Rainer Bonhorst / 28.06.2011 / 07:56 / 0 / Seite ausdrucken

Herr und Hund

Große Autoren haben sich über Tiere geäußert. Thomas Mann hat die Beziehung von Herr und Hund beschrieben. Günther Grass hat es in seinen Romanen ständig mit Tieren, ob Katz und Maus, Rättin oder Butt. Es gibt Hasenromane und Schafkrimis. Als langjähriger Katzen-Mitbewohner und häufiger Besucher von Hundehaushalten will ich auch einen bescheidenen Beitrag zum Tier- und Menschenleben wagen.
Das Thema ist nicht unheikel. Darum beginne ich mit einer einfachen und wenig umstrittenen, aber wichtigen Aussage: Hunde können sehr, sehr viel größer werden als Hauskatzen.
Hinzu kommt: Wer eine Katze beleidigt, muss im allgemeinen nur mit Seelenschmerz rechnen, indem sie, die Katze, den Beleidiger noch mehr als ohnehin üblich ignoriert.  Unmutsbekundungen eines Hundes zielen nicht immer nur auf das Seelische ab, was bei einem großen Tier sehr unangenehm sein kann. Deshalb habe ich in meinen wilden Jogger-Jahren gern einen Bogen um des Menschen besten Freund gemacht. Ich war mir nie sicher, ob er auch mein bester Freund sein würde.
Und jetzt habe ich einige Tage in einem Haushalt mit einem Hund verbracht, der nicht nur sehr, sehr groß ist, sondern in einigen Bundesländern, auch in Bayern, als Kampfhund eingestuft wird. Das bedeutet: Ausgang nur mit Maulkorb. Doch Anatra, dieser mächtige italienische Hütehund (cane corso) ist der liebste, gelassenste und bravste Hund, dem ich joggend, stehend oder sitzend je begegnet bin.
Anatra steht – je nach Menschengröße - bauch- bis brusthoch vor einem. Ihr Kopf hat ein Volumen, wie es nicht jeder Kalbskopf aufweist. Das kann verstörend wirken. Aber dann ist da ihr Blick: freundlich, melancholisch, von vornehmer Ruhe, aber nicht hochmütig, wie es gelegentlich Katzenart ist, sondern entwaffnend treuherzig. Warum ist dieses prächtige Großtier so gelassen, so gutmütig, so gehorsam? Weil Anatra mit Güte, aber fester Hand und konsequent, also artgerecht, erzogen wurde.
Nicht jeder große Hund ist so lieb wie Anatra. Aber wenn so ein Tier Probleme macht, dann ist fast immer der Mensch am anderen Ende der Leine das eigentliche Problem. Kein Tier wird als kämpfender Zuhälterhund geboren. Darum fände ich es ganz passend, wenn man nicht nur dem gefährlichen Hund sondern auch dem Menschen, der ihn bissig gemacht hat, einen Maulkorb umbinden und ihn an die Leine legen würde. 
Nun gut. Mit Katzen hat man solche Probleme nicht, dafür aber andere. Wer zum Beispiel ein Buch mit dem Titel „Herr und Katze“ schreiben wollte, würde scheitern, selbst wenn er Thomas Mann hieße. Darum sieht man die ganz großen Katzen auch so selten als Haustier.

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