Ralf Schuler / 04.02.2014 / 21:53 / 8 / Seite ausdrucken

Die Kirche ist kein Verein

Auch als Protestant muss man Papst Franziskus ja eines lassen: Die Idee, Religion mit basisdemokratischen Elementen zu verbinden, ist schon ein erstaunliches Novum.  “Dein Reich komme, dein Wille geschehe…” - falls Du eine Mehrheit unter Deinen Schäflein bekommst.

Die Ergebnisse der jetzt veröffentlichten Umfrage unter deutschen Katholiken sind im Grunde nicht anders zu interpretieren, als dass großen Teilen der Gläubigen der Glauben abhanden gekommen ist. „Die Lehre der Kirche wird dort, wo sie bekannt ist (sic!), meist nur selektiv angenommen“, ist ein Fazit der Umfrage. Ein anderes betont den Respekt, den man sich von seiner Kirche vor der individuellen Lebensgestaltung erwartet.

Wie gesagt, ich bin Protestant und beschränke mich deshalb auf nüchtere Logik: Wenn man sich mit Taufe und Abendmahl zum “Schöpfer des Himmels und der Erde” bekennt, ist es schon schwierig, SEINE Regeln lediglich dann zu akzeptieren, wenn sie im Alltag nicht stören. Umfragen sind in einer Religionsgemeinschaft schlichtweg absurd. Kein Muslim käme auf die Idee, demnächst darüber abstimmen zu lassen, ob die Hadsch künftig statt ins staubige Mekka vielleicht nicht lieber nach Paris gehen sollte.

Es ist zwar offensichtlich, dass auch immer mehr Christen das Verständnis dafür abhanden kommt, dass Gott eine höhere, also nicht gleichberechtigte, irdische Instanz ist, sondern über allem steht. Wenn man sich also zu ihm bekennt, gelten SEINE Regeln, nicht unsere.

Andernfalls ist das Bekenntnis sinnlos. Wenn Gott aber Gott ist, sind Umfragen darüber, was wir von ihm und seinem Gebot halten, abwegig, weil sie die Kirche einem vereinsmäßig demokratischen Verständnis unterstellen, das beim Verbund von Anglern oder Turniertänzern sinnvoll ist, in einer Konfession nicht.

Man darf jedenfalls gespannt sein, wohin der Heilige St. Allensbach und die gütige Santa Forsa die katholische Kirche demnächst führen werden…

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Leserpost

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Karl Ebeling / 07.02.2014

@Karsten Koop 22. Du sollst nicht beim Knaben liegen wie beim Weibe; denn es ist ein Greuel. Levitikus 18 13. Wenn jemand beim Knaben schläft wie beim Weibe, die haben einen Greuel getan und sollen beide des Todes sterben; ihr Blut sei auf ihnen. Levitikus 20 Das Gebot ist im Neuen Testament nicht widerrufen worden.

Stefan Neudorfer / 06.02.2014

Nur war das keine Meinungsumfrage und nur in Europa gab BT es bei einigen wenigen Punkten größere Meinungsunterschiede. Die allermeisten die über diesen Fragebogen berichten, übersehen, dass nur 2% aller Katholiken Deutsche sind und es entsprechend unwichtig ist, was man hier denkt und sagt. Was auch übersehen wird ist die Tatsache, dass man in den wichtigsten Fragen nahezu einer Meinung ist und das sind die Themen Ja zu Treue, Liebe, Familie und Nein zur Abtreibung. PS: Würde sich die Evangelische Kirche oder der Islam trauen, solche Fragen zu stellen?

Peter Schaefer / 05.02.2014

Werter Herr Schuler, ich glaube, Sie verstehen die Aktion falsch. Es geht sicherlich nicht darum die Lehre der katholischen Kirche dem Zeitgeist anzupassen, sondern darum herauszufinden, woran die Vermittlung desselben scheitert. Anders gesagt - was predigen die da eigentlich und wie vermitteln sie das, was Lehre ist. Ein Problem dabei ist sicherlich der enorme Spannungsbogen in der Seelsorge, der zwischen der Lehre an sich und demjenigen, der der Sorge bedarf, besteht. Ich bin aber wie Sie gespannt wie es weiter geht. mit herzlichen Grüßen Peter Schaefer

Karsten Koop / 05.02.2014

So einfach ist es nun auch nicht. Grundlage für die Christen ist das Neue Testament. Da steht im Wesentlichen drin: “Liebe deinen Nächsten”. Ansonsten sind da gar nicht so viele Regeln festgeschrieben, was umgekehrt heißt, dass man auch viel interpretieren und vielleicht auch an veränderte Umstände anpassen kann. Es steht im Neuen Testament weder, dass Homosexualität verboten ist, noch dass Priester unverheiratet bleiben müssen. Über solche Dinge kann ein Papst sich durchaus eine neue Meinung bilden.

