Deutschland, verfolgt man die Medien, ist von einem neuen Untergang bedroht. Corona? Klimawandel? Ja, auch. Aber der aktuellste Untergang droht den Unionsparteien. Sie durchleben schreckliche Tage. Warum? Sie müssen wählen! Wählen zwischen zwei Kandidaten! Und das in zwei demokratischen Schwesterparteien. Dürfen die das überhaupt?
Wo bleibt unsere klassische demokratische Methode, wonach der gemeinsame Kanzlerkandidat von CDU und CSU im stillen Kämmerlein ausgekungelt wird? Und dass erst dann für alle sichtbar „gewählt“ wird, wenn nur noch einer oder eine übrig geblieben ist? Woraufhin sich alle, die Parteimitglieder und das Publikum, freuen über die schöne Einigkeit, die man erzielt hat.
Tja, das war die gute alte Zeit. Heute kommt mitten in der Corona- und der Klimakrise auch noch die Wahlkrise hinzu. Wohin man schaut, Entsetzen über das Chaos in der Union. Politischer Krach bei den Schwarzen, von dem nur die Grünen oder die Roten profitieren können. (Naja, die SPD hat längst verlernt, von irgendetwas zu profitieren.)
Sprachlos schaut die Wählerschaft zu, dass die armen Unionspolitiker sich nun tagelang überlegen müssen: Laschet oder Söder? Armin Laschet hat zwar mit einem Schnellschuss versucht, seinen Rivalen Markus Söder außer Gefecht zu setzen. Aber der Rheinländer musste feststellen, dass der fränkische Bayer eine schusssichere Weste trägt und weiter sehr lebendig zur Verfügung steht.
Das nahe Ende der Wahlqualen?
Und jetzt ist die Krise da. Es muss gewählt werden. Ob unsere Demokratie das aushält? Diese Qual der Wahl? Gleich zwei Kandidaten? Da kann einem ja schwindelig werden. Ja, schlimmer noch. In den Kulissen steckt noch ein dritter Kandidat und meldet sich ab und an zu Wort. Damit das Publikum merkt: Ach, den Friedrich Merz gibt es auch noch.
Aber bleiben wir realistisch. Zwei Kandidaten verursachen Kummer genug. Sie lösen ein regelrechtes Wahlfieber aus. Schüttelfrost und Magengrimmen. Untergangsängste. Stille Verzweiflung.
Hoffen wir, dass diese Wahlqualen bald vorüber sind. Einer muss gewinnen, der andere muss gute Miene zum bösen Spiel machen. Dann können wir alle aufatmen. Und wenn wir voll genesen sind, können wir uns wieder den anderen Krisen widmen.
Wie machen es eigentlich die anderen? Die Russen kommen ohne das ganze Theater aus. Und die Amerikaner? Die quälen sich vor aller Öffentlichkeit mit monatelangen Vorwahlen herum. Da kann jeder sehen, wer was ist, will oder kann. Bruder- und Schwesterkampf vor einem Millionenpublikum. Ein ganzes Dutzend Bewerber für eine Partei! Da fragt man sich: Wie halten die das nur aus? So viel Demokratie! Wo uns schon ganz ganz flau wird, wenn sich zwei Kandidaten ein paar Tage lang Konkurrenz machen.
Wir Deutschen sind da einfach sensibler. Bitte kein Rock'n'Roll! Wir tanzen lieber Tango bei zärtlicher Musik, wie 1955 Peter Alexander so schön sang. Das Problem mit der Demokratie ist, dass sie weh tun kann. Dass sie richtig rau sein kann. Rock'n'Roll eben. Da tritt man sich schon mal auf die Füße. Zärtliche Musik ist auch schön. Aber da besteht die Gefahr, dass einem die Füße einschlafen.
Wir haben die Wahl.