Von Dr. Clemens Heni
Am 11. November 2008 wurde in der oberpfälzischen Stadt Cham der Prof.-Dr.-Karl-Bosl-Platz feierlich eingeweiht(1), am 6. Juli 2009 wurde vom Bayerischen Philologenverband erstmals die Karl-Bosl-Medaille verliehen(2), und für den 26. November 2009 wurde eine Veranstaltung mit dem Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung (ZfA), Wolfgang Benz, mit den Worten angepriesen, Benz habe 1968 bei Karl Bosl promoviert.(3) Karl Bosl ist also en vogue und scheint ein echter deutscher oder gar bayerischer Held gewesen zu sein.
„Erinnern oder Verweigern“ heißt eine Ausgabe der „Dachauer Hefte“, die von Barbara Distel und Wolfgang Benz 1990 herausgegeben wurde. Kaum ein Wissenschaftler oder Journalist hat sich offenbar je gefragt, wo Wolfgang Benz wissenschaftlich groß geworden ist. Wo hat der Mann promoviert und bei wem? Wer selbst promoviert hat oder mit Freunden und Kollegen darüber spricht, weiß: Es ist ein sehr bewusster Prozess, bei wem man schließlich seine Doktorarbeit schreibt.
Wolfgang Benz hat 1968 in München beim 1908 geborenen Mittelalterhistoriker Karl Bosl promoviert.(4) 1988 erschien anlässlich des 80. Geburtstages von Bosl eine Festschrift; Benz ehrte dort wie selbstverständlich den Jubilar mit einem Beitrag.(5) Bereits 1983 war er – wie der selbst ernannte Faschist Armin Mohler und der nationalsozialistische Historiker und antisemitische „Ostforscher“ Theodor Schieder – Teil der umfangreichen Tabula Gratulatoria, als Bosl seinen 75. Geburtstag feierte. Das ist durchaus bemerkenswert, denn keineswegs alle ehemaligen Schüler von Karl Bosl verehrten ihren Doktorvater weiterhin: Ein Freund von Benz beispielsweise, der Historiker Falk Wiesemann, der insbesondere zur deutsch-jüdischen Geschichte forscht, hat sich jedenfalls nicht in die Gratulantenschar von 1983 eingereiht.(6)
2009 wurde dann, wie erwähnt, für eine Veranstaltung mit Benz in Aalen (Baden-Württemberg) offensiv damit geworben, dass Bosl der Doktorvater von Benz war. Üblicherweise sehen Referenten Ankündigungstexte, -plakate etc. vorab, das heißt: Benz hätte intervenieren können oder sogar müssen, wenn es ihm unangenehm oder peinlich gewesen wäre, gerade als Leiter des ZfA zu betonen, aus wessen Hand er seinerzeit den Doktortitel erhielt.(7)
Hat Wolfgang Benz also kein Problem mit Karl Bosl?
Bosl trat 1933 in die NSDAP und in die SA ein; zudem wurde er Mitglied im Nationalsozialistischen Lehrerbund (NSLB). Er bewarb sich für das 1938 ausgeschriebene Projekt des „Ahnenerbes“ der SS mit dem Thema „Wald und Baum in der arisch-germanischen Geistes- und Kulturgeschichte“ und wurde angenommen, wie der Historiker Bernd-A. Rusinek im Jahr 2000 berichtete. Bosl gehörte zum „nationalsozialistischen Mainstream“ dieses SS-Projekts, wie Rusinek in einem wissenschaftlichen Aufsatz feststellte.(8)
Am 27. Januar 1945 wurden die wenigen Überlebenden des Vernichtungslagers Auschwitz von der Roten Armee befreit. Kurz zuvor, am 16. und 17. Januar 1945, hatten sich einige Historiker des nationalsozialistischen Deutschland zu einer Tagung getroffen.(9) Mit dabei war auch der damals 36jährige Historiker Karl Bosl, wie Rusinek herausfand:
„Bosl beteiligte sich auch an der vermutlich letzten Historikertagung des ‚Dritten Reiches‘. Diese wurde im wesentlichen von Theodor Mayer organisiert und fand am 16. und 17. in Braunau am Inn statt – nirgends anders als im Geburtshaus des ‚Führers‘. Tagungsthema waren ‚Probleme der Siedlungs – und Verfassungsgeschichte der baierischen Stammesgebiete‘. Karl Bosl referierte über den ‚Landesausbau im baierischen Raum‘, Otto Brunner über ‚Entstehung einer österreichischen Geschichtsauffassung‘. Ein Kollege, Privatdozent, von dem Mediävisten Gerd Tellenbach nach der ‚Machtergreifung‘ erstaunt darauf angesprochen, warum er denn in die ‚Partei‘ eingetreten sei, formulierte das klassische Opportunisten-Credo: ‚Man möchte doch auch einmal einen Ruf haben.‘ Aber – und damit wird eine subjektive Einschätzung formuliert - es geht über dieses Maß erheblich hinaus, wie Bosl noch im Frühjahr 1945 in Hitlers Geburtshaus an einer Historikertagung teilzunehmen.“(10)
Weiter schrieb Rusinek:
