Wolfgang Meins / 24.06.2019 / 06:25 / Foto: unbekannt / 48 / Seite ausdrucken

Die Medizin ist weiblicher geworden – nicht ohne Nebenwirkungen

Der beim Deutschen Ärztetag im Mai 2019 nicht mehr zur Wiederwahl angetretene langjährige Bundesärztekammer-Präsident F. U. Montgomery hatte vor seinem Ausscheiden aus dem Amt noch einmal auf den zunehmenden Ärztemangel in Deutschland hingewiesen: Wenn die Politik nicht endlich mit mehr Studienplätzen in der Humanmedizin gegensteuere, werde der demographische Wandel zu erheblichen Engpässen bei der gesundheitlichen Versorgung führen. Verwiesen wird von ihm auf die zwischen 2009 und 2017 von 17,8 auf 19,5 Millionen gestiegene Zahl der Behandlungsfälle in Krankenhäusern.

Die Krankenhäuser versuchen sich zu behelfen mit der Anwerbung von Ärzten aus EU-Staaten. Knapp 1.300 waren es im Jahr 2018, die allerdings mehr als ausgeglichen werden durch den Wegzug von fast 2.000 Ärzten ins Ausland. Bleiben vor allem noch die Ärzte aus dem übrigen Europa, Afrika und Asien zu erwähnen, deren Anzahl im Vergleich zu 2017 zwischen 11 und 13 Prozent zugenommen hat. Bei diesem Personenkreis gibt es weiterhin die seit langem bekannten Probleme mit der Vergleichbarkeit von Universitätsabschlüssen und Zeugnissen – und mit deren Echtheit.

Gleichwohl reicht zur hiesigen Berufsausübung immer noch eine – im Vergleich zum deutschen Staatsexamen – stark abgespeckte Prüfung, die zudem beliebig oft, durchaus auch in unterschiedlichen Bundesländern, wiederholt werden kann. Seit dem Achgut.com-Bericht zu diesem Thema hat sich leider nichts Wesentliches geändert. Die Ärzteschaft sieht diese Probleme zwar und fordert Abhilfe. Aber Medizinprüfungen sind Staatsexamen und damit Angelegenheit des Staates beziehungsweise der Politik und nicht der verfassten Ärzteschaft.  

Die Mehrzahl der Medizinstudenten ist weiblich

So gut wie gar nicht öffentlich thematisiert wird hingegen, was es im Zusammenhang mit dem Ärztemangel bedeutet, dass seit etwa dreißig Jahren die Mehrzahl der Medizinstudenten weiblich ist. Mittlerweile hat sich seit mehreren Jahren die Quote bei knapp zwei Drittel eingependelt. Der Grund hierfür ist vor allem, dass Mädchen beim Abitur besser abschneiden. Aber schon während des Studiums und auch danach dünnt sich der weibliche Überhang erheblich aus. Dementsprechend erbringen männliche Studienanfänger im Fach Humanmedizin durchschnittlich eine in Jahren zu bemessende deutlich längere Lebensarbeitszeit als Arzt. 

Eine Geschlechter-Quote von 50:50 bei Studienanfängern anstelle des de facto 65:35 Verhältnisses würde den Ärztemangel in Deutschland zwar nicht beseitigen, aber zweifellos entschärfen. Das Problem ist allerdings, dass dieses Thema in der Politik so gut wie gar nicht und im Kollegenkreis allenfalls hinter vorgehaltener Hand diskutiert wird. Nur ganz selten traut sich mal jemand aus der Deckung, etwa ein Ruheständler oder – erstaunlicherweise – auch eine CDU-Bundestagsabgeordnete, eine ausgebildete Herzchirurgin. 

Zu dieser Verdruckstheit passt, dass in den jährlichen und durchaus umfangreichen Ärztestatistiken der Bundesärztekammer sich kaum direkte Vergleiche zwischen Ärztinnen und Ärzten finden. So weit möglich, muss das der interessierte Leser selbst berechnen. Dass aber sogar die groß angelegte und vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte DZHW-Studie zu Ursachen des Studienabbruchs an deutschen Hochschulen komplett auf geschlechtsspezifische Angaben verzichtet, ist fachlich nicht nachvollziehbar. 

