Marcus Ermler / 04.10.2018 / 06:29 / Foto: Pixabay / 18 / Seite ausdrucken

Zwischen Marx und Marxloh (1)

Auf den ersten Blick manifestiert die Causa Chemnitz, um so mehr nach den Feststellungen von Hans-Georg Maaßen, des mittlerweile geschassten Präsidenten des Bundesamts für Verfassungsschutz, das Versagen der politischen Kaste des merkelsozialistischen Allparteienblocks und einer zum Hofschranzentum transformierten leitmedialen Berichterstattung. Doch hierin einfach nur das stümperhafte Verhalten vor sich hin dilettierender Politikdarsteller zu sehen, deren Lebenslauf sich hauptsächlich aus dem Dreiklang Kreißsaal, Hörsaal, Plenarsaal speist, beziehungsweise von grünlinken Systemjournalisten, die Hajo Friedrichs Arbeitsethos in migrationsaffinen Aktivismus umdekliniert haben, greift zu kurz. 

Geht es doch um so viel mehr. Jede Kritik an den Auswüchsen der Merkelschen Flüchtlingspolitik im Hinblick auf einen Anstieg migrantischer Kriminalität, alltäglicher Manifestationen islamischen Herrenmenschentums durch Terror und parallelweltlicher Segregation, so schließlich insgesamt die Unterwanderung und Delegitimierung von Sozial- wie Rechtsstaat, ist frontaler Angriff auf den totalitären Ungeist der herrschenden Ideologie der offenen Grenzen. Nicht umsonst versucht dieses systemische Kollektivismussyndrom mit dem UN-Migrationspakt, dem „besorgten“ autochthonen Bürger präemptives Antirassismus-Gegengift und zugleich staatlich sanktionierten Verdrängungsmechanismus aufzuzwingen.

Diesen Migrationspakt fasst die Basler-Zeitung eindringlich zusammen als zur Staatskapitulation degenerierendes Zusammenspiel wirkungsmächtiger Einzelzutaten, bestehend aus einer Legalisierung privaten Mittelmeer-Schleppertums, des bedingungslosen Grundeinkommens für jeden Migranten, des Familiennachzugs für alle sowie letztlich der Konditionierung der einheimischen Bevölkerung und Diskriminierung ihres potenziellen Widerstands durch ein Konglomerat antirassistischer Massnahmen. 

Es zeigt sich hier bei einem zweiten eindringlicheren Blick auf so ein System, das eine Fortschreibung des seit hundertfünfzig Jahren insbesondere in Deutschland sich zeitigenden Kollektivsozialismus ist, der mit allen Mitteln des Agitprops versucht, seine kaleidoskopischen Narrative „Offene Grenzen für alle“, „Multikulti“, „Wir schaffen das“,  neuerdings „Wir sind mehr“ aufrechtzuerhalten und so jede Anbahnung von Rationalität aggressiv desavouiert. 

Der Totalitarismus des 21. Jahrhunderts

So extendiert diese vulgärmarxistische Spätlese als Instrumentarium einer marktradikalen Globalplanwirtschaft zu einem Totalitarismus des 21. Jahrhunderts, der jede Opposition – ob von links, rechts oder aus der Mitte der Gesellschaft – als Häresie von Nazis, Rechtspopulisten sowie Rassisten brandmarkt und im medialen Dauerfeuer seiner willfähriger Journalisten-Entourage mundtot defiliert. Diese Melange der polyglotten Gutmenschen kann und sollte in einem absoluten Totalitarismus eines bourgeois-sozialistischen Open-Border-Movements als Diktatur der Weltbürger identifiziert werden.

Eine adäquate Fundierung dieser Totalitarismus-Charakterisierung muss getragen sein von einer wissenschaftlichen Diagnostik. So schrieb Ernst Gottschling, ein bis wenige Jahre vor der friedlichen Revolution in der DDR am Institut für Marxistisch-Leninistische Philosophie in Greifswald lehrender Wissenschaftler, im Jahr 1985 über „Die Verkehrung der Demokratie- und Diktatur-Problematik“ folgende einprägsame Leitsätze zur Analyse eines Totalitarismusansatzes: 

Dieser Widerspruch zwischen Erscheinung und Wesen hinsichtlich des Staates und seiner Organisationsformen jedweder Epoche kann nicht erfaßt werden, wenn die Herrschaftsform losgelöst von ihrem politischen, klassenmäßigen Inhalt obendrein im Zustand der Bewegungslosigkeit untersucht werden soll […] alles in der Welt bewegt sich, hat Anfang und Ende, befindet sich in den verschiedensten Zusammenhängen kausalen und anderen Charakters“.

