Michael Miersch / 17.05.2010 / 00:49 / 0 / Seite ausdrucken

Ein Wal aus einer anderen Welt

Es ist, als ob plötzlich Pinguine am Ostseestrand auftauchen würden. Als israelische Zoologen zum Küstenort Herzelia gerufen wurden, trauten sie ihren Augen nicht. Doch nach Auswertung der Fotos waren sich die Experten des Zentrums für Meeressäugerforschung sicher: Es ist ein Grauwal, der dort vorm Jachthafen herumplanscht. Ein Ding der Unmöglichkeit, denn diese Tierart gibt es nicht im Mittelmeer und auch im gesamten Atlantik nicht.

Im 17. Jahrhundert, so der Stand der Wissenschaft, starb die atlantische Population der Grauwale aus. Seither existieren die bis zu 15 Meter langen und 34 Tonnen schweren Bartenwale nur noch im Pazifik. Dort unternehmen sie lange Reisen. Ein Teil wandert jedes Jahr im Winter von der Küste Alaska bis nach Kalifornien oder in die Lagunen Mexikos. Die Westpazifische Population verbringt den Sommer vor Sibirien und den Winter in koreanischen und japanischen Gewässern.

Doch diese alljährlichen Wanderungen sind ein Spaziergang verglichen mit der Strecke vom Pazifik ins Mittelmeer. Wäre es ein Wal aus der kalifornischen Population, müsste durch den Panama-Kanal getaucht sein oder Kap Hoorn umschwommen haben. Ein sibirischer Grauwal hätte den gesamten indischen Ozean queren, durchs Rote Meer und den Sueskanal schwimmen müssen oder den noch weiteren Weg ums Kap der Guten Hoffnung und die Straße von Gibraltar wählen. Beides ist extrem unwahrscheinlich.

Körperlich wären Grauwale dazu in der Lage. Sie legen im Laufe ihres Lebens Distanzen zurück, die zusammengezählt der Entfernung Erde Mond entsprechen. Aber warum sollte ein Tier plötzlich aus der alljährlichen Wanderroute seiner Art ausscheren und das Mittelmeer ansteuern?

Womöglich wurden doch ein paar atlantische Grauwale übersehen. Dass sie sich allerdings über 300 Jahre lang bei dichtem Schiffsverkehr versteckt halten konnten, klingt noch unwahrscheinlicher als die Weltumschwimmung. Die internationale Walforschergemeinde ist in heller Aufregung. Israelischen Meersbiologen spähen bereits nach Artgenossen. Denn vielleicht ist der Grauwal von Herzelia ja nicht allein. 

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