Negative Konsequenzen werden ausgeblendet

Das „Narrativ“ von der weiblicher gewordenen Medizin blendet negative Konsequenzen völlig aus. Es geht ausschließlich in die Richtung, dass das eine ganz tolle Sache und „eine Chance für die ganze Ärzteschaft“ ist, wie es in einem Artikel im Deutschen Ärzteblatt aus dem Jahr 2008 heißt – was zweifellos zum Teil, aber eben nur zum Teil stimmt. In diesem Artikel finden sich erstaunlicherweise Daten zu direkten Vergleichen zwischen Studentinnen und Studenten, die vor allem den gravierenden Ausdünnungsprozess von Frauen im Medizinstudium verdeutlichen: Zu Studienbeginn stellen sie (im Jahr 2006)  mit 62,5 Prozent  noch die klare Mehrheit, beim Examen ist ihr Anteil schon deutlich auf 56,9 Prozent  geschrumpft. Eine Analyse der Ärztestatistik 2006 zeigt darüber hinaus, dass von den berufstätigen Ärzten nur 40 Prozent weiblich sind und davon lediglich 46,6 Prozent einen Facharzttitel vorweisen können. Bei den berufstätigen Männern beträgt der Facharztanteil dagegen 77,1 Prozent. 

Was hat sich daran bis heute geändert? Verschiedene, aus den genannten Gründen zumeist etwas schüttere Quellen legen folgendes Bild nahe: Es ist in den letzten Jahren bei knapp zwei Drittel weiblicher Studienanfänger im Fach Humanmedizin geblieben. Die Abbruchquote insgesamt, also für alle Medizinstudenten zusammen, hat eher abgenommen und betrug 2012 nur noch 7,5 Prozent. Unter den berufstätigen Ärzten hat der Frauenanteil leicht zugenommen und lag 2018 bei 47,2 Prozent, davon mittlerweile beachtliche 63,7 Prozent Fachärztinnen gegenüber 76,7 Prozent bei den berufstätigen männlichen Kollegen. 

Auch bei Medizinern bleibt das Kinderkriegen Frauensache

Passend zu dem vergleichsweise häufigeren Studienabbruch von Medizinstudentinnen im Verlaufe des Studiums werden von ihnen mehr Schwierigkeiten mit den Leistungsanforderungen und Prüfungsvorbereitungen angegeben. Möglicherweise entscheiden sich auch zu viele Abiturientinnen unter dem „Druck“ eines Einser-Abiturs für das Medizinstudium, obwohl es ihren Neigungen eigentlich nicht entspricht. Der wesentliche Grund für den deutlich geringeren Anteil sowohl von berufstätigen Ärztinnen als auch von solchen mit abgeschlossener Facharztweiterbildung liegt auf der Hand: Das Kinderkriegen ist nun einmal ausschließlich und die Kinderaufzucht immer noch überwiegend Frauensache. 

Aber darüber hinaus scheint es in den letzten ein bis zwei Jahrzehnten beim medizinischen Nachwuchs auch zu einem gewissen Mentalitätswandel gekommen zu sein. Stichworte dazu sind Generation Y und Z und die damit einhergehende, möglicherweise bei Ärztinnen besonders hoch im Kurs stehende Work-Life-Balance. Ausdruck dieses atmosphärischen Wandels sind auch die in den letzten Jahren im Deutschen Ärzteblatt vermehrt erschienenen „Jammerartikel“, in denen es im weitesten Sinne um Unzufriedenheit mit den Arbeitsbedingungen geht. Oder dass auf dem letzten Deutschen Ärztetag die Arztgesundheit ein Hauptthema war. In den Diskussionsbeiträgen wird dann schon mal beklagt, immer auf Leistung getrimmt zu werden, was der Autor dieser Zeilen, schon aus Rücksicht auf die Patienten, doch schwer hoffen möchte. Auch zeigen sich Tendenzen, die Verantwortung für eigene Schwächen nicht übernehmen zu wollen und stattdessen lieber in eine Opferrolle zu schlüpfen. 