Auch wenn Gottschling als Wissenschaftler der DDR hierbei den Blick auf den herrenmenschlichen Sozialismus der Auschwitz-Faschisten richtete und dessen vermeintlich gutmenschliches realsozialistisches Pendant von Gulag, Stalinschen Säuberung und Kulturrevolution reinzuwaschen versuchte, bleiben diese Leitsätze nichtsdestotrotz Maßstab einer historisch akkuraten Betrachtung. Das heißt: Nicht allein die Gegenwart des Open-Border-Movements kann Bestandteil einer Analyse sein, vielmehr noch muss sie als aktuelle Zustandsaufnahme einer sozialistischen Herrschaftsform in hundertfünfzigjähriger Bewegung betrachtet werden. 

So spannt dieser Artikel folglich einen Bogen um alle sich bislang realpolitisch artikulierenden vier Generationen des Sozialismus, beginnend bei Karl Marx und endend bei der aktuellen Ausprägung der offenen Grenzen. In Anlehnung an die Namensgebung der Wellen des Feminismus möchte ich die verschiedenen Epochen des Sozialismus auch hier als eben solche „Wellen“ bezeichnen. In der Revolution als Mittel der Durchsetzung der jeweiligen Ziele zeigt sich eine über alle Wellen übergreifende grundsätzliche Einigkeit. So soll der revolutionäre Charakter all dieser Spielarten sozialistischer Diktatur als zentraler Punkt adressiert werden. Schließen möchte ich dann mit einer Begründung, warum diese Diktatur der Weltbürger eben auch bedingt durch ihre Revolutionsmystik allumfassend totalitär ist.

Die erste Welle: Diktatur des Proletariats

Der First-Wave-Sozialismus ist initial der historische Sozialismus, für den Marx und Engels in ihrem Kommunistischen Manifest 1848 den Grundstein legten, hierdurch die Gründung der ersten reinen sozialistischen Arbeiterbewegung forcierten – wobei es allerdings auch christlich und liberal orientierte Bewegungen gab, was die totalitären Auswüchse sozialistischer Folkloristik gerne verschweigen – und so alle folgenden Wellen maßgeblich beeinflussten. 

Als Zentralgestirn eines Systems revolutionärer Umwälzung legitimierten Marx und Engels hier das Proletariat als „diejenige Klasse der Gesellschaft, welche ihren Lebensunterhalt einzig und allein aus dem Verkauf ihrer Arbeit und nicht aus dem Profit irgendeines Kapitals zieht […] mit einem Worte, die arbeitende Klasse“. Im Kommunismus als „Lehre von den Bedingungen der Befreiung des Proletariats“ sollte dieser „arbeitende Klasse“ ihren ideologischen Katechismus erhalten. Ihre „Befreiung“ sollte münden in die Diktatur des Proletariats, die die Herrschaft des Bürgertums als „Klasse der Bourgeois“, d.h. „der großen Kapitalisten [ablösen sollte], welche in allen zivilisierten Ländern […] im Besitz aller Lebensmittel und der zur Erzeugung der Lebensmittel nötigen Rohstoffe und Instrumente (Maschinen, Fabriken) sind“.

Die Herrschaft des Proletariats wird „der Bourgeoisie nach und nach alles Kapital entreißen“ mittels „despotischer Eingriffe in das Eigentumsrecht und in die bürgerlichen Produktionsverhältnisse“, um so „alle Produktionsmittel in den Händen des Staates […] zu zentralisieren“. Folge dieser „Maßregeln“ zur „Umwälzung der ganzen Produktionsweise“ ist, dass „die Klassenunterschiede verschwunden und […] alle Produktion in den Händen der assoziierten Individuen konzentriert“ ist, was die „Existenzbedingungen des Klassengegensatzes“ zwischen Proletariat und Bürgertum aufhebt und so „die Klassen überhaupt“. So tritt schließlich „an die Stelle der alten bürgerlichen Gesellschaft mit ihren Klassen und Klassengegensätzen […] eine Assoziation, worin die freie Entwicklung eines jeden die Bedingung für die freie Entwicklung aller ist“.

