Ich habe mit den Beitrag von Herrn Ermler mit Abstand nochmal angetan. Er ist immer noch unlesbar, aber der Inhalt ist auch nach einem Tag Abstand noch unerträglich. Er ist Hetze gegen eine Partei, bedient sich dabei unzulässiger Parallelen und wirklich nur entsetzlich zu nennender Vergleiche. Ich bin ein großer Verfechter der Meinungsfreiheit, aber ein solcher Artikel ist nicht tolerierbar, Herr Ermler, zumal er nicht der Erste mit dieser Tendenz aus Ihrer Feder ist. Die Achse-Macher täten gut daran, ein wenig kritischer auf die Beiträge zu schauen statt unliebsame Kommentare nicht zu publizieren, sonst droht die Achse auf das selbe Niveau herab zu sinken, auf dem sich SPON & Co befinden. Ihnen, Herr Ermler, empfehle ich, was ich schon H. Lesch empfohlen habe: beschränken Sie sich besser auf das, von dem Sie (hoffentlich) etwas verstehen (Sie sind Mathematiker und Informatiker, wenn ich mich recht erinnere). Und nur zu Ihrer Erhellung: Sprache, gemeinsame, ist eines der Hauptkriterien für die Definition eines Volkes. An dem Satz “Von allergrößter Bedeutung ist dabei die deutsche Sprache als identitätsbildender Faktor.” ist also weder etwas zu kritisieren noch ins Lächerliche zu ziehen. Ich muss ehrlich sagen, dass ich viele, die meisten Artikel/Autoren/Kommentatoren auf Achse schätze und gerne Spende; wenn sich solche Beiträge der stets gleichen Autoren allerdings häufen muss ich meine Haltung und Spendenfreudigkeit überdenken.
Ich habe jetzt die Ausführungen des Autors, der m.E. Kultur nicht von geschichtlichem Tatbestand unterscheiden kann, und sämtliche Leserbriefe gelesen. Eine Woche offen lassen, dann könnten das an die tausend sein, so interessant ist es. Ein anderer Aspekt: Wenn ich an Yad Vashem denke, denke ich Kultur. Dort liegt das Erinnerungsarchiv für die Ermordeten, aber auch für Personen, die ihnen halfen, herausragende mutige Personen. Es ist eine im Grunde religiöse Erinnerungsstätte 1:1 der jüdische Jesus, der dem sterbenden Samariter half, aber auch Abraham oder auch Jonas, die mit Gott verhandeln. Ein Mahnmal aber aus dem gleichen Beton, den schon die Nationalsozialisten nutzten, über das ein Bürgermeister behauptet, dass andere Länder uns darum beneideten, ist nicht zwangsläufig Kultur, sondern eventuell verschroben wie Deutsche heute oft sind. Jeder stürzt sich nur auf diesen Mann, statt mit ihm zu reden und das genauestens zu analysieren. Über Mythen und Geschichten, mit denen wir Kinder aufgewachsen sind, bei uns zu Hause zum Beispiel mit Nils Holgerson aus Schweden!, hat eine Leserin das Nötige gesagt. Und über Eichendorff ein Leser. Beide Autoren auch religiös. Augeklärtes Christentum und aufgeklärtes Judentum in ihren Entwicklungen sind am ehesten unsere Kultur, zusammen mit Traditionen und Mythen ja, Märchen beispielsweise. Ein aufgeklärter Islam kann davon Anteil sein, Fundamentalisten behaupten aber, dann wäre es kein Islam.