„Nach Bosls Selbstäußerungen, nach der SD-Einschätzung wie nach seinen Aktivitäten weist alles darauf hin, daß er bis Frühjahr 1945 ein bekennender Nationalsozialist gewesen ist.”(11)
Der SD hatte über Bosl bei „der Bewerber-Vorauswahl“ des SS-Projektes recherchiert und war zu dem Schluss gekommen:
„Bosl (bes. geeignet:+ /Parteigen.:+ /W’ansch.:+ / Bemerk.: einsatzfähig wiss. Nachwuchs).“(12)
Karl Bosl war ein hoch angesehener Historiker; er ist einer der bekanntesten Mittelalterhistoriker bis heute, nicht nur in Deutschland. Hätte Benz sich einmal die Mühe gemacht, die Sprache von Bosl nach 1945 mit seinen Quellen und Ideologemen vor 1945 zu vergleichen, dann hätte er merken können, was Rusinek analysierte:
„Der Untertitel ‚Sozialgeschichte‘ dieses 1949 veröffentlichten Beitrages(13) läßt die Technik des Wissenschaftlers erkennen, Fragen von gestern gleichsam neu zu formatieren und in ein nunmehr opportunes Theoriedesign zu rahmen. (…) Als Bezugsautoren fungieren Brunner, Bosls Mit-Referent auf der bemerkenswerten Historikertagung vom Januar 1945 im Geburtshaus des ‚Führers‘, Mitteis sowie Bosls Habilitations-Gutachter von 1944, Theodor Mayer“.(14)
1963 gab Bosl einen Festband für Theodor Mayer heraus – einen im nationalsozialistischen Wissenschaftsbetrieb sehr aktiven Historiker –, gespickt mit einem gleichsam enthusiastischen Text zu dessen 80. Geburtstag.(15)
In einem Interview wurde Bosl 1990 unter anderem über die Zeit des Nationalsozialismus befragt. Bosl log nachgerade wie gedruckt und stellte sich gar als Widerstandskämpfer dar. Er zeigte keinerlei Reue und schwieg einfach über seine Mitgliedschaften in der NSDAP, der SA und dem NSLB und zu seiner Mitarbeit in einem Projekt des „Ahnenerbes“ der SS. Schlimmer noch – er sagte:
„Diese Wanderjahre habe ich eigentlich in aller Stille verbracht, ich hab mich überall zurückgezogen, denn von zu Haus aus hat die antihitleristische Haltung meines Elternhauses bei mir schon sehr stark nachgewirkt. Und ich hab meine Doktorarbeit gemacht. Ich war nirgends dabei damals, ich hab meine Doktorarbeit gemacht, und ich habe im Jahre 1938 dann in München promoviert und hab mich dann sofort entschlossen, nachdem das sehr gut gelang, Karl Alexander von Müller zu bitten, mich als Habilitanden anzunehmen.“(16)
Bosl sprach also die Unwahrheit über seine Zeit im Nationalsozialismus und über seine Mitgliedschaften und Aktivitäten in nationalsozialistischen Organisationen – doch Wolfgang Benz kümmert das bis heute nicht. Bosl betrieb eine Derealisierung, das heißt eine Entwirklichung der eigenen nationalsozialistischen Vergangenheit. Das ist eine typische Form des sekundären Antisemitismus, der eigentlich zum Forschungsbereich des ZfA gehören sollte.
In einem Brief an das „Ahnenerbe“ der SS aus dem Jahr 1942, also während des Holocaust, betonte Bosl, er arbeite bzw. habilitiere „bei Prof. Karl Alexander von Müller“.(17) Bosl schrieb das mit ersichtlichem Stolz, augenscheinlich insbesondere vor dem Hintergrund, dass von Müller ein sehr einflussreicher Akademiker und Nationalsozialist war, mit Hitler gut bekannt seit den frühen 1920er Jahren, zudem Schwager eines Vordenkers der NSDAP, Gottfried Feder, sowie Doktorvater des Historikers Theodor Schieder.(18) 1964 gab Bosl eine Festschrift zu von Müllers 80. Geburtstag heraus.(19) Nazi-Seilschaften im Wirtschaftswunderland. Wenig später wurde Wolfgang Benz der Doktorand von Bosl.
1964 publizierte Karl Bosl zudem im rechtsextremen Witikobund.(20)
Aus Bosls Betonung im Jahr 1990, „damals“ „nirgends dabei“ gewesen zu sein und bei von Müller habilitiert zu haben, spricht die Unverfrorenheit, Schamlosigkeit und Feigheit eines ganz normalen Deutschen, der schon frühzeitig Mitglied in der NSDAP und anderen nationalsozialistischen Organisationen wurde. Bosl starb 1993 als geehrter Mann; Nachrufe lobten den „Historiker mit Humor“(15), heute werden Medaillen und Plätze nach ihm benannt – und der bekannteste deutsche Antisemitismusforscher lässt auf Veranstaltungsplakaten betonen, dass er bei ihm promoviert hat. Bosl wollte nicht an seine NSDAP- oder SA-Mitgliedschaft erinnert werden – wohl deshalb hat er gelogen, als er in einem Interview Auskunft über die Zeit des Nationalsozialismus geben sollte. Erinnerungsabwehr ist ein ganz einfacher Vorgang, solange niemand kritisch nachhakt.