Die „Aufhebung des Privateigentums“ als Instanz bürgerlicher Herrschaft ist nur im revolutionären Rahmen denkbar. Denn es wird „die Entwicklung des Proletariats in fast allen zivilisierten Ländern gewaltsam unterdrückt und […] hierdurch von den Gegnern der Kommunisten auf eine Revolution mit aller Macht hingearbeitet“. Diese Revolution wird „nur allmählich die jetzige Gesellschaft umgestalten und erst dann das Privateigentum abschaffen können, wenn die dazu nötige Masse von Produktionsmitteln geschaffen ist“, und so durch „eine demokratische Staatsverfassung […] direkt oder indirekt die politische Herrschaft des Proletariats herstellen“. National findet diese Umwälzung jedoch nicht ihre Begrenzung, vielmehr wird sie „eine in allen zivilisierten Ländern, das heißt wenigstens in England, Amerika, Frankreich und Deutschland gleichzeitig vor sich gehende Revolution sein“ und so schließlich auch „auf die übrigen Länder der Welt ebenfalls eine bedeutende Rückwirkung ausüben“.

Möchte man den Revolutionszyklus Marx' der ersten Welle zusammenfassen, so ist die „Diktatur des Proletariats“ ein Substrat einer zuvörderst lokalen Umwälzung im nationalen Rahmen, in der das Proletariat in einem „zivilisierten“ Industrieland das Bürgertum in seiner Herrschaft ablöst, um so letztlich die Klassengegensätze aufzuheben und eine Assoziation freier Individuen zu begründen.

Die zweite Welle: Diktatur der proletarischen Avantgarde

Der Second-Wave-Sozialismus ist der durch Lenin initiierte Sowjetkommunismus, der mit der russischen Oktoberrevolution seinen ersten realpolitischen Erfolg zeichnete und nach Lenins Tod durch Stalins „Sozialismus in einem Land“ dauerhaft in Russland verankert wurde. Marx' Vision einer klassenlosen Gesellschaft als Assoziation freier Individuen spiegelt sich auch in Lenins Werk wider, wenn er in seiner Schrift „Staat und Revolution“ schreibt:

Erst in der kommunistischen Gesellschaft, wenn der Widerstand der Kapitalisten schon endgültig gebrochen ist, wenn die Kapitalisten verschwunden sind, wenn es keine Klassen […] mehr gibt – erst dann ‚hört der Staat auf zu bestehen, und es kann von Freiheit die Rede sein‘ […] ohne Gewalt, ohne Zwang, ohne Unterordnung, ohne den besonderen Zwangsapparat, der sich Staat nennt“ 

Während Lenin also mit Marx im Zersetzen jeder Form bürgerliche Gesellschaft zur Befreiung der arbeitenden Klasse einer Meinung war, trennte sie doch der Weg dahin. Wo Marx die Herrschaft des Proletariats postuliert, verlagert Lenin die originäre Wurzel von Revolution und Diktatur zu einer bürokratischen Technokratenkaste des Proletariats, die als Avantgarde proletarische Zukunft gestalten sollte. In „Staat und Revolution“ beschreibt Lenin die wesentlichen Zutaten dieser Diktatur der proletarischen Avantgarde, die er in propagandistischer Doppelbödigkeit mit einer Diktatur des Proletariats ummantelte:

Die weitere Entwicklung, d.h. die Entwicklung zum Kommunismus, geht über die Diktatur des Proletariats und kann auch gar nicht anders gehen, denn außer dem Proletariat ist niemand imstande, den Widerstand der kapitalistischen Ausbeuter zu brechen, und auf anderem Wege ist er nicht zu brechen. Die Diktatur des Proletariats aber […] [ist] die Organisierung der Avantgarde der Unterdrückten zur herrschenden Klasse, um die Unterdrücker niederzuhalten“