Medizin ist oft ein Knochenjob

Der Leser hat es wahrscheinlich immer schon geahnt, dass nämlich eine ärztliche Tätigkeit im Krankenhaus, abhängig auch vom gewählten Fach, oft ein Knochenjob ist. Und das nicht nur wegen der Nacht- und Wochenenddienste. Da überlegt es sich manche Mutter mit kleinen Kindern sicherlich zweimal, ob sie sich das nach eventuell mehrjähriger Pause und ihren über die Jahre gewachsenen Wissenslücken noch einmal antun möchte. Neben einem dauerhaften Verbleib daheim kann auch der Verzicht auf die eigentlich einmal angestrebte Facharztqualifikation oder eine Teilzeittätigkeit ein Ausweg sein. Solche Jobs sind im Krankenhaus aber rar gesät und finden sich überwiegen im ambulanten Bereich, etwa als angestellte Ärztin in einer Praxis oder einem MVZ. Es wundert also nicht, dass Ärztinnen im wachsenden Teilzeitbereich deutlich überrepräsentiert sind – ein weiterer Grund für ihre geringere Lebensarbeitszeit. 

Interessant sind auch zwei Ergebnisse einer aktuellen, allerdings wohl nicht repräsentativen Studie: In Vollzeit beschäftigte Ärzte arbeiten pro Woche gut sechs Stunden mehr als Ärztinnen, die dazu auch noch teils doppelt so lange krankheitsbedingte Fehlzeiten aufweisen. Nur einem besonders bösartigen, alten weißen Arzt mag da der Titel eines Lindenberg-Songs in den Sinn kommen: „Einer muss den Job ja machen“. 

Schließlich sei noch auf ein weiteres, die gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung ungünstig beeinflussendes Problem hingewiesen, das sich speziell in Fachgebieten mit einem besonders großen Frauenüberhang stellt, wie etwa der Kinder- oder Frauenheilkunde. Ärztinnen sind weniger karriereorientiert als ihre männlichen Kollegen und, damit zusammenhängend, deutlich zurückhaltender, wenn es um die Übernahme von zwar gut bezahlten, aber mit viel Arbeit und Verantwortung verbundenen Leitungsfunktionen geht.

Fördert die Feminisierung zweitklassige männliche Bewerber?

Von den wenigen männlichen Bewerbern rutschen dann eventuell bloß zweitklassige Bewerber oder gar Luschen in Oberarzt- oder Chefarztpositionen. Auch im ambulanten Bereich dürfte sich diese „Zurückhaltung“ von Ärztinnen auf die Versorgungslage ungünstig auswirken, da eine selbstständige Tätigkeit in einer Praxis seltener angestrebt wird. 

Dem Autor dieser Zeilen ist es nicht ganz, aber doch ziemlich egal, wie hoch der Frauenanteil unter den Ärzten ist. Nicht egal ist ihm aber, wenn gegenüber den negativen Auswirkungen einer in den letzten beiden Jahrzehnten zunehmend „weiblicher“ gewordenen Medizin die Augen im Hinblick auf die gesundheitliche Versorgung unserer stetig älter werdenden Gesellschaft fest geschlossen werden. Eine verantwortliche Politik hätte den mit der Feminisierung einhergehenden Verlust an ärztlicher Lebensarbeitszeit durch eine entsprechende kontinuierliche Erhöhung der Studienplätze ebenso ausgleichen müssen wie die Auswirkungen des demographischen Wandels. Beides ist bisher jedoch unterlassen worden.

Selbst wenn politischer Wille und die nötigen finanziellen Mittel vorhanden wären, ließe sich eine deutliche Erhöhung der Studienplätze nicht kurzfristig umsetzen – im Gegensatz zu einer Fifty-fifty-Quote. Aber auch die fängt erst frühestens nach sechs Jahren an zu wirken, denn so lange dauert mindestens ein Medizinstudium. Vielleicht traut sich Gesundheitsminister Spahn ja doch, den Vorschlag der CDU-Bundestagsabgeordneten aufzugreifen, obwohl der beim Koalitionspartner in Gestalt von Professor Lauterbach auf keinerlei Gegenliebe stieß.