Herr Ermler sitzt mit den „polyglott und kosmopolitisch sozialisierten toskanagrünen Champagnerlinken“ in einem Boot und merkt es selbst nicht einmal. Er zitiert Bassam Tibi und ergänzt dessen Aufzählung, was deutsche Identität allenfalls zu sein hat: Das ist genau der „Verfassungspatriotismus“, auf den er sich jederzeit mit Anhängern von CDU, SPD und Grünen einigen könnte. Nun gibt es aber offensichtlich viele, vielleicht auch sehr viele Menschen, denen das nicht genügt. Da fängt für Herrn Ermler der Kitsch an, sei es nun „Kitsch von 1870“ oder gar „Nazi-Kitsch“. Auch der kühlste Hyperintellektuelle wird sich damit abfinden müssen, daß Kitsch sehr beliebt ist. Aber was heißt hier im Zusammenhang eigentlich Kitsch? Jede Gemeinschaft, sofern sie nicht nur eine Ansammlung von Individuen und Individualisten ist, definiert sich durch ein Wir-Gefühl (das naturgemäß die Abgrenzung zu „den anderen“ bedingt). Das muß man nicht schön finden – für Herrn Ermler ist das verabscheuungswürdigster „Kollektivismus“ – ist aber offenkundig als archaisches Erbe in uns Menschen angelegt. Solche Gemeinschaften bedienen sich äußerer Zeichen, seien es Mythen und Riten oder anderes, um sich der Zusammengehörigkeit emotional zu versichern und diese zu befestigen. Wem als intellektuellem „Anywhere“ also die Fahne Schwarz-Rot-Gold und die dritte Strophe des Deutschlandliedes, Kaiser Rotbart lobesam und „Deutsche Heldensagen“ (bzw. das Nibelungenlied) ein Greuel sind, dem sei das völlig unbenommen. Wer aber Menschen, die das anders sehen und empfinden, als nazistische Dumpfbacken denunziert, ist einfach nur arrogant und ideologisch verblendet. Darin „einen direkten Angriff auf unser Grundgesetz, den westlichen Wertekanon und die von Bassam Tibi definierte Leitkultur“ (seit wann ist die für Deutschland verbindlich?) zu sehen, ist dumm. Übrigens bin ich nicht der Meinung, daß das Papier der thüringischen AfD eine intellektuelle Meisterleistung und ein Glanzlicht deutscher Prosa ist.
Meinen Geschmack trifft Höcke nicht mit seinen Reden. Aber ich gehe auch nicht gern ins Fußballstadion und verabscheue Massenveranstaltungen. Außerdem bin ich rational veranlagt. Die Mehrheit der Menschen tickt anders, die erreicht man über Emotionen, nicht über Inhalte. Man höre sich „Ska“ Keller von den Grünen an, die bespielt die Emotionen ihrer Zuhörer recht erfolgreich. Da geht es nicht hauptsächlich um Inhalte. Das mag mancher nicht, aber warum soll es schlecht sein, wenn es ein Höcke macht und gut, wenn es eine Grüne tut? Wir brauchen auf der bürgerlichen Seite durchaus Redner, die das Publikum in ihren Bann ziehen. Nur weil Hitler genau das ganz hervorragend konnte, ist diese Fähigkeit ja nicht ein für alle mal „Nazi“. Die Frage, was denn „deutsch“ sei, mag jeder für sich beantworten. Ich bezeichne damit einen bestimmten „Mind Set“, ein Konglomerat von Überzeugungen, die man bei seinen Mitmenschen zutreffend voraussetzen kann, was man tut und was man lässt, wie man den Mitmenschen behandelt, was man schätzt und was man verabscheut, welche Charaktereigenschaften man positiv findet, welche nicht. Jeder von uns wird Tierquälerei verabscheuen, Kopfabschneiden und Leute anzünden ebenso. Das kann man aber nicht bei allen Menschen weltweit gleichfalls voraussetzen. Ich sah neulich ein chinesisches Video, wo einer lebende Babymäuse in Chillisauce tunkte und aß. Das ist sehr fremd. Und das Verbrennen eines jordanischen Piloten bei lebendigem Leibe oder Steinigungen von Ehebrechern- all das hat bei uns keinen Platz. Eine gemeinsame Kultur ist mindestens genauso sehr dadurch definiert, was sie ausschließt, wie dadurch, was sie einschließt. Ich möchte, daß Gesetze beachtet werden und demokratisch entschieden werden. Dazu bedarf es der Nation. Nicht einer UNO oder EU- Bürokratie.
“Wo die Linke jede Art deutscher Kultur jenseits der Sprache nicht identifizieren kann, gilt der Höcke-Jugend das Primat „deutscher Kultur“, wundersamerweise jedoch ohne die Schreckenskultur von Auschwitz und Treblinka.” Wenn der Autor auch in vielen Punkten Recht hat, so vergreift er sich doch, wenn er das Regime der Nationalsozialisten als Kultur bezeichnet. Der N-Sozialismus gehört lediglich zur deutschen Geschichte und somit zu Deutschland, als Kultur aber, auch nicht verkleidet als Schreckenskultur kann ich ihn nicht auffassen. Somit gibt er nachträglich einem Herrn Höcke Recht. Um das zu präzisieren, kann man ähnlich den derzeitigen Trend zum Globalsozialismus keineswegs als Kultur bezeichnen, zumal er geradezu darauf angewiesen ist, Kulturen zu vernichten, um zu funktionieren. Hierzu ist immer noch Ben Barbers Buch “Coca Cola und Heiliger Krieg” am aufschlussreichsten, und dieser Autor ist ein alter Linker, an dem man sieht, dass es echte Linke gar nicht mehr gibt, sondern nur noch unterschiedlich angemalte maskierte Wunschfaschisten.