Fakt ist also: Wolfgang Benz hat dem ehemals überzeugten Nationalsozialisten Karl Bosl, seinem Doktorvater von 1968, noch 1988 zum 80. Geburtstag gratuliert und lässt bis heute damit werben, dass er bei ihm promoviert hat. Bosl war zudem zumindest in den 1960er Jahren in rechtsextremen Kreisen wie dem Witikobund aktiv.
Dabei hätte Benz merken müssen, dass z.B. in Bosls „Bayerischer Geschichte“ (1. Auflage 1971; 7., durchgesehene Auflage 1990) der Nationalsozialismus einfach übersprungen wird, eine Leerstelle ist. Der Holocaust als Teil auch der bayerischen Geschichte wird einfach geleugnet, weil Bayern 1933 aufgehört habe, „eine eigene Staatspersönlichkeit zu sein“. Stattdessen sucht Bosl eifrig danach, ob es noch ein „besonderes bayerisches Menschsein geben kann“.(21)
Die Historikerin Anne Christine Nagel schrieb in ihrer Habilitationsschrift aus dem Jahr 2005 über Bosl:
„Bosl trat im Mai 1933 in die NSDAP (Nr. 1884319) und gleichzeitig auch in die SA ein, 1934 kam die Mitgliedschaft im NSLB hinzu. Dies nach R 21 (Hochschullehrerkartei; BDC Ahnenerbe, Karl Bosl sowie Bosl, Karl (NSLB), 11.11.08 (Technisches zur Mitgliedschaft im NSLB) sämtlich im BAB. (…)
Denn entgegen seiner Selbstdarstellung übte Bosl nach der Machtergreifung alles andere als Distanz zum Regime. Als Parteimitglied der ersten Stunde, Mitglied in SA und Leiter verschiedener nationalpolitischer Schulungslager setzte er sich vielmehr ausgesprochen aktiv für die Ziele des Nationalsozialismus ein. Begeisterter Gymnasiallehrer, der Bosl, aus ländlichem Milieu stammend, über Jahre hinweg war, spielte er eine maßgebliche Rolle im Nationalsozialistischen Lehrerbund.“(22)
Auf meine per E-Mail an Wolfgang Benz gerichtete freundliche Anfrage vom 8. Januar 2010 zu seinen Äußerungen zur politischen Biografie von Karl Bosl erhielt ich keine Reaktion.
Wussten die beteiligten Akademiker bei der Einstellung von Benz als Leiter des ZfA im Jahr 1990 von der Tatsache, dass Benz nur kurz zuvor in einer Festschrift für seinen Nazi-Doktorvater Bosl mit einem Beitrag vertreten war?
Benz ist bekannt für seine häufigen Kommentare und Einlassungen in Printmedien sowie in Film, Funk, und Fernsehen, und er versucht stets den Eindruck zu vermitteln, dass ihm die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und seinen Verbrechen in jeder (!) Hinsicht ein wirklich ernstes Anliegen ist. Doch wie es aussieht, hatte er zur wissenschaftlichen und politischen Herkunft seines Doktorvaters über inzwischen mehr als 40 Jahre hinweg nichts zu sagen. Dabei ist es doch beschämend, ja, geradezu peinlich und würdelos – insbesondere als bekannter, zur NS-Zeit, zum Antisemitismus und zum Holocaust arbeitender Historiker –, einem ehemals bekennenden Nationalsozialisten zum 80. Geburtstag zu gratulieren und wenig später Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung zu werden. Mit der gleichen Selbstverständlichkeit, mit der Benz 1988 für Bosls Festband schrieb, würdigt er seitdem auch Überlebende der Shoah.
1990 schrieb Wolfgang Benz in den von ihm mitbegründeten „Dachauer Heften“:
„Das Dilemma zwischen moralischen Anspruch, politischer Notwendigkeit und sozialer Realität blieb ungelöst. Die Entnazifizierung wurde für die meisten mit Erleichterung als Endpunkt verstanden, von dem an der Nationalsozialismus eine Generation lang mit kollektivem Schweigen, in weitverbreiteter Amnesie, behandelt wurde. Erst die Enkel versuchten dies Schweigen zu brechen, ihr Dialog mit der nationalsozialistischen Vergangenheit hat spät, erst Ende der 60er Jahre begonnen.“
(23)
Benz selbst hat Ende der 1960er Jahre allerdings offenbar gerade nicht geschaut, ob sein eigener Fachbereich mit Nazis besetzt war. Und wenn er es doch wusste, hat er sich nie darum gekümmert, was ein vormaliger Nationalsozialist wie Bosl (24) im NS-Staat konkret getan hat.