Warum Lenin im Gegensatz zu Marx nicht die Quelle der Revolution beim Proletariat an sich sieht, sondern bei einer Kaste elitärer Bürokraten, die „den besonderen Zwangsapparat, der sich Staat nennt“ unter anderem Namen fortführt, erklärt er weiter: 

Beim Übergang vom Kapitalismus zum Kommunismus ist die Unterdrückung noch notwendig, aber es ist das bereits eine Unterdrückung der Minderheit der Ausbeuter durch die Mehrheit der Ausgebeuteten. Ein besonderer Apparat, eine besondere Maschine zur Unterdrückung, ein ‚Staat‘ ist noch notwendig“

Dieses avantgardistische Staatsgefüge, umdekliniert in die Diktatur des Proletariats, findet seinen realpolitischen Ausdruck in der „sozialistischen Partei“, deren Aufgabe Leo Trotzki in seinem Werk „Ergebnisse und Perspektiven. Die treibenden Kräfte der Revolution“ wie folgt definiert:

Die Aufgabe der sozialistischen Partei war und ist es, das Bewußtsein der Arbeiterklasse in dem Maße zu revolutionieren, wie die Entwicklung des Kapitalismus die sozialen Verhältnisse revolutionierte.“

Wer nun übrigens monieren mag, dass Lenins Revolutionsexegese der Werke Marx' sich in einem fatalen historischen Holzwege exaltierten, da Lenin eben diese systematische Umwälzung nicht in einem „zivilisierten Land“ initiierte, sondern im reaktionären, zaristischen Russland, dem antwortet Lenin in seinem Artikel „Über unserer Revolution“ aus dem Jahr 1923:

Wenn zur Schaffung des Sozialismus ein bestimmtes Kulturniveau notwendig ist (obwohl niemand sagen kann, wie dieses bestimmte ‚Kulturniveau‘ aussieht, denn es ist in jedem westeuropäischen Staat verschieden), warum sollten wir also nicht damit anfangen, auf revolutionärem Wege die Voraussetzungen für dieses bestimmte Niveau zu erringen, und dann schon, auf der Grundlage der Arbeiter- und Bauernmacht und der Sowjetordnung, vorwärtsschreitend und die anderen Völker einholen.“

Der Revolutionszyklus Lenins ist als „Diktatur der proletarischen Avantgarde“ eine erste Iteration der Welle Marx', in der die lokale Umwälzung im nationalen Rahmen ihren realpolitischen Gehalt erfährt, und weiter in einer abgeschwächt permanenten Revolution in den späten 1910er Jahren sowie der anschließenden Dekade erfolglose Versuche unternimmt, vom zaristischen bzw. bäuerlich geprägten Russland in Richtung westeuropäischer Industrieländer zu extendieren (beispielsweise der Kieler Matrosenaufstand von 1918 und die deutsche KP in der Zeit der Weimarer Republik insgesamt), und sich somit vom lokalen in den globalen Zustand erhebt.

Die dritte Welle: Diktatur der bürgerlichen Berufsrevolutionäre

Der Third-Wave-Sozialismus basiert in theoretischer Hinsicht auf der permanenten Revolution“ Trotzkis, der die lokale russische Revolution als Ausgangspunkt einer global-revolutionären Transformation reüssierte. Seinen praktischen wie revolutionären Ausdruck fand diese Welle in sozialistischen Freiheitskämpfern von Dritte-Welt-Ländern, die – oftmals gutbürgerlich situiert – zu Berufsrevolutionären terrorkommunistischer Prägung transzendierten. Beispiele sind hier Mao Tse-tung, Pol Pot, Fidel Castro, Che Guevara oder Hồ Chí Minh.