Hilfreich wäre es da sicherlich, wenn sich wenigstens der neue Ärztepräsident Dr. Klaus Reinhardt für eine solche Quote, in Verbindung mit einem entsprechend geänderten Zulassungsverfahren zum Medizinstudium, einsetzte. Aber der verfolgt, so glaube ich, eine ganz andere, viel raffiniertere Strategie: Auf dem nächsten Ärztetag wird das Thema „Klimawandel und Gesundheit“ ein „prominentes Schwerpunktthema“ sein. Und wenn man da so richtig und fortissimo auf der Alarmismus-Klaviatur spielt, werden wir uns vor neuen Medizinstudienplätzen nicht mehr retten können. 

Foto: Unbekanntvia Wikimedia Commons

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B. Ollo / 24.06.2019

Ich glaube, dass eigentlich jeder (Patient) die Problematik aus der buchstäblichen Praxis kennt. Und wenn die Hälfte der “Kollegen” nur die halbe Arbeit machen, kann das nicht ohne Auswirkungen auf die Arbeitsmoral der anderen Hälfte bleiben. Was es für Patienten und Terminfindung heißt, wenn x Tage pro Woche bei einem Arzt per se als Folgetermin nicht in Frage kommen, kann sich jeder ausrechnen. Behandlungen ziehen sich unnötig in die Länge. Aber viel mehr ärgert es mich, dass auch hier nicht einmal valide Statistiken geführt werden, weil wieder nicht sein kann, was nicht sein darf. Man kann festhalten: Überall wo Frauen (Bundesministerium bis Spahn) und Linke die Politik bestimmen, wird dass Erfassen von Kennzahlen und das Evaluieren verboten. In einer derartigen Konsequenz, die wissen schon vorher genau, dass bei ihnen nur Murks herauskommt. Wenn irgendwo eine Statistik oder Evaluierung abgeschafft wurde, ist eine so gut wie sicher: Es kam aus dem linken Spektrum und/oder von einer Frau…

B. Jacob / 24.06.2019

Unsere Politiker haben zum Leidwesen der wirklichen Patienten falsche Anreize geschaffen und durch Angela Merkel werden die Krankenkassen durch ihre Siedlungsgäste geplündert, weil viele von ihnen nicht darqn denken ihren Beitrag für die Sozialkassen durch Arbeit zu leisten, sondern ihnen wird sofort über Hartz IV Anwartschaft zugebilligt. Dann hat man Kliniken immer mehr zu Geschäftsbetrieben umgebaut, in Nordthüringen sterben Kliniken, weil die Buchhaltung in die Schweiz ausgelagert wurde und damit die Privatisierung angekurbelt, anstatt selbst Buchhaltung zu machen. Unter Kostenzwang sind daher vorwiegend Ärzte aus dem Ausland bevorzugt, um Löhne zu drücken. Die SPD möchte Zentralisierung des Gesundheitsbetriebes und zerschlägt gute Versorgungsstrukturen um Kosten zu sparen für die Pateinten Betreuung. Wenn nur noch in großen Städten Kliniken geplant werden, wo die Neusiedler mit ihrem Gewaltsport leben und keinen Respekt vor Opfern und Klinikpersonal haben, die Krankenkassenkosten auch durch benötigte Sicherheitsdienste explodieren lassen. Das Medizin und Klimawandel nicht zusammenpassen, versteht sich von selbst, da Aspekte der Umweltmedizin immer auch Einfluss in die Medizin hatten, weil man sonst Vergiftungen aus Industriebetrieben nicht behandeln könnte. Da ja der Mensch zu Humankapital degradiert wurde, müssen auch Gutachter die sein Ausschlachten für den Organhandel beurteilen vermehrt zur Verfügung stehen. Durch die Herabsenkung des Bildungsniveaus ist kaum noch an eine hoch qualifizierte medizinische Ausbildung zu denken. Manche Ärzte experimentieren und besonders bei Drückebergern vor der Arbeit kann man durch fingierte Krankenscheine abrechnen, das wissen auch Schulschwänzer, Viele studieren Psychologie (manchmal auch staatl. Quotendressur), anstatt mit Verantwortung in einem echten medizinischen Beruf zu arbeiten und so vieles mehr.  Bald haben wir nur noch Medizinmänner, wenn die Entwicklung so weiter geht.