Nicht alle Professoren in der alten Bundesrepublik waren Ex-NSDAP Mitglieder oder arbeiteten in Projekten des „Ahnenerbes“ der SS mit. Fast zur gleichen Zeit, zu der Wolfgang Benz promovierte, reichte Gudrun Traumann in Berlin an der Freien Universität ihre Dissertation zum Thema „Journalistik in der DDR“ ein, 1969 nämlich.(25) Ihr Doktorvater war Hellmut von Rauschenplat alias Fritz Eberhard. Rauschenplat war vom NS-Staat per Haftbefehl gesucht worden und hatte sich im Untergrund den Namen Fritz Eberhard gegeben. Er war u.a. bis 1939 im „Sozialistischen Kampfbund“ aktiv. Der Co-Referent bei Traumanns Dissertation war Ossip K. Flechtheim, der nur durch seine Flucht ins Exil in die Schweiz bzw. in die USA überleben konnte. Während Benz also bei einem alten Nazi promovierte, erhielt Traumann fast zeitgleich ihren Doktortitel von Opfern und Gegnern des Nationalsozialismus.
Heute spielt Benz die Gefahr des islamischen Antisemitismus und des islamischen Dschihad insgesamt herunter, ja, er setzt Antisemitismus und „Islamfeindschaft“ – wie er offenbar jegliche Kritik am politischen Islam bezeichnet – gleich. (26) Gudrun Traumann heißt inzwischen Gudrun Eussner; sie ist eine Publizistin und Kritikerin des islamischen Dschihad, des muslimischen Antisemitismus und der ZfA-Konferenz über „Feindbild Jude – Feindbild Muslim“ von Dezember 2008.(27)
Man fragt sich nach alledem: Wie glaubwürdig ist der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung Wolfgang Benz, wenn er einem ehemaligen Mitglied der NSDAP, der SA und des NS-Lehrerbundes wie seinem Doktorvater Karl Bosl noch im Jahr 1988 in einer Festschrift gratuliert – einem Mann, der noch im Januar 1945 im Geburtshaus von Hitler an einer Historikertagung teilnahm, damit also offenbar zeigen wollte, wie eng diese Historiker zu ihrem „Führer“ standen?
Wie glaubwürdig ist Benz, wenn er noch im November 2009 eine Veranstaltung zu einem Vortrag von ihm in Aalen damit bewerben lässt, dass Karl Bosl(28) sein Doktorvater war? Was ist von einem Historiker zu halten, dem es augenscheinlich bis ins Jahr 2010 hinein nichts ausmacht, dass sein Doktorvater bei einem Projekt des „Ahnenerbes“ der SS mitarbeitete?(29)
Möchte also der Leiter des Zentrums für Antisemitismusforschung an die Geschichte des Nationalsozialismus und der aktiven Nazis im NS-Staat erinnern – oder verweigert er diese Erinnerung, sobald es an die eigene Geschichte geht?
Anmerkungen:
(1) http://www.mittelbayerische.de/index.cfm?pid=3073&pk=317550&p=1 (abgerufen am 10.01.2010).
(2) http://www.bpv.de/service/presse/2009/presse07072009.htm (abgerufen am 10.01.2010).
(3) http://www.ostalbmap.de/sixcms/media.php/26/PM459_2009Einladung-Benz.pdf (abgerufen am 10.01.2010).
(4) Wolfgang Benz (1970): Süddeutschland in der Weimarer Republik. Ein Beitrag zur deutschen Innenpolitik 1918–1923, Berlin: Duncker & Humblot. In der Einleitung heißt es: „Diese Arbeit ist 1968 von der Philosophischen Fakultät der Universität München als Dissertation angenommen worden. Es ist mir ein aufrichtiges Bedürfnis, meinem verehrten Lehrer Professor Dr. Karl Bosl für die Anregung und Betreuung dieser Arbeit zu danken.“
(5) Wolfgang Benz (1988): Herrschaft und Gesellschaft im nationalsozialistischen Staat, in: Ferdinand Seibt (Hg.): Gesellschaftsgeschichte. Festschrift für Karl Bosl zum 80. Geburtstag, herausgegeben im Auftrag des Collegium Carolinum von Ferdinand Seibt, München: R. Oldenbourg Verlag, S. 243-255. Der erste Satz des Artikels stehe paradigmatisch für ein Ausblenden je subjektiver Verantwortlichkeit: „Die nationalsozialistische Herrschaft gründete sich auf der Ekstase der Beherrschten“ (ebd.: 243). Der Herausgeber schweigt über die Vergangenheit von Bosl; siehe Ferdinand Seibt (1988a): Zur Gratulation, in: ders. (Hg.): Gesellschaftsgeschichte. Festschrift für Karl Bosl zum 80. Geburtstag, Band 1, S. 9f. Benz geht nicht auf Bosl ein; der Beitrag selbst scheint Ehrung genug zu sein. Allerdings fällt auf, dass Benz in seinem knappen Text den Antisemitismus des Nationalsozialismus unter der Rubik „etliche Feindbilder“ (wie „Juden oder Bolschewisten“ bzw. „Juden, Kommunisten, zersetzenden Intellektuelle“), subsumiert, den Holocaust also nicht als präzedenzloses Verbrechen analysiert. Der Holocaust ist zwar nicht das Thema des Aufsatzes; dennoch ist diese Ungenauigkeit schon deshalb von Bedeutung, da Kommunisten auf andere Weise Opfer wurden als Juden: Kommunisten konnten sich notfalls arrangieren; der eliminatorische Antisemitismus hingegen verfolgte jeden einzelnen Juden als solchen. Der Begriff „Volksgemeinschaft“ taucht im Text von Benz ganz bewusst nur in Anführungsstrichen auf, so, als wäre die antisemitische deutsche Gesellschaft zwischen 1933 und 1945 nur am Rande oder nicht wirklich als Volksgemeinschaft aktiv gewesen. Benz geht es um „Herrschaftstechnik“, um „Propaganda“, „Regie des öffentlichen Lebens“, „Ästhetik“, „Kulthandlungen als Religionsersatz“ sowie um „die Stilisierung des Volks als Kultverband.“ Auffallend ist die weitgehende Abwesenheit von aktiven Deutschen, die den NS-Staat gestalteten.
