Rainer Bonhorst / 21.04.2013 / 17:25 / 0 / Seite ausdrucken

Ein Abgrund an Phobie

Es gibt schon wieder Berichte darüber, dass der Nordkoreaner weiter mit seinen Raketen herum macht. Kim Jong-Un heizt, so lese ich, die Spannungen in der ganzen Region noch mehr an. Ich finde das sehr bedenklich. Jeden Tag neue Negativmeldungen über Kim. Ich fürchte, wir sind auf dem besten Weg, in eine bedenkliche Kimophobie abzugleiten. Als hätten wir mit der Islamophobie nicht schon genug zu tun,  droht sich bei uns nun eine völlig undifferenzierte Nordkoreaphobie auszubreiten.

Nun höre ich den einen oder anderen Kimophoben schon sagen: „Der Mann macht ja auch fürchterliche Sachen. Er spielt mit der Atombombe. Bedroht seine Nachbarn mit Raketen. Ergeht sich tagtäglich in Kriegsrhetorik. Will sogar den Amerikanern ans Leder. Das muss doch mal gesagt werden.“

Dazu sage ich: „Na und?“ Das machen die radikalen Islamisten doch auch. Der Mullah-Iran will sogar ein ganzes Land dem Erdboden gleichmachen. Auf die Atombombe ist er ohnehin scharf. Die Hamas beschießt Israel nicht nur verbal wie Kim sondern tatsächlich mit Raketen. Und Amerika ist ohnehin der Todfeind radikaler Islamisten. Und trotzdem gilt als Islamophob, wer auf solche Unschönheiten hinweist.

Dass ein Phob zu Recht Übelstände anprangert, ändert schließlich nichts daran, dass er ein Phob ist. Also ist logischerweise jemand, der Kims Schweinereien schildert, ein Kimophob. Was für den Islamophoben gilt, muss auch für den Kimophoben gelten. 

Nun höre ich die Frage: Ja, ist denn jeder, der etwas kritisiert, gleich ein Phob? Meine Antwort: Im Prinzip ja. Es sei denn, es handelt sich um eine politisch korrekt abgefederte Kritik. Wer partout kein Phob sein will, der muss ja nur jede Kritik an einem Verbrecher oder an einer verbrecherischen Haltung mit dem Zusatz weichspülen, dass der besagte Böse nur eine Minderheit ist: dass die meisten seiner Landsleute oder Glaubensgenossen anständige Leute sind. Was ja auch stimmt. Und man kann es gar nicht oft genug sagen, wenn man kein Phob sein will..

Aber lese ich das in der Kim-Berichterstattung?

Nein. Da wird in dürren Worten über die Kimsche Kriegstreiberei berichtet, ohne jeglichen versöhnenden Hinweis darauf, dass die Mehrheit der Koreaner gute Leute sind. Die Südkoreaner sowieso. Wenn man davon absieht, dass sie uns auf dem Automarkt, der ja eigentlich eine deutsche Domäne ist, ungehörige Konkurrenz machen. Aber sei’s drum. Und wo lese ich, dass auch die Nordkoreaner mehrheitlich gute Menschen sind? Arm, aber sexy, also im Grunde Berliner? Nirgends lese ich das. Statt dessen sehe ich Bilder von Soldatinnen in Miniröcken, die im Stechschritt alles kurz und klein treten, so dass selbst einer deutschen Domina ganz anders wird.

Nein, die guten Koreaner finden nicht statt. Die Kimphoben in den Medien verkürzen ganz Nordkorea auf den fiesen Diktator. Sogar die nordkoreanischen Friseure werden in die phobenhafte Verallgemeinerung einbezogen, indem man die Frisur von Kim Jong-Un mit Spott überzieht. Dabei unterscheidet sich Kims Frisur nur marginal von den aktuellen Frisuren vieler Bundesliga-Fußballer. Aber was bei Schweinsteiger cool ist, daraus dreht man Kim und seinem Friseur und seinen Landsleuten einen Strick.

Kurz und gut: Ich finde, wir haben es bei der Berichterstattung über Kim, den Koreaner, mit einem Abgrund an Phobie zu tun. Die Kimophobie erstrahlt in so lehrbuchhafter Klarheit, dass der gemeine Islamophob davon nur träumen kann. 

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