Amelie Walther / 05.02.2014

Ja, das ist bei Katholiken nun scheinbar genauso, wie es bei den Protestanten schon lange ist: dem Geist der Zeit hinterher statt auf dem Wort des Schöpfers fundiert zu lehren und zu leben (Trauung von Homosexuellen, “durch die Taufe sind wir Kinder Gottes”-Bekenntnisse etc.). Nur dass bei den Protestanten scheinbar jede Kirchengemeinde ihr eigenes Glaubensbekenntnis und eine eigene Lehre zusammenbasteln darf. Für mich ist schon lange keine davon mehr eine Option als geistliche Familie.

Hans Willi / 05.02.2014

Der Papst hat auch nicht gefragt was die Katholiken DENKEN. Er hat die Bischöfe gefragt was ihre Schäfchen WISSEN. Die Bischöfe haben dann einen Fragebogen kreiert. So ging das vonstatten.

Christian Weyland / 05.02.2014

Interessant zu lesen. Gerade von einem Anhänger der Konfession der Beliebigkeit. Ich meine, als Protestant ist man ja fein raus. Da gelten im Wesentlichen ja gar keine Regeln, die unangenehm für das individuelle Leben sein könnten. Priestersex? Klar, warum nicht… Scheidung? Sicher, machen unsere Bischöfinnen ja auch… Homosexualität? Ach G*tt… warum denn nicht… hat Superintendentin Knüllemüller nicht auch ne Freundin? Neben dem christlichen G*tt möchte man gern noch an diverse “Götter” mehr glauben? Kein Ding! Lassen wir doch mal den Eroberungsgesang des Imams durch die Pauluskirche in Hambach schallen. Aber was gar nicht geht, ist eine Umfrage. Unter Katholiken. DAS geht GAR NICHT! Man weiß ja, dass Katholiken alles sind, nur eben keine Individuen. Katholiken haben wahlweise asketische Trockenpflaumen mit Dutt und hochgeschlossenem Rüschenkragen zu sein oder verknöcherte Witwer 70+, die den Kindern am Sonntag das Fußballspielen verbieten und auch sonst ziemlich sauertöpfisch auf die Einhaltung aller möglichen Regeln achten. Kurz: Katholiken sind die Taliban unter den Christen. Sagt man so natürlich nicht. Obwohl mans dürfte. Katholiken wehren sich ja nicht. Ist also keine Gefahr. Da kann man als Kässmannjünger und Schneidersohn durchaus mal ne Umfrage zum Anlass nehmen, mal so richtig weise zu tun. Eine einzige Frage aber zerstört Ihren Kommentar im Übrigen: Bei der Taufe und Konfirmation… zu wem bekennen sich die kleinen Margots und Nikoläuse denn eigentlich da? Etwa auch zu G*tt, dem Schöpfer aller Dinge? Oder ist zwischenzeitlich der Antisemit Luther selber in den Götterstatus erhoben worden? Na? Und was ist bei den Protestanten jetzt die tolle Leistung? Dass sie Gottes Regeln konfessionell ablehnen bzw. die unangenehmeren unter diesen für sich selbst so biegen und beugen, dass es eben doch leicht ist, alles zu befolgen? Oder was genau? Oder wollten Sie am Ende gar keinen Vergleich anstellen? Kam mir vielleicht ja auch nur so vor, da Sie so auf Ihre Zugehörigkeit zum Lutherverein hinweisen. Ernsthaft: Ich kann Ihnen gar nicht sagen, wie sehr mich Ihr wohlfeiler Artikel ärgert. Aber es besteht ja Meinungsfreiheit, nicht wahr?

Tobias Gabrys / 05.02.2014

Sie gehen dem Wunschdenken der vielen deutschen Medienberichte auf den Leim. Sie folgen der Idee, dass die Umfrage dazu diene zu erfahren was die Gläubigen wünschen und dementsprechend Reformen anzubringen, die Religion an die Gläubigen anzupassen. Aber ist es nicht möglich, dass die Umfrage wirklich der Informationsgewinnung dient? Dass man die Probleme erstmal erkennen will, in all ihren verschiedenen Formen? Wenn dann z.B. wie in Deutschland bekannt wird, dass kaum ein Katholik den Katechismus kennt, kaum einer weiß warum und woher Ideale, Vorgaben, Regeln existieren - kann es nicht sein, dass man versuchen will, dies abzustellen statt sich dem hinzugeben? Aber natürlich ist es viel einfacher zu erwarten, die katholische mache es der evangelischen Kirche in Deutschland nach und passt sich einfach der Gesellschaft und den Forderungen der Politik an. Mitunter hat sie das ja getan - und all diese Male werden ihr heute als auf ihrem Mist gewachsene Gruseligkeiten vorgehalten. Ich denke, der Vatikan hat daraus gelernt - wenn schon der Glaube sie nicht daran hindern sollte.

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