In westlichen Industriestaaten waren gutbürgerliche Sozialrevolutionäre, die – wie die RAF – auch gerne Richtung Terrorismus abdrifteten, in der 68er-Bewegung ebenso Resultat dieser trotzkistischen Vision. Die proletarischen Wurzeln einer Revolution, im besten marxistischen Sinne, sind hier nahezu verschüttet und okkupiert von einer Armee spießbürgerlicher Berufsrevolutionäre, die den Arbeiter nur noch als unbedeutendes Zielobjekt eigener gesellschaftlicher Umwälzungsgelüste abqualifizieren, so die Quelle der Revolution ihres Subjekts beraubten und – marxistisch gesehen – schließlich völlig entkernten.

Einen nicht unerheblichen Einfluss auf diese neomarxistische Entfremdung hatten die Theoretiker der Frankfurter Schule um Habermas, Marcuse und Adorno, die in ihrer Kritischen Theorie dem Proletariat ein protofaschistisches Syndrom attestierten. Und somit einer Klasse bürgerlicher Freizeitrevolutionäre jede theoretische Fundierung für einen in die Praxis übersetzten „Vulgärdialekt der Aufklärung“ lieferten, um sich anstelle des Proletariats zum Subjekt einer gesellschaftlichen Revolution zu erheben. In Randgruppen der Dritten Welt identifizierten diese bourgeois-sozialistischen Verfälscher Kritischer Theorie ihren perfekten „eindimensionalen Menschen“ als Waffe sozialer Umwälzungen.

Im Einklang mit Marx und Lenin verstand nun auch Trotzki als erstes Ziel seiner sozialen Revolution den nationalen Rahmen, indem „die Diktatur des Proletariats, das als Führer der demokratischen Revolution zur Herrschaft gelangt ist, […] unvermeidlich und in kürzester Frist vor Aufgaben gestellt sein [wird], die mit weitgehenden Eingriffen in die bürgerlichen Eigentumsrechte verbunden sind“. Doch die nationale demokratische Umgestaltung ist nur die erste Etappe, so führt Trotzki weiter aus: „die demokratische Revolution wächst unmittelbar in die sozialistische hinein und wird dadurch allein schon zur permanenten Revolution“. 

Im Gegensatz zu Marx und Lenin bescheidet sich Trotzki nicht mit einem Sozialismus, der zuvörderst dem nationalen Proletariat in seiner Heimat Freiheit, Gleichheit und Wohlstand bringen sollte, da „der Abschluß einer sozialistischen Revolution […] im nationalen Rahmen undenkbar“ sei, vielmehr noch denkt er Sozialismus folglich international:

Die Machteroberung durch das Proletariat schließt die Revolution nicht ab, sondern eröffnet sie nur. Der sozialistische Aufbau ist nur auf der Basis des Klassenkampfes im nationalen und internationalen Maßstabe denkbar. Unter den Bedingungen des entscheidenden Übergewichts kapitalistischer Beziehungen in der Weltarena wird dieser Kampf unvermeidlich zu Explosionen führen, d.h. im Inneren zum Bürgerkrieg und außerhalb der nationalen Grenzen zum revolutionären Krieg. Darin besteht der permanente Charakter der sozialistischen Revolution“

Diese Revolutionsdramaturgie, die man neutestamentlich eher in der Apokalypse des Johannes verorten würde, gilt bei Trotzki als Pragmatik einer apokryphen Vision des globalkommunistischen Paradieses:

Die sozialistische Revolution beginnt auf nationalem Boden, entwickelt sich international und wird vollendet in der Weltarena. Folglich wird die sozialistische Revolution in einem neuen, breiteren Sinne des Wortes zu einer permanenten Revolution: sie findet ihren Abschluß nicht vor dem endgültigen Siege der neuen Gesellschaft auf unserem ganzen Planeten.“

Nach Lenins Deklination hin zur Diktatur der proletarischen Avantgarde als originäre Initiationsquelle sozialistischer Revolution geht Trotzki in den nächsten Übergang der Entfremdung von der ursprünglichen Definitions Marx' über, in dem bürgerlichen Berufsrevolutionären die Führung der Arbeiterschaft obliegt, was er jedoch verklausuliert über die permanente Revolution und „das Übergangsprogramm“ festsetzt. 

