Rainer Bonhorst / 11.02.2014 / 20:13 / 2 / Seite ausdrucken

Die Schweiz und die Achse des Bösen

Nun ist also auch die Schweiz der Achse des Bösen beigetreten. Wie konnte das geschehen? Dabei waren die Rütli-Verschwörer von einst auf einem so guten Weg. Sie waren kurz davor, reumütig das deutsche Steuerrecht anzunehmen und sich Wolfgang Schäuble symbolisch vor die Füße zu werfen. Dabei hätte, wie man aus dem Finanzministerium hört, ein Kniefall durchaus genügt.

Aber dazu ist es nun zu spät. Keine Steuerhörigkeit dürfte die Schweiz wieder in den Kreis der guten Europäer zurückführen. Wer einmal als Ausländerfeind in die Achse des Bösen abgleitet, scheint für alle Zeiten verdammt. Die endgültige Höllenfahrt ist nur noch eine Frage der Zeit.

Darum noch einmal die Frage: Wie konnte das passieren?

War es die Furcht vor den Bulgaren und Rumänen? Das wäre eine unnötige Furcht gewesen. Da die Schweiz kein Mitglied der Europäischen Union ist, was natürlich schon verdächtig genug ist, muss sie auch nicht all die Osteuropäer aufnehmen, die demnächst uns nördliche Nachbarn mit ihren schwarzen Locken heimsuchen werden.

Wer war es dann? Wer oder was hat die große Fremdenfurcht ausgelöst? Ich habe eine entsetzliche Vermutung. Mir fällt nur eine Volksgruppe ein, die als Einwanderer noch abschreckender sein kann als die dunklen Südosteuropäer. Ich muss es leider sagen: Es sind die blonden Reichsdeutschen, wie sie in einem anderen, ebenfalls bedrohten Nachbarland genannt werden.

Ja, die Deutschen mit ihrem komischen, nichtschwyzerdütschen Akzent und ihrer überfröhlichen Freizeitkleidung sind die wahrhaft gefürchteten Einwanderer. Dabei hält sich die Angst vor Wolfgang Schäuble noch in Grenzen. Den eigentlichen Horror vor dem Furor Teutonicus hat ein ehemaliger Kanzlerkandidat ausgelöst. Ach, hätte Peer Steinbrück den Schweizern doch nicht angedroht, mit der Kavallerie in ihr schönes Bergland einzumarschieren! Die Schweiz wäre wahrscheinlich nicht in den Abgrund der uneuropäischen Fremdenfeindlichkeit abgerutscht. Aber es ist nun mal geschehen. Einen einmal gegebenen Marschbefehl kann man nicht mehr einfangen. 

Nun kann man fragen, warum die Schweizer erst jetzt die Konsequenz gezogen haben. Warum haben sie erst jetzt begonnen, sich gegen den Einfall fremder Völker zu verbarrikadieren? Die Antwort liegt auf der Hand. Der Schweizer, und ganz besonders der Berner, ist nun mal als ausgesprochen langsam bekannt. Man hat, nach schweizerischem Temperament, eigentlich recht zügig auf Steinbrücks Marschbefehl reagiert.

Die Tatsache, dass Peer Steinbrück inzwischen seinen Marschallstab schon wieder aus dem Tornister verloren hat, nützt nichts mehr. Die Furcht vor dem Marschbefehl bleibt, auch wenn der fürchterliche Befehlshaber längst in der Versenkung verschwunden ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass dank Schäuble und Steinbrück ein wesentlicher Grund für die Duldung der Dütschen nach und nach entfällt. Es ist der Schwund an Schwarzgelddeutschen.

Das deutsche Schwarzgeld hatte immerhin noch eine gewisse völkerverbindende Wirkung. Doch dank Steuerkniefall verschwindet der Schwarzgelddeutsche samt Schwarzgeld, und damit verschwindet auch diese Wirkung. Es verschwindet der letzte Grund, nahezu klaglos zu ertragen, dass durch die Straßen, Bahnen und Busse von Bern und Zürich ständig dieses fremdartige Idiom namens Hochdeutsch donnert. Und immer heftiger drängt sich den Schweizern die einleuchtende Frage auf: Warum gehen die Deutschen nicht nach Mallorca oder in die Toskana? Warum müssen sie auf halbem Weg in der Schweiz hängen bleiben?

So weit die Lage an der Schweizer Front. Gibt es also gar nichts, was die Schweiz aus der Achse des Bösen wieder herausbrechen und in Europas gute Stube zurückführen könnte? Im Grunde gäbe es nur eines. Steinbrücks nationaler Alleingang müsste auf die europäische Ebene ausgeweitet werden. Eine europäische Unionskavallerie müsste in der Schweiz einmarschieren und so die eklen Fremdenfeinde heim ins Reich des Edlen, Hilfreichen und Guten zurückzwingen. Doch was geschieht? Nichts als leere Drohungen aus Brüssel. Offenbar verfügt die Europäische Union über keine handlungsfähige Kavallerie.

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Leserpost

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Richard Belzer / 12.02.2014

Wie Klonovsky sagt, wenn die Mehrheit der Bevölkerung außerhalb der Gesellschaft steht, hat der Gutmensch ein Problem und kann seine Phrasen nur noch hilflos vor sich hin blubbern. Dann wird Demokratie und Vernunft zur Achse des Bösen.

Herbert Blaha / 11.02.2014

Als Königsweg zur Lösung dieser Misere könnte ich mir (weil gerade geopolitisch aufgelegt) die Gründung einer Art Alpen-EU mit den Gründungsmitgliedern Schweiz, Bayern, Österreich, Norditalien, Slowenien vorstellen, die mit zügig umgesetzten Erweiterungsstrategien Richtung Holland und Vereinigtes Königreich durchaus Potential hätte. Gekoppelt mit einer Verhundertfachung der Maut für Rest- EU-Bürokraten (und nur für diese) und einem Ansiedlungsverbot für denselben Personenkreis könnte man schnell Anfangserfolge erzielen. Über andere Details wird man sich dann schon noch einigen…

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