So ist es auch kein großes Wunder, dass Wolfgang Benz 1998 auf dem 42. Deutschen Historikertag in Frankfurt am Main, wo es in großen Debatten um die Biografien von führenden deutschen Historikern während der NS-Zeit ging – wie Theodor Schieder, Werner Conze und Otto Brunner –, keine Rolle spielte. Nicht erst, aber verschärft seit diesem Historikertag sind die Lebensläufe und produzierten Ideologeme sowie die Tätigkeiten von Historikern und anderen Wissenschaftlern im Nationalsozialismus Gegenstand vielfältiger Forschungen. Dabei hätte Benz allen Grund nachzuhaken: Er selbst hat 1976 für einen dieser nun konsequent zu kritisierenden Historiker einen Gedächtnisband mit ediert: Wolfgang Benz/Hermann Graml (Hg.) (1976): Aspekte deutscher Außenpolitik im 20. Jahrhundert. Aufsätze Hans Rothfels zum Gedächtnis, Stuttgart: Deutsche Verlags-Anstalt. Interessant ist u.a. – zumal angesichts der Tatsache, dass Benz heute Antisemitismusforscher ist –, dass der Großmufti von Jerusalem Hajj Amin al-Husseini gänzlich positiv und als Retter der Araber vorgestellt wird, ohne dass von seinem Antisemitismus die Rede wäre; siehe Alexandre Kum’a N’dumbe III (1976): Pläne zu einer nationalsozialistischen Kolonialherrschaft in Afrika, in: ebd., S. 165-192, hier: S. 170. Heute vertritt N’dumbe III die These, es sei ein „Genozid“, wenn an afrikanischen Universitäten auf Englisch unterrichtet wird: http://clemensheni.wordpress.com/2009/09/07/arabophile-ausstellung/
(6) Siehe die Tabula Gratulatoria in Ferdinand Seibt (1983): Die böhmischen Länder zwischen Ost und West. Festschrift für Karl Bosl zum 75. Geburtstag, München/Wien: R. Oldenbourg Verlag, S. IX-XVI. Wiesemann hat bei Bosl promoviert; in der Festschrift zum 70. Geburtstag ist er jedoch nicht vertreten, auch nicht bei den Ehrungen zum 75. oder 80. Geburtstag von Bosl. Siehe Zeitschrift für Bayerische Landesgeschichte, Band 41, Heft 2/3, 1978, „Die in diesem Band vereinigten Aufsätze widmen die Autoren Karl Bosl zum 70. Geburtstag“.
Ein fachgeschichtlich ausgerichteter Artikel geht kurz auf Bosl ein, ohne jedoch dessen NS-Vergangenheit in den Blick zu nehmen, obwohl Bosl im NS promoviert und habilitiert hat; siehe Klaus Schreinber (1989): Wissenschaft von der Geschichte des Mittelalters nach 1945. Kontinuitäten und Diskontinuitäten der Mittelalterforschung im geteilten Deutschland, in: Ernst Schulin (Hg.): Deutsche Geschichtswissenschaft nach dem Zweiten Weltkrieg. Unter Mitarbeit von Elisabeth Müller-Luckner, München: R. Oldenbourg Verlag, S. 87-146, hier S. 108f. bzw. 130-134.
