschaftlichen Geschehen, bis hinein in die kleinsten Einheiten. Friseure und Fingernagelstudios, Gastwirte und Hoteliers, Sänger und Maler, Mittelständler und Konzern-Belegschaften haben sich in die Obhut der Politik begeben und sind Staatsangestellte geworden. Offiziell spricht man von Solidarwirtschaft. Ein paar greise Jusos vergangener Zeiten erinnern sich an das Kürzel Stamokap, das für Staatsmonopolkapitalismus stand. Hat das Virus wahr gemacht, was damals so heftig diskutiert wurde? Egal, wie man das Ding nennt: Dass der Staat rettet, was in Freiheit unrettbar verloren ginge, ist als alternativlos akzeptiert.

Im Übrigen sorgte das Virus nur für den fieberhaften ökonomischen Ausbruch einer freiheitsskeptischen Entwicklung, die gesellschaftlich längst eingeleitet war. Wie stets waren Universitäten die Vorreiter. Die Stätten des Geistes hatten sich schon seit Beginn der 2000er Jahre schrittweise vom Freien im Geiste verabschiedet. Sie entwickelten sich immer mehr zu geschützten Räumen, aus denen unwillkommene Gedanken und Menschen, die sie hegten und vortrugen, ausgeschlossen wurden. Das neue Lehr- und Lernziel war und ist das stromlinienförmig korrekte Denken. Querdenken, einst ein pädagogisches Leitmotiv, ist zum Unwort geworden. 

Hier wurde sozusagen das Virus vorweggenommen. Denn wie in der Covid-Krise so sah man auch an den Universitäten die Notwendigkeit, dem unübersichtlichen, zuweilen ärgerlichen und unkontrollierten Chaos der vergangenen Freiheits-Jahrhunderte ein neues Element der Ordnung entgegenzusetzen: die politisch korrekte Sprache als Ausdruck politisch korrekten Denkens. Nur so glaubten und glauben die Adepten der neuen Korrektheit, eine aus den Fugen geratene Welt wieder in den Griff zu bekommen. 

Corona und Correctness

Der Boden für eine Korrektur der freiheitlichen Fehlsteuerung war also bereitet, als Corona in unser Leben trat. Corona und Correctness sorgten gemeinsam dafür, dass das Prinzip Freiheit auch im Westen nach und nach als obsolet wahrgenommen wurde. 

Hilfreich war dabei auch die Wirtschaftsmacht China. Das Land der Mitte ist längst unsere unverzichtbare ökonomische Seidenstraße geworden und es lebt uns vor, wie gut eine Ökonomie des Wohlstandes ohne Freiheit funktionieren kann. Man kann also, wenn man so will, von einem doppelten Wandel durch Annäherung sprechen. Der wirtschaftlichen Annäherung an China folgte die Annäherung im Denken. Und auch dieser Wandel scheint alternativlos. Die chinesische Erfahrung lehrt, dass Freiheit als Störfaktor bei der Lösung großer Aufgaben durchaus in Schach gehalten werden kann. Kurz und gut: Von China lernen heißt siegen lernen.

Soweit diese Vorschau auf das Jahr 2025. Ist sie alternativlos? Nun, Vorhersagen sind schwierig, vor allem wenn sie die Zukunft betreffen. Das wusste schon Mark Twain oder Kurt Tucholsky oder Winston Churchill oder Yogi Berra. Vielleicht nimmt sich die Zukunft ja die Freiheit, einfach andere Wege zu gehen, und diese Vorschau wird im Rückblick als Satire entlarvt. 

Vielleicht hätte ich es lieber wie Zager and Evans machen sollen: eine Vorschau auf das „year 2525, if man is still alive“. Die wäre wegen des Zeitfaktors nicht zu widerlegen. Also alternativlos. 

Foto: Dirk Maxeiner

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Leserpost

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Paul Siemons / 28.12.2020

Wie, was, der Islam und seine Millionen fachkräftigen Söhne haben sich in Luft aufgelöst? Wer zahlt den dann unsere Renten?

s.andersson / 28.12.2020

Es wird Satire werden, wenn man überhaupt davon sprechen kann. Es gibt 2 Tage im Jahr an denen man nichts tun kann- gestern & morgen. Die die immer noch einen Polititischen Leithammeln/ in benötigen werden immer weniger. Es wird in Zukunft noch weniger interessieren was ein Kanzeler/ in sagt, meint oder will. Es braucht eine neue Ordnung ohne Menschen mit Macht & Geldgier. Auch die anderen “Eliten” werden ihren einfluss verlieren wenn die so weiter machen. Es gibt zwar noch die denkbeschränkten die jedem Aufruf folgen nur um mit dabei zu sein. Diese werden aber im zunehmendem Maße vom Volk ausgegrenzt. Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren das die ganze Aktion eher darauf abzielt einen Krieg auf einen neuen ebene zu führen um für einige wenige sehr große Vorteile zu erzielen oder ganz einfach wirtschaftlich ausgedrückt - die sich schon lange im Konkurs befindliche Welt(wirtschaft) neu zu ordnen.

Dr. Joachim Lucas / 28.12.2020

Phantastische Aussichten. Quasi ein staatliches wirtschaftspolitisches Perpetuum mobile oder konkreter: Wie ein Wirt, der sich immer frisch gedrucktes Geld leiht und es an seine Gäste verteilt, damit sie bei ihm saufen können. Heureka! Und alle haben Spaß. Wo ist da der Fehler?

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