“Er” hat in seinem Leben nicht geraucht und nicht getrunken. “Er” ernährte sich vegan und verzichtete auf Zucker, Salz und Schokolade. Sonntägliche Höhepunkte waren Tofuklöpse an Sojamilchsößchen. Auch beim Sex war er ausgesprochen zurückhaltend. Zur Strafe ist “er” 100 Jahre alt geworden.
Es gibt einen alten Witz zum Thema: Kommt ein Mann zum Arzt und sagt. “Herr Doktor helfen Sie mir, ich will hundert Jahre alt werden!” Fragt der Arzt “Rauchen Sie?”, “Nein, Rauchen ist des Teufels!” “Trinken Sie?”, “Nein,, Alkohol ist des Teufels!” “Haben Sie es mit den Frauen?” ,“Nein! Frauen sind des Teufels!” da sagt der Arzt erstaunt “Ja warum wollen sie dann 100 werden?”
Es ist schon schizophren zu nennen, wenn Leute, die in den Siebziger Jahren gegen den Mief der Eltern auf die Strasse gingen, jetzt alles begeistert mitmachen, was ihnen aufgezwungen wird. Ich glaube immer noch, dass das Rauchverbot nur der Versuch war, wie weit gegangen werden kann. Um die Gesundheit ging es den Erfindern mit Sicherheit am wenigsten. Wie sonst kann es sein, dass selbst Diktaturen wie Russland da mitmachen.
Lieber Herr Zydatiss, vielen Dank für den Literaturhinweis. Obwohl ich mich durchaus auch für medizinische und heilpraktische Themen interessiere, war mir immer schon klar, dass die Gesundheit dem Menschen zu dienen habe und nicht umgekehrt. Gesundheit selbst hat viel mit Freiheit zu tun. Ein unfreier Mensch ist niemals gesund. Ihm ist mit der Freiheit das wichtigste verloren gegangen. Der Neopuritanismus ist mehr als politisch verdächtig. Er bedeutet den Niedergang des souveränen Subjektes, der eigentliche Träger der Freiheit und Garant wie Mittelpunkt der Demokratie. Der souveräne Bürger soll entmündigt werden, lautet das Programm. Und das geschieht unter anderem durch seine Infantilisierung. Er wird als eigentlich Erwachsener zum Objekt rousseauscher Erziehungskonzepte. Allerdings nur, solange er spurt. Leistet er Widerstand, wird die Strenge auch mal erbarmungslos. Der Bürger ist mit seinem Willen nicht mehr das Maß der Dinge, sondern seine ‘Fähigkeiten’ in Sachen Einsicht und Unterordnung. Man dringt in ihn, sein schlechtes Gewissen herausfordernd, damit er es vermöge, den neuen Menschen zu repräsentieren. Um den geht es, nicht um die Freiheit des Souveräns. Er muss funktionieren. Ökonomisch wie politisch.
Über diesen Beitrag bin ich sehr geteilter Meinung. Auch ich hasse die überbordende Gängelung durch das System. Die andere Seite ist die Frage des guten Lebens. Ist das tatsächlich gutes Leben, wenn man zu jeder Mahlzeit ca. 10 Pillen zu sich nehmen muss, um den Blutdruck, die Arterienverkalkung und den Blutzucker in Schach zu halten und ständig Angst vor dem nächsten Herzinfarkt oder Schlaganfall haben muss. Oder wenn die Gelenke entweder vom überzogenen Sport oder vom Körpergewicht futsch sind. Jeder Wald- und Wiesenarzt kann ein Lied über die Unvernunft des Ernährungs- und Genussverhaltens der Masse singen. Lungenkrebs und andere selbstverschuldete Krebserkrankungen gehören dazu. Ich bin prinzipiell dagegen, mit meinen Steuern und sonstigen Abgaben die Unvernunft und die Süchte anderer zu bezahlen, sei es auf dem Gebiet der Politik oder der Lebensführung. Mit Sicherheit liegt die Wahrheit wie so oft in der Mitte. Das wussten schon die Ärzte des Altertums. Ohne Genuss und Genießer wäre das Leben langweilig. Man muss beides, den Genuss und die Gängelung, nicht übertreiben. Dass erwachsene Menschen wissen würden, was gut für sie ist, halte ich für einen Witz, wenn diese Aussage am Alter festgemacht wird. Dann hätten wir wohl keine Angela Merkel in Dauerregierung und ganz andere Mehrheitsverhältnisse im Bundestag. Klingt vielleicht diktatorisch, aber die Diktator der Vernunft ist mir jedenfalls lieber als die Diktatur des offensichtlichen Irrsinns.