(7) „Wolfgang Benz wurde am 9. Juni 1941 in Ellwangen geboren. Der Vater war Arzt und als Katholik Gegner der Nationalsozialisten. Er wuchs in Aalen auf und machte am Schubart Gymnasium das Abitur. Danach studierte er Geschichte, Politologie und Kunstgeschichte in Frankfurt/Main, Kiel sowie München und schrieb nebenher für die Ellwanger ‚Ipf- und Jagstzeitung’. 1968 folgte die Promotion in München bei Karl Bosl mit einer Analyse über Süddeutschland in der Weimarer Zeit.“ http://www.ostalbmap.de/sixcms/media.php/26/PM
459_2009Einladung-Benz.pdf (abgerufen am 10.01.2010) Die Formulierung „als Katholik Gegner der Nationalsozialisten“ ist abwegig, da damit doch suggeriert wird, Katholiken seien häufig, oft oder gar per se „Gegner der Nationalsozialisten“ gewesen. Dieser Ankündigungstext scheint zudem einfach aus dem bekannten Munzinger-Archiv herauskopiert worden zu sein. Auch der dort zu findende Beitrag zu Karl Bosl ist lückenhaft; vgl. http://www.munzinger.de (abgerufen am 08.01.2010). Zu einer exemplarischen Analyse von Katholizismus, Antisemitismus und Nationalsozialismus siehe Clemens Heni (2009): Neudeutscher Antihumanismus, Antiliberalismus und Antisemitismus vor, während und nach dem Nationalsozialismus: Wenig bekannte Quellen des katholischen Bundes Neudeutschland, in: ders. (2009a): Antisemitismus und Deutschland. Vorstudien zur Ideologiekritik einer innigen Beziehung, Morrisville (NC): lulu Verlag, S. 106-178.
(8) Bernd-A. Rusinek (2000): „Wald und Baum in der arisch-germanischen Geistes- und Kulturgeschichte“ – Ein Forschungsprojekt des „Ahnenerbe“ der SS 1937 – 1945, in: Albrecht Lehmann/Klaus Schriewer (Hg.) (2000): Der Wald – Ein deutscher Mythos? Perspektiven eines Kulturthemas, Berlin/Hamburg: Dietrich Reimer Verlag, S. 300. Um in diese Kategorie zu fallen, mussten zwei der folgenden Kategorien erfüllt sein: „1.) NSDAP-Mitglied; 2.) SS-Angehöriger, 3.) wissenschaftlicher Ahnenerbe-Mitarbeiter; 4.) publizistisch im nationalsozialistischen Sinne ausgewiesen, so etwa durch Beiträge in der Zeitschrift ‚Germanien‘; 5.) Mitarbeiter des SD; 6.) Protegiert von ausgesprochen nationalsozialistischen Groß-Ordinairen; 7.) Protegiert von Himmler oder Göring persönlich; 8.) ‚Alter Kämpfer‘.“ (Rusinek 2000: 300). Auf Bosl trafen die beiden Kriterien 1.) und 6.) zu, „gegen Kriegsende kam das Kriterium 4.) hinzu“ (ebd.: 300, Anm. 106).
(9) Rusinek 2000, S. 267-363, hier S. 348.
(10) Rusinek 2000: 348.
(11) Rusinek 2000: 349.
(12) Rusinek 2000: 346.
(13) Der Beitrag heißt „Forsthoheit als Grundlage der Landeshoheit in Baiern. Die Diplome Friedrich Barbarossas von 1156 und Heinrichs VI. von 1194 für das Augustinerchorherrenstift Berchtesgaden. Ein Beitrag zur Verfassungs-, Siedlungs-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte des bayerischen Alpenlandes“ (zitiert nach Rusinek 2000: 349).
(14) Rusinek 2000: 349f.
(15) Karl Bosl (Hg.) (1963): Bohemia. Jahrbuch des Collegium Carolinum. Band 4, München: Verlag Robert Lerche; Karl Bosl (1963a): Zum 80. Geburtstag von Prof. Theodor Mayer, dem 1. Vorsitzenden des Collegium Carolinum, in: ebd., S. 9-15. Bosl rechtfertigt hier die historischen Tagungen der NS-Historiker: „Unter dem Motto ‚Einsatz der Geisteswissenschaften im Krieg‘ gelang es dem Präsidenten in schwerster Zeit, in der sonst Klio als Wissenschaft schweigt, jedoch in geschichtemachendem Sturm durch die Völker rast, die deutschen Mediävisten und Rechtshistoriker zu gemeinsamen Tagungen zusammenzuführen, auf denen kein Wort ‚historische Politik‘ gesprochen, aber genau so wie auf Mainau und Reichenau in höchstem Ernst mit den Problemen des deutschen Mittelalters gerungen wurde. Ich denke an Magdeburg, wo eine das Dritte Reich so erregende Frage wie die der germanischen Kontinuität in scharfer Diskussion und mit größter Sachlichkeit erörtert wurde, sodaß einer der Hauptredner und Hauptkritiker von damals, Hermann Aubin, die Ergebnisse noch 1945 in einem großen Aufsatz ohne Streichung veröffentlichen konnte.“ (ebd.: 12) Bosl rechtfertigt damit auch die Tagung von Januar 1945 im Geburtshaus des „Führers“.
