Gunter Weißgerber / 18.02.2017 / 10:00 / 5 / Seite ausdrucken

Die große Dummheit der SPD

Die Union will den Lagerwahlkampf. Es ist wie immer. Mit einem Unterschied: Noch nie vorher war die SPD so dumm und hat es der Union so leicht gemacht wie 2017.

Adenauer hatte damit Erfolg. Erhard auch (noch). Kiesinger musste die SPD 1966, die in Godesberg den Marxismus ablegte und sich auf den Weg in die Mitte der Gesellschaft begab, mit Willy Brandt dann schon in die Regierung nehmen. 1969 war die SPD, nunmehr für die Bevölkerung immun gegen Lagerdenken, endgültig angekommen. Was Adenauer gegen die Ollenhauer-SPD noch schaffte, dazu hatten Kohl und Co. bei der Brandt/Schmidt/Schröder-SPD keine Chance mehr. Das imaginäre Volksfrontlager konnte vom Adenauer-Haus noch so monströs an die Wand gemalt werden, in der Wahlbevölkerung blieb das chancenlos. Die SPD stellte ohne Lagerwahlkampf sehr erfolgreiche Kanzler einer sehr erfolgreichen Bundesrepublik Deutschland. Einer Bundesrepublik, zu der 1990 nahezu achtzig Prozent der Ostdeutschen ungeduldig „Ja“ sagten.

2017 aber, da ist alles anders. Die SPD öffnete sich auf dem Leipziger Parteitag im November 2013 für die Volksfront mit der Linksaußenpartei, die mit der Kommunistischen Plattform Demokratiefeinden und Massenmordverniedlichern ihrer inhumanen Ideologie offiziell Raum gibt.  Wer mit der Linksaußenpartei koaliert, koaliert wissentlich mit einer Partei, die mit organisierten Demokratiefeinden von Links keine Probleme hat und diese sogar fördert. Seit 2014 lässt sich die SPD Thüringen sogar von Linksaußen anführen. Wer soll da 2017 als gestandener Sozialdemokrat aufstehen und im Wahlkampf den glaubwürdigen Nachweis führen, dass er und die SPD keinen Lagerwahlkampf wollen und, dass es darum geht, die Stimmen dort zu holen, wo sie am zahlreichsten abzuholen sind: In der Mitte, bei den Nichtwählern und bei der Union?

Manche mögen jetzt sagen, dass mit den Koalitionen mit der Linksaußenpartei hat doch längst seinen Schrecken verloren. Das stimmt nicht. Verloren ist nur eines: die große Wählergruppe der vielen Ostdeutschen, die zu Brandts und Schmidts Zeiten SPD und Freiheit in einem Boot sitzen sahen. Die sind fast alle mitsamt ihren Illusionen weg. 

Mit der Nato verabschiedet die SPD auch viele Wähler

Martin Schulz hat also die schwierige Aufgabe, keinen Lagerwahlkampf zu führen, um die Chancen der SPD zu maximieren. Teile der SPD-Linken sehen das ganz offenbar anders. Sie bringen Thesen ganz nach der Melodie „Ist der Ruf erst ruiniert, lebt es sich ganz ungeniert“ in die erschrockene Öffentlichkeit. Gerade erst aus dem 22-Prozent-Keller aufgestiegen und leicht erholt, werfen Sozialdemokraten, ein absurdes Papier zur NATO wie einen Knüppel mitten in des Schulzens‘ Schritt. Stolpern eingepreist. Wie anno dunnemals bei Helmut Schmidt. Sie haben bis heute nicht verinnerlicht, dass wir Willi Brandt und Helmut Schmidt gleichermaßen einen gewaltigen Anteil unserer Freiheit in der Sicherheit des westlichen Bündnisses zu verdanken haben.

Wenn die SPD-Linke sich jetzt von der NATO verabschieden will, so ist das  nicht nur Ausdruck der dort seit langem herrschenden Äquidistanz zwischen Ost und West, sondern wohl auch eine Konzession an die Linksaußenpartei. Als größtes Hemmnis für eine Koalition mit dieser galt ja bisher deren Haltung zur NATO.  Martin Schulz wird da noch viel zu klären haben. Übrigens: Gut, dass Sigmar Gabriel jetzt Außenminister ist, der kann ihm dabei sicher helfen.

Die SPD-Linken wissen, viele in der Linksaußenpartei tun sich schwer damit, eine Koalition auf pragmatischer Grundlage einzugehen. Michael Brie, Mitarbeiter der Rosa-Luxemburg-Stiftung, schrieb kürzlich über eine Koalition mit SPD und Grünen, sie sei "derzeit für die Linke keine Option", sondern "nur eine Modifikation des Status Quo, aber kein grundlegender Politikwechsel". Denn sie schwäche die Fähigkeit seiner Partei, "in einer offenen Krise als überzeugende Alternative einer anderen Politik auftreten zu können" (FAZ, 13.2.17).

Auch für die Union ein Tipp: Ersetzt Merkel durch Koch

So ist das also: Die Krise muss erst viel schlimmer werden, damit sich der Marxismus Bahn brechen kann. Offen bleibt: Auf der Straße oder durch Wahlen? Erst das eine und dann das andere oder umgekehrt? Man kennt das ja aus der Oktoberrevolution, als Lenin die Konstituante, in der er keine Mehrheit hatte, einfach auseinanderjagen ließ.