Anton Geiger erwähnte hier: “Teilweise hat die Fixierung auf die “12 Jahre” im rechtskonservativen Spektrum schon etwas Spiegelbildliches zur linken Position, die Hitler aus der Romantik und aus Hitler das pflichtschuldige Verlöschen der deutschen Nation ableitet” . Das trifft nicht das Problem. Wir Alle erinnern uns an die politpsychologische Funktion der Stasi-Aufarbeitung GEGEN die Bürger der ehemaligen DDR, ich meine die publizistische Seite, die den ehem. DDR-Bürgern mitteilte, die flächendeckende Enteigung und Stellenvernichtung sei unumstößlich, umso mehr die moralische Autorität des Westens mit seiner superfreiheitlichen Gesellschaftsordnung (Ha! Hihi!) einen Säuberungsdurchgang erfordere. R.P. Sieferle hat in “Finis Germania” den Kult mit der Schuld - so das einschlägige Buch von H. Nawratil - eindrucksvoll dargestellt. Hat man Nawratil gelesen, begreift man, daß , solange die Menschen in Deutschland nicht frei werden von der Indoktrination ihrer immerwährenden Kollektiv(!)schuld, sie nicht wagen werden, ihre Interessen selbst in die Hand zu nehmen, gegenüber den “Wohlmeinenden”, die über sie und ihr veror4dnetes Geschichtsbewußtsein verfügen. Ich habe schon den “Schuldkult” als Naziwort inkriminiert gesehen; was B. Höcke in Nachfolge von Martin Walser, Paulskirchenrede und Rudolf Augsteins Verletztlich-Artikel sagte, konnte man NICHT inkriminieren, es sei denn, man will die Verewigung des Schuldkultes: Schon hat Ministerpräsident Ramelow in Buchenwald von “Jahrhunderten” gesprochen , und ich bin sicher, er hätte lieber eine Nummer größer genommen. Das heißt, es ist keine FIXIERUNG des rechtskonservativen Spektrums, wie A. Geiger meint, sondern das Programm der AfD stellt zu Recht fest, die Verengung der deutschen Erinnerungskultur auf die 12 Jahre sei zugunsten einer erweiterten Geschichtsbetrachtung aufzubrechen.
Wir Menschen geilen ja nur zu gern uns auf an unseren Worten. - Die Thüringer AfD wird pathetisch, Herr Ermler findet seine dialektische Entlarvung toll. Beiden fehlt dabei Präzision bezüglich einiger der verwendeten Begriffe. Beides mißfällt mir. \\ Ich bin nach dem Kriege geboren, bin sehr bewandert in Geschichte und finde die 12 Jahre des 3. Reich schlimm, die Schande wird bleiben. Das hindert mich allerdings nicht daran, dennoch keine Schwierigkeiten zu haben, mich als Deutscher zu fühlen - :“nicht über noch unter andern Völkern”: “Auferstanden aus Ruinen”. Da haben wir gute Leitsätze. Leitkultur - Klar hat Tibi recht, fehlte seinerzeit nur der Zusatz : in der je nationalen Ausprägung o.ä.. \\ Ich mag Höcke nicht, denn ich habe seine Dresdener Rede angesehen, die weniger vom Inhalt als von seiner Art der Rede eine Zumutung war. Doch die Überschrift, Herr Ermler, in Bildzeitungsmanier ?
Wie schon andere schrieben, ist die Argumentation des Autors leider nicht sauber, was schade ist, da er meines Erachtens in der Stoßrichtung Recht hat. Wenn man das Buch von Höcke mit den Gefälligkeitsfragen von Hennig liest, so wird in der zweiten Hälfte mit seinem Lob von Karl Marx und Wgenknecht und seinen antikapitalistischen Tiraden deutlich, wes Geistes Kind er ist.
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