So schreibt er in der permanenten Revolution, dass „die Verwirklichung des revolutionären Bündnisses zwischen Proletariat und Bauernschaft […] nur denkbar unter der politischen Führung der proletarischen Avantgarde [ist], die in der Kommunistischen Partei organisiert ist“. Dass hierbei jedoch Proletariat und Bauernschaft gleichmächtiger Handlungspartner sind, täuscht. So führt Trotzki weiter aus, dass „die ‚demokratische Diktatur des Proletariats und der Bauernschaft‘ nur als Diktatur des Proletariats, das die Bauernmassen führt, denkbar“ ist.

Ist hier bereits also die hierarchische Abstufung einsehbar, dass die kommunistische Partei, die das Proletariat führt, welches über der Bauernschaft steht, nunmehr proletarische Avantgarde ist, hält Trotzki im Übergangsprogramm weiter fest, wer denn nach der stalinistischen Verfälschung in Gulag und Säuberung durch eine Kaste willfähriger Technokraten nun diese Avantgarde charakterisiert: „die Krise der proletarischen Führung, die zur Krise der menschlichen Kultur geworden ist, [kann] nur von der IV. Internationale gelöst werden“. Und diese Vierte Internationale ist im Wesentlich ein Sammelsurium bürgerlicher Berufsrevolutionäre, nicht mehr und nicht weniger.

Wo Lenin und Marx zuerst ausschließlich im nationalen Rahmen operieren und zuvörderst Sozialismus als nationalstaatliche Aufgabe verstehen, ist Trotzkis international-sozialistische Amplitude des dritten Revolutionszyklus eine faktische Erweiterung von einem einzelnen Industrieland hin zum globalen Maßstab. Ausgedrückt in Dritte-Welt-Ländern und deren Marxismus-affinen Menschenschlächtern beliebiger Terror-Couleur, die als gutbürgerliche Berufsrevolutionäre Roten Terror gegen jedes als Konterrevolution qualifizierte Aufbegehren des Proletariats in Kulturrevolution, dem Großen Sprung nach vorne oder den Killing Fields massenmörderisch eine „Diktatur des Proletariats“ simulierten. So verbleibt dem Trotzkismus aus der Warte des kommenden vierten Revolutionszyklus schließlich das historische Verdienst, das nationale Proletariat als Zielobjekt der Revolution durch das Lumpenproletariat Dritter-Welt-Ländern zu substituieren. Wie wir anschließend sehen werden: ein Verdienst mit epochalen Konsequenzen.

Im zweiten Teil dieses Beitrages lesen Sie morgen: Die vierte Welle: Diktatur des Weltbürgertums. Der Fourth-Wave-Sozialismus ist die neuzeitliche Ausprägung eines totalitären Kollektivsozialismus, durch den eine Kaste elitärer Weltverbesserer und Globetrotter, die sich in Europa als linksgrünes und in den USA als liberales Establishment charakterisieren lassen, in einer global-planwirtschaftlichen Politik der offenen Grenzen die Welt kosmopolitisch durch das islamofaschistische Lumpenproletariat revolutionieren will und im Zuge dessen den Islamofaschismus weltweit schranken- wie grenzenlos operieren lässt.

Dr. Dr. Marcus Ermler, geboren 1983, ist Mathematiker und Informatiker. In seiner Freizeit blickt er kritisch auf Junk Science, die politische Linke und religiösen Fundamentalismus.

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Leserpost

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Hans-Peter Dollhopf / 05.10.2018

In der ersten Hälfte der sieben Dekaden dieser Republik hat die politisch Nichtlinke so gewaltig viel mehr Fortschritt und Wohlfahrt aufgetürmt, als die politisch linken Grünen in der zweiten Hälfte seitdem vernichten konnten. Bundestagspräsident Dr. Wolfgang Schäuble am “Tag der deutschen Einheit” in Berlin: “Die Zukunft ist offen.”