(16) Karl Bosl (1990/1996): Karl Bosl. Eine Bibliographie. Haus der Bayerischen Geschichte. Materialien zur Bayerischen Geschichte und Kultur 3/96, Augsburg: Bayerische Staatskanzlei. Haus der Bayerischen Geschichte, S. 19, Herv. C.H.
(17) Vgl. Rusinek 2000: 347. Quelle: „BAB, NS 21-336: Studienrat Dr. Karl Bosl an Ahnenerbe, undat. (April 1942)“ (ebd., Anm. 281).
(18) Vgl. zu von Müller und Schieder: Götz Aly (1999): Theodor Schieder, Werner Conze oder Die Vorstufen der physischen Vernichtung, in: Winfried Schulze/Otto Gerhard Oexle (Hg.) (1999): Deutsche Historiker im Nationalsozialismus, Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag, S. 163-182, hier S. 167. Zur Diskussion über Historiker im Nationalsozialismus und das Schweigen oder Affirmieren danach siehe auch Rüdiger Hohls/Konrad H. Jarausch (Hg.) (2000): Versäumte Fragen. Deutscher Historiker im Schatten des Nationalsozialismus. Unter Mitarbeit von Torsten Bathmann, Jens Hacke, Julia Schäfer und Marcel Steinbach-Reimann, Stuttgart/München: Deutsche Verlags-Anstalt.
(19) Peter Schöttler (1997/1999): Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918-1945. Einleitende Bemerkungen, in: ders. (Hg.) (1999): Geschichtsschreibung als Legitimationswissenschaft 1918-1945, Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag, S. 7-30, hier S. 25, Anm. 26.
(20) http://www.witikobund.de/html/schriften.HTM (abgerufen am 15.01.2010). Das Wirken von Karl Bosl nach 1945 harrt weiter seiner kritischen Analyse. Der Witikobund jedenfalls, für den er 1964 schrieb, wurde bis 1967 vom Bundesministerium des Innern als „rechtsextrem“ eingestuft (vgl. http://www.klick-nach-rechts.de/gegen-rechts/2001/04/witiko02.htm (abgerufen am 15.01.2010), sprich: Benz promovierte nicht nur bei einem alten Nazi, vielmehr auch bei einem aktiven Rechtsextremisten in der Bundesrepublik.
(21) Friedrich Prinz (1993): Bayerns Besonderheit. Historiker mit Humor und große Figur: Zum Tode von Karl Bosl, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20.01.1993. Genauso lobhudelnd der Nachruf in der NZZ von Peter Blickle (1993): Das unruhige Mittelalter. Zum Tod des Historikers Karl Bosl, in: Neue Zürcher Zeitung, 21.01.1993. Eine weitere, den aktiven Nationalsozialismus Bosls komplett derealisierende Huldigung, welche die von „Karl Alexander von Müller betreute[]“ Dissertation Bosls feiert, von Eberhard Weis (1993): Karl Bosl 11.11.1908-18.1.1993, in: Bayerische Akademie der Wissenschaften. Jahrbuch 1993, München: Verlag der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, S. 246-252, hier S. 257. Ausführlich und ebenso affirmativ der Nachruf der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Wilhelm Störmer (1994): Nachrufe: Karl Bosl (1908-1993), in: Zeitschrift für bayerische Landesgeschichte. Herausgegeben von der Kommission für bayerische Landesgeschichte bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften in Verbindung mit der Gesellschaft für fränkische Geschichte und der Schwäbischen Forschungsgemeinschaft, Band 57, S. 171-176. Hier wird auch die internationale Bedeutung von Bosl deutlich, dem als „verehrte[r] Vaterfigur“ geschmeichelt wird: „Zahlreich sind die Ehrungen, die Karl Bosl erfahren hat. Er war Mitglied angesehener Gesellschaften, der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, der Britischen Akademie der Wissenschaften in London, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften in Wien, der Medieval Academy of America (Cambridge/Mass.), der Europäischen Akademie der Geschichte in Brüssel; er erhielt eine Rose-Morgan-Professur an der Universität Lawrence/Kansas (USA) und eine Carl-Schurz-Professur an der Universität Madison/Wisconsin (USA). Für seine Verdienste wurde er auch im öffentlichen Bereich hoch geehrt, so mit der Lodgman-von-Auen-Medaille, der Adalbert-Stifter-Medaille, dem Großen Kulturpreis der Sudetendeutschen Landsmannschaft, dem Kulturpreis des Bayerwaldes, dem Bayerischen Verdienstorden, dem Großen Bundesverdienstkreuz, 1983 mit dem Preis der Bayerischen Volksstiftung, 1984 mit dem Bayerischen Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst, Abteilung Wissenschaft, 1985 mit der Bayerischen Verfassungsmedaille in Gold. Es versteht sich, daß der geborene Chamer 1984 auch Ehrenbürger der Stadt Cham/Opf. wurde.“ (ebd.: 175f.)
(22) Karl Bosl (1971)/1990: Bayerische Geschichte, 7., durchgesehene Auflage, München: W. Ludwig Buchverlag, S. 237 bzw. 240.