Der Artikel ist eine sehr instruktive Zusammenschau zur Krise der herrschenden Eliten. Mein Blick blieb sehr stark an dem Begriff der “Kümmerer” hängen, den ich vor allem aus der (linken) Literatur zur Rechtsextremismusforschung kenne. Dort versuchen Rechtsextreme sich als sorgende, die Probleme des normalen Bürgers ernst nehmende Politiker zu zeigen, um im politischen Diskurs anschlussfähig zu werden. Der Mechanismus, den herrschenden Eliten für sich zunutze machen wollen, ist der selbe. Wenn man keine realen Möglichkeiten mehr hat, dem Volk echte Wohltaten zukommen zu lassen, muss man es wenigstens glauben machen, man täte etwas für es. Das ist das Ergebnis, wie es richtig dargestellt wurde, des Abtretens von immer mehr Kompetenzen an supranationale Organisationen. Indem man den Bürger gängelt und im weismacht, dass es für seine Gesundheit, für sein Leben, für das Klima und für die eigenen Kinder das Beste ist. Mit diesem Begriff des korrekten Lebens auf der physischen Ebene korrespondiert die political correctness auf der ideologischen Ebene: Wer nicht richtig lebt, zu dick ist…kurzum nicht drahtig und dynamisch wirkt, der wird in der durch die Effekte der globalisierten Leistungsgesellschaft zunehmend Schwierigkeiten haben, einen adäquaten Arbeitsplatz zu finden/halten, aufzusteigen. Wer es auf sich nimmt, entgegen des Mainstreams sich eine abweichende Meinung (offensiv) nach außen zu vertreten, der muss mit Ausgrenzung rechnen. Wer in der AfD ist, muss künftig damit rechnen, dass er seinen Beamtenstatus verliert. Oder er findet im ÖR sowohl in den Kleber-Nachrichten als auch in den Illner-Erziehungstalks nicht mehr oder nicht mehr angemessen statt. Wer gegen das Netzwerkdurchsetzungsgesetz eine Rede hält, darf ungestraft als Nazi-Schlampe diskreditiert werden. Wer einen meinungsoffenen Blog betreibt, wird als Rechtspopulist beleidigt. Lassen wir uns dies nicht gefallen! Das wichtigste in unserer Demokratie ist die Meinungsfreiheit für Alle.
Moralpanik wähle ich diesen Monat zu meinem Lieblingswort. Herrlich. Tatsächliche Bedrohungen werden nicht mehr als wahr genommen, dafür retten sich viele in eine selbst konstruierte Gefühlswelt.
Ein guter Buchtip! Früher fuhr ich noch ohne Helm auf dem Motorrad (anders hätte man unmöglich eine Zigarette rauchen können!) nachts alleine vom Weinfest nach Hause, und war nichts anderes, als eine normale junge Frau. Heute ist man in dieser Aufmachung schon ein ‘enfant terrible’ , eine Wahnsinnige, die Leib und Leben riskierte. Früher trank man beim internationalen Frühschoppen öffentlich ein Gläschen Wein und paffte eine ‘HB’, bevor man in die Luft ging. Heute lesen junge Väter Bücher mit dem Titel ‘Hilfe, mein Kind wächst!’. Früher hätte man zu einem Buch gegriffen, wenn es nicht gewachsen wäre. Jede Alltäglichkeit und jeder Gefühlszustand unterliegt dem gesellschaftlichen oder politischen Paternalismus. Obwohl die Abkömmlinge heutzutage länger denn je im Elternhaus verweilen, brauchen sie, so sie endlich mal auf eigenen Beinen stehen, noch jede Menge Anleitung zur Selbstständigkeit. Die Untertanen im Betreuungsmodus zu halten, schafft Notwendigkeit für den Staat, vergrößert seine Einflußnahme und schafft Abhängige. Der Staat ist alternativlos. Das wird gewünscht, und das klappt auch ganz gut. Wir haben noch gegen Autoritäten demonstriert, die heutige Jugend geht für ihre Autoritäten auf die Straße, fürs Klima, den Weltfrieden, die Gesundheit und für alles, was man ihnen vorgibt. Selbstdenken hat ihnen keiner beigebracht, während des ständigen helicopterings der Alten. Härtegrate des Lebens, kennt man nur aus dem Kino, Schwierigkeiten beseitigen die Erzeuger. Alles wird diskutiert, alles verstanden, eine Welt voller Appeasement und Glück und jeder Menge Weicheier. Herzlichen Glückwunsch.
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