Daniel Brauer / 24.06.2019

Gestern erst füllte ich eine Umfrage des Marbuger Bundes zur Zufriedenheit von Oberärzten aus. Dankenswerterweise gab es auch die Möglichkeit einen Freitext zu den Hauptbelastungen. Dies habe ich dann ausführlich genutzt. Jeder von uns fragt sich immer wo denn die ganzen frisch approbierten Ärzte von der Uni bleiben, obwohl wir es alle wissen. Nachdem die Mehrheit der Studenten auf Grund der meist besseren Abi- Note weiblich ist, fällt die Antwort leicht: Sie arbeiten nicht, zumindest nicht in der Patientenversorgung, egal ob stationär oder ambulant. Die wenigen die es in den Beruf schaffen, machen großenteils Ärger durch Teilzeit, Kinder krank, Kindergarten geschlossen oder machen keine Bereitschaftsdienste. Das dürfen dann die Männer machen. Keinen Bock mehr, nächstes Kind. eigentlich sehr löblich, aber dann sollen sie den Männern nicht die Studienplätze wegnehmen. Stattdessen greift man vermehrt auf angebliche Ärzte aus Nicht- EU- Ländern zurück. Und da liegt die Hauptbelastung. Sie sprechen kein Deutsch, haben keine nachvollziehbaren Kenntnisse. Wir werden bei jedem Stellenwechsel durchleuchtet wie Schwerverbrecher. Bei meinem aktuellen Arbeitgeber habe ich mich geweigert ein Führungszeugniss - O- vorzulegen, so lange aus Syrien, den Golfstaaten o. ä. auch keine angefordert werden. Stattdessen erhalten sogar 21- jährige eine Approbation ohne das es jemand stört ! Oder es bewirbt sich eine Inderin, die nur das Grundstudium - Physikum- absolviert hat und auch zu Hause nur ein Physician Assistant ist. Wer erteilt hier Aufenthalts- und Arbeitserlaubnisse und nach welchen Kriterien ? So tingelte sie durch das Land und die Zeugnisse endeten alle: Wir wünschen der Kollegin auf dem Weg zur Approbation viel Glück ! Die wussten anscheinend was Sache ist. Mit dem Finger auf das dreijährige Studium, welches mit einem Master und nicht mit einem Bachelor abgeschlossen wird, zeigt niemand.            

Andreas Rochow / 24.06.2019

Aus eigener Erfahrung kann ich den Ausführungen des Kollegen Meins voll beipflichten. Dass die Erfahrung mit dergestalt begründbarem Mangel in der ärztlichen Versorgung nicht zu kompetenten berufspolitischen Weichenstellungen führt, hat “gute” Gründe. Allein bei der Formulierung der Analyse dieses Dilemmas ist es nämlich unvermeidlich, etliche Tabus aus dem Kanon der politischen Korrektheit zu brechen. Dazu gehört eine Art von “Mut”, mit der man niemals Präsident der Bundesärztekammer werden kann. Das ist zwar ziemlich dumm aber im engen Meinungskorridor kommen Feige besser voran. So findet auch die Frage des Ärztemangels in den Herkunftsländern der zu uns migrierenden Ärzte keine Beachtung. Mit dem Schlagwort “Fachkräfte” ist in Merkel-D ein erschreckender egoistischer Kolonialismus politisch korrekt geworden.