Christian Kaisan / 04.10.2018

Ich würde mich freuen, wenn die Autoren ein wenig mehr an ihre Leser denken und sich eines allgemein verständlichen Deutsches befleißigen würden. Der übermäßige Gebrauch von nicht jedermann vertrauten Fremdworten dürfte dazu führen, dass ein Teil der Leserschaft sich kaum mehr mit dem Anliegen des Beitrages auseinandersetzen kann, da dauernd Fremdworte nachgeschlagen werden müssen. Mir ist das oft zu mühselig aber vielleicht bin ich eine Ausnahme. Christian Kaisan

Esther Burke / 04.10.2018

zum “UN Migration Compakt” :  Nicolaus Fest (kann man googeln) ruft dazu auf,  von den zuständ. Abgeordneten( BT) zu fordern, diesen Pakt zu verhindern. Ich möchte dazuhin vorschlagen, von ALLEN Abgeordenten dies zu fordern oder aber sollen sie erklären, wie sie ihre Zustimmung rechtfertigen wollen .

Rudolf Stein / 04.10.2018

Erste Welle, zweite Welle usw. sind dem Islam wurscht. Er agiert nach einem Muster, das sehr alt, sehr bewährt und, das vor allem, sehr erfolgreich ist. Dieses Muster umfasst viele Facetten, an deren Spitze die Geschlechtsorgane der Gläubigen stehen, gefolgt von Moscheen,  sexuellen Gewalttaten, Hieb- und Stichwaffen.  Das werden die Politker und Philosophen des Abendlandes nie begreifen. Die Verteidiger von Wien hatten es schon gewusst.

Martin Landvoigt / 04.10.2018

Eine ideologiekritische Aufbereitung mag durchaus einige Zusammenhänge ausleuchten, aber ich frage mich, ob eine derartige Vertiefung wirklich zielführend ist. Denn oftmals steht kein geschlossene sozialistische Ideologie hinter einem aktuellen Mainstream von No-Border-Aktivisten, sondern ein gutmenschliches Sentiment, allen Menschen helfen zu wollen, verbunden mit einem diffusen Schuld- und Sendungsbewusstsein, an dem Elend der Welt eben selbst einen Anteil verursacht zu haben. Die sozialistische Theorie würde vermutlich von vielen abgelehnt werden, die dennoch faktisch diesen Trend befördern. Die einfache Erkenntnis, dass jeder Euro nur einmal ausgegeben werden kann, und dass Schulden-Machen zur Zahlungsverpflichtung in der Zukunft führt, ist mittlerweile der Mehrheit wohl nicht bewusst. Man glaubt, man kann sich der Notenpresse, der Gesellschaft im Allgemeinen, oder eben namenloser Reicher beliebig bedienen, um soziale Wohltaten unbegrenzt auszuschütten. Im Zweifel sei man ja an eine hohe Steuerquote ja gewöhnt, und das wird dann irgendwie reichen. Da wird dann systematisch viele Fakten und Zusammenhänge einfach ausgeblendet. Man bestreitet die Fakten oder will sie schlicht nicht zur Kenntnis nehmen.

Michael Anton / 04.10.2018

Ich glaube ja, daß Karl Marx der eigentliche Erfinder von Coca Cola war, er bewunderte ja bekanntlich Liebigs Fleischextrakt, Knorrs Heiße Tasse und Maggis Hühnerbrühe. Es finden sich viele Belege hierfür, die aber leider alle in einem Tresor in Atlanta verschlossen sind. Auf Photographien sieht Karl mehr wie ein Fabrikdirektor, als ein armer Schnorrer aus und sein Produkt verkauft sich nicht nur so ähnlich wie seine Schriften, sondern gleicht ihnen: Man klebt daran fest, es sprudt stark, bleibt dabei undurchschaubar und eignet sich zuletzt als Abflußreiniger; es wurde erst als Medizin, später als Erfrischung vermarktet, welche das Paradies im Hier und Jetzt verspricht, genießbar in klassenloser Gesellschaft.  Allen Länder, die Coca Cola verbieten , oder sie gegen Getränke aus der Region austauschen, geht es langfristig ökonomisch schlechter, weil sie falsches Bewußtsein verbreiten. Coca Cola verändert zwar nur die Figur, Marx kann aber, in Flaschen abgefüllt, weitaus größeren Schaden anrichten..