Die SPD darf sich auf keinen Lagerwahlkampf einlassen. Das haben weder die Bundesrepublik, noch die SPD in ihren bisher schwierigsten Situationen verdient. Auch für die Union ein Tipp: Ersetzt Merkel durch Koch. Schulz versus Koch: Es gäbe im Wahlkampf kein Vorbeimogeln an den 2015er Merkelschen Politbüroentscheidungen (unter Nichtbeachtung des Deutschen Bundestages) mehr.  Auch müßte sich die SPD zu Sicherheit der EU-Außengrenzen positionieren. Unsere Freiheit bedarf des eigenen Schutzes. Erst danach ist es wichtig, über Wirtschaft und Gerechtigkeit zu diskutieren. Freiheit first.

Wolfgang Schäuble, sonst wohl der engagierteste Europäer im Kabinett Merkel, warf kürzlich Martin Schulz vor, mit dem Slogan "Europe first" Trump zu imitieren. Dabei ist "Europe first" doch das einzig wirksame Rezept - für die europäische Einigung und für das geschlossene Auftreten in der Welt.

Dieser Wahlkampf wäre spannend und würde der EU und Deutschland helfen. Wer dagegen einen Lagerwahlkampf propagiert, der will Union/FDP gegen SPD/Grüne/Linksaußen antreten lassen. So ist das seit 1949 in der Bundesrepublik gemeint. Ich übersetze das jetzt mal:
Einen Lagerwahlkampf will die Union, weil die SPD damit schwer in die Bredouille käme. Wegen Linksaußen. Einen Lagerwahlkampf wollen Teile der SPD-Linken, weil sie diesem Glaubensgrundsatz huldigen und die Freiheit als immer gegeben (und nicht als mit Linksaußen gefährdet) ansehen. Einen Lagerwahlkampf will Linksaußen. Damit wäre die SPD im Eimer. Ein wichtiges Ziel.

Einen Lagerwahlkampf wollen viele Journalisten. Endlich mal was Neues! Egal, was mit dem Land passiert. Keinen Lagerwahlkampf will Schulz, weil er der Union Wähler abknöpfen will. Die Mehrheit ist in der Mitte und die Union kann man aus SPD-Sicht nur schwächen, wenn man dort wildert.  Schulz sieht nicht nur die Grünen als mögliche Partner, er will sich auch die FDP-Option aufhalten. Und er würde, gäbe es nur diese letzte aller demokratischen Möglichkeiten, eine GroKo vermmutlich selbst gern anführen.

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Leserpost

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Mona Rieboldt / 18.02.2017

Alle Parteien in der Mitte und im Wahkampf sind alle lieb miteinander, wenn Kritik, dann aber ganz sanft. Der Wahlkampf braucht doch gar nicht stattfinden, da es keine Unterschiede zwischen den Parteien mehr gibt, keine Opposition außer der AfD. Die SPD will wie alle anderen Parteien den Bürger durch Steuern und Abgaben belasten. Der Steuerüberschuß wird nicht an die Bürger zurück gegeben, sondern soll für die enormen Asylanten-Kosten verwendet werden. Die offenen Grenzen hat die SPD ebenso mitgemacht und alle Illegalen herein gelassen wie alle anderen Parteien. Auch wenn Schulz von der linken Presse hoch geschrieben wird, was davon am Ende bleibt,  weiß niemand. Steinmeier und Steinbrück wurden als Kanzlerkandidaten auch erst hochgejubelt und sind dann krachend gescheitert.

Johannes Igel / 18.02.2017

Der Autor lebt in einer imaginären Welt, der für Realität kein Platz ist. Sicher ist die Linke eine Partei mit kommunistischem Gedankengut. Aber Roland Koch, der als Vorstandsvorsitzender einen Industriekonzern gegen die Wand fuhr, als neue Hoffnung der CDU zu bezeichnen, zeigt deutlich die Weltfremdheit in diesen Kreisen.

Wilfried Cremer / 18.02.2017

Die SPD hat 20 Jahre Anlauf für ihr Paradestück, den Mindestlohn, gebraucht und hat trotzdem noch eine Bruchlandung hingelegt, weil das Gesetz Schlupflöcher hat wie Schweizer Käse.

Helmut Driesel / 18.02.2017

Da können wir ja nur gemeinam hoffen, sehr geehrter Herr Weißgerber, dass sich die Zusammenhänge zwischen Frieden, Sicherheit und NATO nicht still und heimlich geändert haben und möglicherweise noch keiner was gemerkt hat. Die SPD hat in ihrer klassischen Konzeption ausgewirtschaftet, weil es die Arbeiterschaft in ihrer klassischen Ausprägung nicht mehr gibt, bzw. nur noch als schwierig zu vertretende, ideologisch desinteressierte Minderheit. Sie muss sich neue Inhalte und Zielgruppen suchen, ehrenhafter wäre es, sich einfach aufzulösen. Behaupten Sie doch einfach, die historische Aufgabe der SPD sei erfüllt.

Jens Schmidt / 18.02.2017

Dazu kommt ja nun auch noch, dass man von Seiten der SPD und Grünen nun hört, man wolle jedem der gerade im Land ist das Wahlrecht geben ...

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