Felix Perrefort / 21.02.2023 / 12:00 / Foto: Imago / 55 / Seite ausdrucken

Das unterschlagene zehnte Opfer

Regierungsvertreter unterschlagen ein Opfer des Blutbads in Hanau, weil es nicht ins Weltbild passt. Den Dammbruch solcher Willkür im Umgang mit der Wahrheit gab es 2018, als Hetzjagden in Chemnitz erfunden wurden.

Am Sonntag wiederholte sich der Jahrestag eines Blutbads in Hanau, bei dem der Psychotiker Tobias Rathjen zehn Menschen umbrachte, neun von ihnen mit Migrationshintergrund sowie seine 72-jährige, bettlägerige Mutter. Doch Justizminister Marco Buschmann, die Vize-Präsidentin des Bundestags Katrin Göring-Eckardt und der Opferbeauftragte Pascal Kober behaupten, es wären nur neun gewesen (siehe hier, hier und hier) – offenbar, weil sich das zehnte Opfer nicht mit Rassismus in Verbindung bringen lässt. Obwohl damals schnell klar wurde, dass Rathjen kein organisierter Rechtsextremer war, sondern unter einer wahnhaften Schizophrenie litt, in die er rassistische Ideologiefragmente integrierte, er im Falle des Überlebens der Tat wohl für schuldunfähig erklärt worden wäre, hielt das Politik und Medien nicht davon ab, aus dem Massenmord Kapital zu schlagen. Das geht so weit, die Ermordung eines der Opfer wahrheitswidrig einfach auszublenden und ihm das Gedenken zu verweigern. 

Als es im Jahr 2018 unter der Regierung Merkel zu Demonstrationen nach dem Mord an einem Deutschen durch Migranten in Chemnitz kam, bestritt der damalige Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen die regierungsoffizielle Verlautbarung, der zufolge es „Hetzjagden“ gegeben habe. Seine Kritiker hielten dagegen, dass es auf solche semantischen Spitzfindigkeiten ja wohl nicht ankäme, ein paar ausländerfeindliche Vorfälle wären schließlich unbestreitbar. Dies sei das Entscheidende; ob es eine Hetzjagd – also das Jagen von Menschen über einen längeren Zeitraum – im genuinen Wortsinn gegeben habe, wäre demgegenüber nachrangig. Rückblickend rächt sich solcherart Nachsicht gegenüber der Regierung im Umgang mit Tatsachen, der seitdem noch willkürlicher und ungenierter wurde.

Am 21. Dezember 2021 sagte Bundeskanzler Olaf Scholz auf der Pressekonferenz nach dem Bund-Länder-Treffen: „Fast 60 Millionen Deutsche sind inzwischen fast vollständig geimpft, ohne dass wir von schwerwiegenden Nebenwirkungen und langfristigen Einschränkungen erfahren hätten.“ (ab 42:15 Min). Der damalige Sicherheitsbericht des Paul-Ehrlich-Institut widerspricht dem auf den ersten Blick. So heißt es darin gleich am Anfang: „Zu den bekannten, sehr seltenen Nebenwirkungen der mRNA-Impfstoffe zählen Myokarditis und Perikarditis, wobei insbesondere junge Männer sowie männliche Kinder und Jugendliche nach der zweiten Impfung betroffen sind.“ Wie kann es sein, dass der Bundeskanzler eine ins Auge springende Unwahrheit propagiert, um Risiken zu verharmlosen? Warum wird ihm das nicht zum Verhängnis? Wieso war das kein Skandal? 