Gudrun Meyer / 04.10.2018

Der geschilderte Ablauf ist real und lässt sich im historischen wie gegenwärtigen Überblick relativ leicht feststellen. Aber in der permanenten Revolution, die wir erleben und in der sehr viele von uns vor “Initiativen schwarzer Menschen in D” und ähnlichen Vereinen kriechen, wenn sie einen “Tag der dt. Viefalt” fordern, den sie und wir sowieso jeden Tag haben, oder wenn sie geruhen, eine indigen-europäische Gesellschaft “zu weiß” zu finden - dann verläuft die permanente Revolution völlig unbewusst. Welche Hofschranze Merkels, welcher Qualitätsjourno, welcher “Sozialgefangene”, der eine Knast-“Gewerkschaft” gründet und welcher radikale Muslim, der von Sozialleistungen lebt und gleichzeitig eine islamische Utopie in Buntschland umsetzen will, hat denn die geringste Ahnung von europäischer Geschichte und besonders Geistesgeschichte? Dass die Frankfurter Schule ihre Enttäuschung über die Arbeiter im Schlagwort vom “protofaschistischen Syndrom” ausrülpste, hatte Auswirkungen auf die weitere Theorie, kaum aber auf die Praxis. Was da vorherrscht, ist das uralte Wir-Gruppen-Gefühl in seiner genauso alten Konsequenz: ein Gramm Nutzen für uns -  die kriminelle Gang in Mexiko City genau wie in Berlin, und eben auch für ihre schwachsinnigen Anbeter -wiegt mehr als eine Tonne Schaden für andere. Diese sozial, kulturell oder “rassisch” minderwertigen Egoisten haben das einzusehen, fertig. Relativ reflektierte Akteure dieses Musters ruhen sich auf einzelnen echten Leistungen aus und verlangen dafür sehr, sehr viel (Beispiel: “Wir Kolonialherren beenden den Sklavenhandel in Afrika, und dafür gehört uns der komplette Erdteil mit sämtlichen Rohstoffen, Produkten und der Macht über die Menschen”).  Besser war es in der Geschichte nie, und meistens war es schlimmer, weil kein Beteiligter auch nur in einer Einzelfrage über seine Wir-Gruppe hinaussah. Dieser leider sehr natürliche und unvermeidbare Instinkt ist das wirkliche Problem, nicht die ideologischen Denkansätze.

Anders Dairie / 04.10.2018

Herr Dr. Ermler hat das zusammengefasst, was in den Bezirks-Parteischulen der SED der ehem. DDR Lehrstoff war.  So habe ich das von Teilnehmern gehört: Ausgewählte junge Leute wurden dorthin von ihren Firmen (Parteileitungen) delgiert, um als Ersatzkader oder Parteikader-Nachwuchs zu dienen.  Der Lehrstoff wurde oft ignoriert, selbst von den Kursanten.  Man sah täglich die Armut und den Verfall der Gesellschaft am Zustand ihrer Vermögenswerte.  Hinzu tritt, dass sowjetische Zustände als primitiv und nicht vorbildlich betrachtet wurden.  Sowjets wurden verachtet, ausgehend von den Kriegsberichten. Mit Trotzki hat sich niemand beschäftigt, da er zu Stalins Zeit und später als Renegat galt.  Tatsächlich war Trotzki der (intelligentere) Konkurrent Stalins. Trotzki wurde vom sowj. Geheimdienst im Exil in Mexiko ermordet. Er war Opfer der Praxis geworden, die in soz. Ideen steckt.  Die Kausalität beschreibt auch Chapuisat in “Schwarzbuch des Kommunismus”.  Wer in dieser Mühle zerdückt werden will, schwöre dem bürgerlichen Humanismus im Wohlfahrtsstaat ab.  Das wollen aber nur die Irren, die das System nie selbst verspürt haben.  Habermas und Adorno sind m.E. Narzissten, Profilierungssüchtige.  Kurt Schumacher:  “Kommunismus ist rot lackierter Faschismus!” Viel Enttäuschung der ehem. DDR-Bürger rührt daher,  dass es die Politik nicht vermocht hat,  die alten Dämonen fernzuhalten. Zugunsten einer freien Gesellschaft, die einer Grundidee folgt.  Die Amis haben ihre “Bill of Rights” und die Verfassung.  Die BRD hat ein GG,  das zum Lippenbekenntnis wurde.

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