U. Unger / 24.06.2019

Hier greifen Sie ein wichtiges Thema auf, Herr Meins. Aber der “Ärztemangel”, muss auch im Zusammenhang mit Migration umfassend, sachlich und hart diskutiert werden. Knapp 9% Anstieg der Behandlungsfälle von 2009 -2017 in den Krankenhäusern hat Ursachen, deren Entstehung erforschbar ist. Hier wird wohl jede Analyse politisch verhindert werden. Für die Versorgungsqualität ist aber die statistische Relation Ärzte zur Bevölkerung entscheidend. Den Trend, dass Ärzte einen Teil Ihres möglichen Angebotes (Zeitbudget) entziehen, sehe ich als Patient schon länger. Die Politik ist jedem Arzt heimlich dankbar, da die Kosten ersatzlos entfallen. Die nicht verkündete Rationierung wirkt, ohne die Wähler zu empören. Wie gut die vollmundigen Aktionen der Politik, Ärzte in den ländlichen Raum zu locken, wirken? Wer weiß etwas sicher, wenn jede dezidierte Sachdebatte ausbleibt und Fakten, Kosten nur gefühlsmäßig bewertet werden. Dieser humanistische Imperativ wird die Patienten noch vor der Ärzteschaft ruinieren, beziehungsweise bei unvorhergesehen Kostensteigerungen zu Rationierungen führen. In England gibt’s das schon, ein Grund für uns auf die Brexitspinner zu schimpfen, ohne selbiges Problem mit besseren Ideen zu lösen. Es wird uns trotzdem erreichen, da die Krankenkassen kürzlich wieder Defizite gemeldet haben.

Susanne antalic / 24.06.2019

Als nicht mehr betroffene Fachärztin, den schon, in der Rente, kann ich ihnen in vielem wiedersprechen, als ich noch meinen Facharzt in der Klinik gemacht habe, haben wir Frauen genau so wie die Männer gearbeitet, genau so viele Überstunden und genau so viel oder wenig waren wir krank gewesen. Als ich noch vorher, eine Stelle gesucht habe, es herrschte kein Ärztemangel und eine Stelle in München war wie ein Lottogewinn, wurde mir bei einem Vorstellungsgesprech gesagt” wenn sie mir ihren Uterus auf den Tisch legen, bekommen sie die Stelle”. Damalls herrschte kein Ärztemangel und wir haben Überstunden über Überstunden gemacht, damit wir den Facharzt schaffen. Es waren Hunderte Operationen und Geburten nötig, überhaupt zu Facharztprüfung zugelassen zu werden. Wogegen jetzt herrscht Ärztemangel und da lassen sich die Junge Ärzte-inen nich alles gefallen und sich nicht mehr wie Sklaven zu behandeln, sie finden Stellen wo sie wollen und das mit Handkuss und ich finde es richtig. Das sich Ärztinen die Arbeit zwischen Familie und Arbeit aufteilen ist auch richtig. Man sollte mehr Ärzte-inen ausbilden, bessere Bedigungen schaffen, denn dann werden nicht so viele auswandern und dann sollten die auch, wie alle anderen mit Respekt behandelt werden, den was ich von meinen noch arbeitenden Kolleginen höre, werden sie immer mehr von Patienten-inen wie Dreck behandelt und wissen gar nicht, wie sollen sie die grossen Mengen von Patienten behandeln. Die KV und die Ärztekammern handeln genau so wie die Politik, kein Problem wird gelösst nur neue Probleme geschaffen, hauptsache sie sitzen fest in Sattel. Das einzige was geschaffen wird, sind Kürzungen, aber nicht bei sich selbst.

Marcel Seiler / 24.06.2019

Vielen Dank für diesen Artikel! Über die negativen Folgen der Feminisierung, die (auch) hier klar zu sehen sind, redet sonst niemand. Politiker und Beamte, mit ihrem privilegierten Zugang zur Medizin (privatversichert), merken den Ärztemangel erst als letzte. – Dieses Land verkommt in ideologischer Verblödung.

Helmut Driesel / 24.06.2019

  Genau so einen aus der Tiefe ärztlicher Erfahrung heraus fundierten Artikel wünschte ich mal zu der Frage, inwieweit die Medizin heute als Zulieferindustrie die Vorfertigung für den Markt der Pflegeindustrie darstellt.

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