Regierung kam mit Fake News durch

Ein weiteres frappierendes Beispiel aus jüngerer Vergangenheit für politisch motiviertes Zurechtpressen der Wirklichkeit: Anlässlich des Tages der Befreiung von Auschwitz brachte die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Ferda Ataman, es fertig, in der Pressemitteilung für die Gedenkveranstaltung im Bundestag die Juden unerwähnt zu lassen. Der Fokus wurde auf „queere“ Menschen gelegt, eine Kategorie, die damals nicht einmal existierte. Die Schauspielerin Maren Kroymann hielt im Bundestag eine Rede über die lesbische Jüdin Mary Pünjer, die 1942 in der Tötungsanstalt Bernburg ermordet wurde. Obwohl es im NS keine systematische Verfolgung weiblicher Homosexualität gab, führt sie den Mord in erster Linie auf ihr Lesbischsein zurück und insinuiert, dass ihr Judentum dabei keine entscheidende Rolle gespielt hätte. Der Historiker Alexander Zinn kritisierte: „Doch auch wenn sie in einer Lesbenkneipe verhaftet worden sein sollte, ist es wenig wahrscheinlich, dass sie aufgrund ihres Lesbischseins verhaftet und deportiert wurde – sonst hätte dies auch Hunderte andere Lesben betroffen.“ Für ihn ist sie „ein gutes Beispiel für die verbreitete Neigung, historische Fakten zugunsten einer queeren Gedenkkultur zu verbiegen.“

Zurück zu Chemnitz: Angeklagt für den Mord an Daniel H. waren der Syrer Alaa S. und der Iraker Farhad A, beides Asylbewerber. Nach letzterem wird bis heute international gefahndet; ersterer ist zu neuneinhalb Jahren Haft rechtskräftig verurteilt worden. Das Asylgesuch des Irakers war zum Tatzeitpunkt obendrein abgelehnt, den Behörden war er aufgrund zahlreicher Delikte bekannt. Statt um Kontrollverluste in der Migrationspolitik ging es dann jedoch um angebliche Hetzjagden gegen Ausländer. „Solche Zusammenrottungen, Hetzjagden auf Menschen anderen Aussehens, anderer Herkunft, oder den Versuch, Hass auf den Straßen zu verbreiten, das nehmen wir nicht hin“, so der frühere Regierungssprecher Steffen Seibert. Die Bundesregierung hatte objektiv ein Interesse daran, Fremdenfeindlichkeit propagandistisch bis zu angeblicher Pogromstimmung aufzubauschen, um in den Hintergrund treten zu lassen, dass mit einer umsichtigen Migrationspolitik Daniel H. noch am Leben sein könnte. Sie kam mit ihren „Fake News“ durch, Maaßen hingegen wurde nie rehabilitiert. Noch heute stellt sich Phoenix-Moderator Thomas Bade hin und unterstellt irreführend, er hätte rechtsextreme Ausschreitungen in Zweifel gezogen, um seine Entlassung vom Amt des Verfassungsschutz-Präsidenten nachträglich zu legitimieren.

Mit wahrheitswidrigen Behauptungen politisch genehme Stimmung zu erzeugen, hat sich seit Chemnitz, das ein Dammbruch war, normalisiert. Heute werden Arzneimittel im Widerspruch selbst zu den Erkenntnissen eigener Behörden als nebenwirkungsfrei propagiert oder lassen Regierungsvertreter ein Opfer einfach unter den Tisch fallen, als wäre sein Leben nichts wert gewesen.

Daher ging es bei den „Hetzjagden“ nie um sprachliche Haarspalterei, sondern um staatliche Willkür im Umgang mit der Wahrheit. Darum war es so wichtig, Regierungsvertreter beim Wort zu nehmen, für Maaßen Partei zu ergreifen und darauf zu beharren, dass behauptete Sachverhalte in Regierungsverlautbarungen gegeben sind oder – im Fall von Propaganda – eben nicht. Je mehr man der Regierung durchgehen lässt, desto ungenierter wird sie bei der Durchsetzung ihrer Linie vorgehen.

 

Lesen Sie mehr zum Attentat von Hanau auf Achgut.com von Wolfgang Meins, Neuropsychologe, Arzt für Psychiatrie und Neurologie, Geriater und apl. Professor für Psychiatrie.

12.07.2022: Der Eiertanz des Gutachters.

08.03.2022: Das Narrativ wackelt, aber hält

07.08.2021: Die Krankheiten der Attentäter von Würzburg und Hanau.

