Sean Connery, der berühmteste Schotte unserer Tage, kann auf den Bahamas und in Andalusien wohnen bleiben. Der große schottische Patriot hatte ja leichtfertig in Aussicht gestellt, in die alte, kalte Heimat zurückzukehren, wenn sich seine Landsleute für die volle Unabhängigkeit entscheiden. Nun muss er das halbe Versprechen nicht einlösen.
Sean Connery kann als Symbolfigur für das interessante Verhältnis zwischen Engländern und Schotten gelten. Als James Bond ist der Schotte zur Personifizierung des supercoolen Engländers geworden, der im Auftrag ihrer Majestät die Welt rettet und ohne speziellen Auftrag die Damenwelt beglückt. Hätte er als James MacBond im Auftrag einer Edinburgher Regierung die gleiche Berühmtheit erzielt? Wohl kaum.
Dem Bond-Zwiespalt ist eine lange Geschichte komplexer Beziehungen vorausgegangen. Es fing schon damit an, dass die Schotten eigentlich Iren sind, jedenfalls einige von ihnen. Die Skoten haben seinerzeit von Irland in den Norden der größeren Insel rübergemacht. Dort taten sie sich mit den Ureinwohnern, den bunt bemalten Pikten zusammen. Die mussten miterleben, dass die Zugereisten Skoten dem Land im Laufe der Zeit ihren Namen gaben. Der Versuch der Römer, das Land Caledonia zu nennen und lateinisch zu zivilisieren, blieb im Ansatz stecken. Die Römer bekamen dort oben kein Bein auf den Boden und verbarrikadierten sich hinter Hadrians Mauer.
Die südlichen Nachbarn, die Engländer, waren erfolgreicher. So sehr, dass sich die Schotten im Laufe der Jahrhunderte einen englischen Dialekt mit rollendem R und kräftigen Rachenlauten angewöhnten und ihre keltische Sprache immer mehr vergaßen. Und schließlich hat sich der englische König Edward I das stolze kleine Reich im Norden einfach einverleibt.
Einfach? Die Einverleibung rief schottischen Heldenmut hervor. Die Namen William Wallace und Robert the Bruce haben sich tief ins Gedächtnis der Schotten eingegraben und Hollywood den Stoff für ein blutig-romantisches Kostümdrama (Braveheart) geliefert. William (Mel Gibson) Wallace rang die Engländer bei Stirling Bridge für kurze Zeit nieder, Robert (Angus Macfadyen) the Bruce bei Bannockburn für längere Zeit.
Die wiedererlangte Unabhängigkeit endete, als im Jahr 1707 die beiden Reiche wieder unter englischer Führung vereinigt wurden. Das geschah nur halb freiwillig, aber die Schotten waren nach dem Darien-Desaster, einem verunglückten Kolonialabenteuer in Mittelamerika, dem Bankrott so nahe, dass sie die brüderliche Hilfe der südlichen Nachbarn dringend benötigten. Trotzdem gab es noch einen weiteren Freiheitskampf mit noch einem Heldennamen für die schottischen Annalen: Bonnie Prince Charlie, ein Stuart mit Thronansprüchen gegenüber den in London regierenden Hannoveranern. Der hübsche („bonnie“) Charles Stuart wurde mit seinem Heer bei Culloden vom Herzog von Cumberland (von den Schotten der „Schlächter” genannt) vernichtend geschlagen. Charlie entkam, verfiel dem Suff und sagte in dunklen Stunden immer wieder: “Ich wollte, ich wäre mit meinen Männern in Culloden gestorben.”
Das war’s erst mal. Frische Kraft erhielt der schottische Nationalismus, als man vor der Küste Erdöl fand und plötzlich reich statt pleite war. Alex Salmond, der jetzt zurückgetretene Erste Minister der schottischen Landesregierung, hatte dabei zwar die moralische Unterstützung des Diaspora-Schotten Sean Connery alias James Bond. Und der war im kämpferischer Hinsicht eine fast so starke Figur wie William Wallace, Robert the Bruce und Bonnie Prince Charlie. Aber es gelang wieder nicht. So reiht sich Bond in die Gruppe der anderen schottischen Helden ein, für die die nationale Unabhängigkeit ein Traum blieb.