(23) Anne Christine Nagel (2005): Im Schatten des Dritten Reiches. Mittelalterforschung in der Bundesrepublik Deutschland 1945–1970, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, S. 137, Anm. 140 bzw. S. 137. „BAB“ ist die Abkürzung für: Bundesarchiv Berlin.
(24) Wolfgang Benz (1990/1994): Nachkriegsgesellschaft und Nationalsozialismus. Erinnerung, Amnesie, Abwehr, in: Dachauer Hefte Heft 6: Erinnern oder Verweigern. Das schwierige Thema Nationalsozialismus, München: Deutscher Taschenbuch Verlag, S. 12-24, hier S. 24.
(25) Diese Informationen finden sich bei Wikipedia – http://de.wikipedia.org/wiki/Karl_Bosl (abgerufen am 07.01.2010) – und auch in einem Kulturlexikon: Ernst Klee (2007): Das Kulturlexikon zum Dritten Reich. Wer war was vor und nach 1945, Frankfurt am Main: Fischer Verlag, S. 70. Bosl war auch Mitarbeiter der „Landesleitung Süd des Bundes Deutscher Osten“ (ebd.), einer nationalsozialistischen Organisation, welche „die Grundsätze der nat.-soz. Volkstumspolitik“ vertrat (vgl. Meyers Lexikon, 8. Auflage, 2. Band, Leipzig 1937, S. 291); diese Position hatte er von 1935–1938 inne; vgl. Rusinek 2000: 346, der zusätzlich anführt, dass Bosl „ab 1939 Kreisverbandsleiter des Reichskolonialbundes Ansbach“ war (ebd.).
(26) Gudrun Traumann (1971): Journalistik in der DDR. Sozialistische Journalistik und Journalistenausbildung an der Karl-Marx-Universität Leipzig, München-Pullach/Berlin: Verlag Dokumentation.
(27) Das ZfA und sein Leiter Benz setzen Antisemitismus und „Islamkritik“ gleich, siehe den Text von Benz in der Süddeutschen Zeitung vom 4. Januar 2010: „Das Feindbild “Westen” im arabischen Kulturkreis wird von Populisten im Westen mit dem Feindbild “Islam” erwidert. Es folgt den gleichen Konstruktionsprinzipien“ (http://www.sueddeutsche.de/politik/837/499119/text/print.html abgerufen am 14.01.2010). Das ist eine Gleichsetzung.
(28) Benz erwähnte in der Einleitung zu dieser ZfA-Konferenz, es habe auch „eine Frau Doktor Euter oder so“ protestiert. Benz könnte sich seriös mit Kritikern befassen und Autoren beim richtigen Namen nennen, statt sich über Internet-Blogger lustig zu machen. Zur Kritik an der ZfA-Konferenz siehe den Text von Gudrun Eussner: „Konferenz Feindbild Muslim – Feindbild Jude. Ein Skandal“, http://www.eussner.net/artikel_2008-12-06_16-02-31.html (abgerufen am 09.01.2010).
(29) Während die Waffen-SS die Juden im Holocaust vernichtete, war Bosl beim „Ahnenerbe“ der SS beschäftigt, ja, er hat seine von der SS bezahlte (!) Forschung gar nach 1945 verwendet, als einer von ganz wenigen aus diesem Projekt, wie Rusinek abschließend hervor- und zumal auf die sprachlichen Veränderungen bei Bosl abhebt sowie decodiert, wie Bosl NS-Ideologie in die BRD hinüberschleppt, lediglich sprachlich verändert: „Deutlich sind die Ansätze des ‚Wald und Baum‘-Projekts zu spüren, wenn Bosl 1949 vom ‚Forstbegriff‘ aus die faktische und verfassungsrechtliche berchtesgadnische Landeshoheit entwickelte oder über den Zusammenhang von Wald, Rodung und Volk schrieb: ‚Neben anderen Ursachen hat also der Wald- und Rodungscharakter unseres Landes entscheidend die verfassungsgeschichtliche Entwicklung der Deutschen beeinflusst, er hat aber auch irgendwie den Typ unseres Volkstums geprägt, indem er den freien Rodungsbauern entstehen ließ, ein kerniges Waldbauerntum, abgehärtet, gesund, kinderreich, aber auch frei, ja eigenbrötlerisch in seiner Gesinnung, stolz auf sein altes, hergekommenes Recht und unerbittlich zäh, ja halsstarrig im Kampf um dasselbe.‘ Es ist nicht zuviel spekuliert, wenn wir annehmen, daß der Begriff ‚Rasse‘ als historische Basalkategorie des ‚Wald und Baum‘-Projekts elidiert und durch die eher schwebenden Relationen ‚neben anderen Ursachen‘ und ‚aber auch irgendwie den Typ unseres Volkstums geprägt‘ ersetzt wurde.“ (Rusinek 2000: 350) Bosls verwendete seine Forschung bei der SS für einen Aufsatz im Jahr 1949; siehe ebd.: 349.