18.02.2021: Indubio Folge 102 – Hanau und das Schweigen der Psychiater.

21.02.2020: Der Täter von Hanau – eine Diagnose.

Foto: Imago

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Ilona Grimm / 21.02.2023

Ich rate allen Linksgrünbunten, sich die rechte Hand und den rechten Fuß abschlagen zu lassen (Fachleute sind in ausreichender Zahl im Land!), damit sie nicht aus Versehen zu rechten Tätern werden oder in die falsche Richtung marschieren. Am besten wäre natürlich, die rechte Hirnhälfte zerstückeln und absaugen zu lassen (wie bei einer Abtreibung). „Linkshirnig“ sind diese Leute allerdings auch nicht, sonst hätten sie nicht gar so viel Pech beim Denken. - - - Ja, manchmal habe ich böse Gedanken…

Johannes Schumann / 21.02.2023

Schon übel, wie ein Amok-Lauf eines psychisch Kranken zu einem geplanten rechtsextremen Anschlag umgedichtet wird. Ich lese mir gerade den Wikipedia-Artikel darüber durch. Darin heißt es: “Rathjen erschoss elf Menschen, acht davon mit Migrationshintergrund, eine deutsche Romni, seine Mutter und schließlich sich selbst.” - Das heißt, die Romni zählt nicht zu den Menschen mit Migrationshintergrund, während Ali und Mehmet, wo schon die Eltern hier geboren und aufgewachsen sind, immer noch zu den Mihigrus gezählt werden. Interessant: Alles was auf psychische Erkrankung hinweist, ist sehr konkret und ist verbürgt. Was auf ein rassistisches oder fremdenfeindliches Weltbild hinweist, ist jedoch nicht verbürgt, sondern kann sich irgendwer ausgedacht haben, z. B. dass Rathjen schon als junger Angestellter die Nationalmannschaft wegen der Ausländer abgelehnt hätte. Dennoch wird letzteres viel wichtiger genommen. Das Erschießen der Mutter und der anschließende Suizid sprechen ja auch für eine Amok-Tat.

Thomin Weller / 21.02.2023

@Ilona Grimm Die Wahren, wahren Christen? Meinen Sie damit den katholische Militärbischof Walter Mixa der vom mazedonischen Zoll mit rund 400000 Mark Schwarzgeld 2002 erwischt und vermutlich die Truppe illegal verließ? Kennen Sie das 11. Gebot “Du sollst deinen Kirchtag selbst bezahlen”? Die Aktive mit Waffengewalt Missionierung der Welt und aller Menschen ist und bleibt aktiver Bestandteil. Und “willst du nicht mein Anhänger, Konsument sein, schlag ich dir den Schädel ein” wird tagtäglich intolerant ausgelebt. Wer kein Sand oder Holzkreuz in den Augen hat, sollte es erkennen können. Und genau das ist das Thema hier. Wie eine kleine Gruppe selbsternannter Heiliger bestimmte Inhalte für sich vereinnahmt, instrumentalisiert “Das unterschlagene zehnte Opfer”. Die wahnhaften Schizophrenie kann ich einzig in der Reichsregierung erkennen. Durch den Plenarsaal sollten einmal Drogenspürhunde laufen.

Chris Groll / 21.02.2023

Bei unseren Medien (80% sympathisieren nach eigenen Aussagen zu grün/rot) und Politikern gibt es gute und schlechte Täter. Gute Täter sind Linke, LBQ*** und Zugereiste, Schlechte Täter sind eben Menschen ohne Migrantionshintergrund. Sogar die Urteile der Gerichte fallen dementsprechend aus. Nur solange sich keine Widerstand regt, kaum jemand aufmuckt oder sich wehrt, wird immer weiter gelogen und betrogen. „Eine Lüge wird nicht zur Wahrheit, Falsches wird nicht richtig und das Böse wird nicht gut, nur weil es von einer Mehrheit akzeptiert wird.“

