David Harnasch / 18.10.2013 / 09:09 / 1 / Seite ausdrucken

Ein Fall für den Fellow

Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschuss und unermüdliche Facebooknutzer Ruprecht Polenz verabschiedete sich mit Ende der Legislatur in den Unruhestand. Obwohl er seinen Antisemitenstadel bei Facebook eigentlich schließen wollte, wird ihm nicht langweilig werden. Und hungern muss der unermüdliche Trommler für einen EU-Beitritt der Autokratur Erdogans auch nicht, wie man im Abschiedsinterview bei der Deutschen Welle erfahren durfte:
Herr Polenz, zum Abschluss möchte ich Ihnen noch eine persönliche Frage stellen. Wie geht es für Sie jetzt weiter? Was planen Sie für Ihr Leben nach der Politik?
Ich habe mir für das nächste Jahr ein umfangreiches Arbeitsprogramm vorgenommen. So habe ich vom Istanbul Policy Center ein Senior-Fellowship angeboten bekommen, das ich nutzen will, um an einem Buch zu arbeiten.

Da erinnert sich der Leser an die Gas- bzw. Pipelinelobbyisten Schröder und Fischer und googelt. Wir lernen auf der Seite der Stiftung:
“JUNIOR-Fellows erhalten 2.700,- monatlich.” “Zwischen 2012 und 2016 stellt die Stiftung Mercator für das Fellowship-Programm und weitere Projekte am IPC insgesamt rund 5,5 Millionen Euro zur Verfügung.”

Wir rechnen: Also 1,1 Mio. p.a. und lesen weiter:
“Neben sechs Junior Fellows nehmen drei Senior Fellows an dem Programm teil” “Die Junior-Fellows erhalten ein monatliches Stipendium von 2.700 Euro, weitere Fördermittel können bei Bedarf beantragt werden.”
Wir rechnen: Die 6 Junioren kosten jeweils 32.400 € p.a. also 194.000 € insgesamt. Dann blieben für die drei Senioren und Verwaltung noch 905.600 € übrig. Wenn das so ausgeschüttet würde (es wird freilich noch ein paar Abzüge für Verwaltungsarbeit geben), hätte Polenz mal eben 300K p.a. für den Ausverkauf deutscher Interessen an Erdogan kassiert. Gegen Schröder eine Lachnummer, aber er war ja auch wirklich nicht so effektiv. Tatsächlich behauptet die Stiftung auch keineswegs, ihre Senior Fellows bei irgendwelchen konkreten Buch- oder Forschungsprojekten unterstützen zu wollen, es geht ganz offen darum, in der Vergangenheit erbrachte Leistungen zu honorieren:
“Mercator – IPC Senior Fellowships are granted to internationally renowned scholars and highly-respected members of civil society who have already made a significant contribution to German-Turkish or European-Turkish relations. Candidates are chosen by the partners of the Istanbul Policy Center – Sabancı University – Stiftung Mercator Initiative.”

Dieser Tage macht Polenz’ Förderer international Schlagzeilen, weil er seinerseits westliche Interessen an den Iran verkauft hat: Das Nato-Land Türkei soll zehn israelische Spione an den Iran verraten haben. Der Westen und die USA werden sich künftig nicht ohne Weiteres auf die Loyalität der Türkei verlassen können.
Da hoffen wir, dass vor lauter Arbeit am Buch noch Zeit bleibt für einen Aufsatz mit dem Tenor: “Dieser schlimme Verrat ist nicht akzeptabel, aber das israelische Säbelrasseln ist auch nicht akzeptabel. Deswegen ist es jetzt wichtig, dass der Dialog weitergeht.”

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Leserpost

netiquette:

Hans Gruner / 18.10.2013

Hm, dass ein Schwerpunkt seiner “Arbeit” das Verhältnis zur Türkei war und er sich für den EU Beitritt dieses Landes einsetzte war legitim. Was aber muss man denken, wenn er jetzt in den Dienst des Istanbul Policy Center als Senior-Fellow eintritt? Ich dachte da gibt es verbindliche Reglungen so etwas zu verhindern oder Zeitkarenzen, oder wenigstens einen Ehrenkodex.

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