Didi Hieronymus Hellbeck / 21.02.2023

Es gibt “sone und sone” Täter/Opfer. Beispiel: kürzlich sind vor einer Disco in Trier Polizisten “von einer Gruppe von bis zu 40 Angreifern mit Glasflaschen, Holzstöcken und Schaufeln angegangen” worden (Öffi-Meldung). Im RPR1-Radio hieß es, dass es sich bei den bislang Festgenommenen und Verdächtigen um “deutsche Staatsbürger” handle. Wir wissen natürlich, wie das zu verstehen ist. Der Depp, der sich die Öffi-Meldungen, die Tagesschau oder RPR1-Radio (Rheinland-Pfalz-Radio) reinzieht, versteht das aber im grünlich gewünschten Sinne. Allerdings zeigen sich in der solchermaßen auf verschiedenen Ebenen zurechtgeschwurbelten “Realität” zunehmend Risse. Zum Beispiel dürften derzeit im badischen Lörrach einige Tagesschau-Schauer zugleich ziemlich dumm aus der Wäsche schauen: “It’s the reality, Stupid!” Köstlich dürfte es werden, wenn die Mitläufer der sog. Antifa - sind auch in Hanau aktiv - von “deutschen Staatsbürgern” aus innerstädtischen Quartieren ausgesiedelt werden sollen. Wird bestimmt ein Event - und die “deutschen Staatsbürger” werden aufgrund besserer Organisation und Durchschlagskraft im Kampf um angemessenen Wohnraum wohl obsiegen. Die Zukunft: Hanaus Innenstadt fest in der Hand “deutscher Staatsbürger”....

Johannes Hoffmann / 21.02.2023

K.G.E. ist so blöd, daß sich jede weiter Erörterung nicht lohnt. Aber Herr Buschmann als Justizminister erweist sich menschlich als erbärmliches, kleines Arschloch. Sie dürfen das ruhig drucken, ich werde das vor jedem Gericht dieser Welt wiederholen - falls er sich traut gegen mich vorzugehen.

Ilona Grimm / 21.02.2023

@Thomin Weller à propos Pascal Kober: Wenn ich solche Leute erlebe, wundert es mich nicht, dass so viele Menschen, die vom wahren Christentum nichts wissen, vom Christentum angewidert sind. Leider sind auch unter den „ganz normalen“ Christen Kriegstreiber anzutreffen, die einen dritten Weltkrieg anscheinend kaum erwarten können, und solche, die in Putin „Gog aus Magog“ zu erkennen glauben. Wenn ich auf meinem Globus von Jerusalem aus mit dem Finger am Längengrad entlang nach Norden wandere, dann lande ich in der Ukraine. Und deren Präsident ist meiner bescheidenen Erkenntnis nach der geeignetere Kandidat, zumal er Unterstützer im gesamten Westen hinter sich vereinigt hat.!

Ludwig Luhmann / 21.02.2023

Coudenhove-Kalergi, “Praktischer Idealismus”:” (...) Die eurasisch-negroide Zukunfts- rasse, äußerlich der altägyptischen ähnlich, wird die Vielfalt der Völker durch eine Vielfalt der Persönlich- keiten ersetzen. Denn nach den Vererbungsgesetzen wächst mit der Verschiedenheit der Vorfahren die Ver- schiedenheit, mit der Einförmigkeit der Vorfahren die Einförmigkeit der Nachkommen. In Inzuchtfamilien gleicht ein Kind dem anderen: denn alle repräsentieren den einen gemeinsamen Familientypus. In Mischlings- familien unterscheiden sich die Kinder stärker vonein- ander: jedes bildet eine neuartige Variation der diver- gierenden elterlichen und vorelterlichen Elemente (...)”. -  Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde 2010 mit dem “Europapreis” der “Coudenhove-Kalergi Stiftung” ausgezeichnet. Ich vermute, dass Schäubles Angst vor deutschen Inzuchfamilien durch Kalergi inspiriert wurde. - Kalergis Rassistenschmiererei kann man auf archive org kostenlos herunterladen.

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