Bertha Stein, Gastautorin / 13.06.2019 / 06:08 / Foto: Pixabay / 73 / Seite ausdrucken

Die Naturreligion der gehobenen Stände

Es wird viel über den Klimaschutz in den letzten Tagen geredet: über Greta Thunberg, über „Flugshaming“ oder über Coffee-to-go-Becher. Richtig in Schwung kommt der Klimaschutz aber mit den Grünen. Mittlerweile einen Prozentpunkt liegen sie vor den Christdemokraten (25 Prozent). Ein richtiger Höhenflug. Und er zeigt: Klimaschutz ist zur „unsichtbaren Hand“ à la Adam Smith geworden. Der Klimaschutz diktiert die Richtung, ist zu einer Religion par excellence geworden.

Was Greta Thunberg für die Fridays-for-Future-Kids ist, sind Annalena Baerbock und Robert Habeck für ihre Eltern. Eigentlich ein schnuckeliges Bild in neutestamentarischem Gewand: die großstädtische Jungfrau Annalena, der intellektuelle Zimmermann Habeck und das Jesuskind Greta. Um sie herum die drei heiligen Könige, AKK mit Anti-Rezo-Weihrauch, das Dreiergespann Dreyer, Schwesig, Schäfer-Gümbel mit seiner sozialdemokratischen Myrrhe-Schlagkraft und Söder mit der glänzenden Gold-Selbstgefälligkeit der CSU, man erinnere sich nur an das Raketenvorzeigeprogramm „Bavaria One“. Für die Rollen der Esel und Schafe ist gesorgt, genug – mehr oder minder – Freiwillige stehen schon in den Startlöchern bereit.

So oder ähnlich könnte die grüne Weihnachtskrippe aussehen. Nicht mehr Gott, sondern dem Klima wird gehuldigt. Ähnlich den Vorsokratikern, die sich von den theologischen Vorstellungen befreiten und nach dem Urstoff suchten, aus dem letztendlich alles entstand: Für Thales war es das Wasser, für Anaximenes die Luft und für die Grünen ist es, allumfassend gesprochen, das Klima.

Weg von der Faszination für Yoga und Ayurveda

Ein Imagewandel hat sich folglich bei den Grünen vollzogen. Weg von den konfuzianischen Weisheiten zu den Bundestagswahlen 2017, wie „Umwelt ist nicht alles. Aber ohne Umwelt alles nichts“, weg von der Faszination für Yoga, Ayurveda und den exotischen Liebesabenteuern. Der fließende Wechsel der Grünen-Bundesvorsitzenden, von der bunten Ulknudel Claudia Roth 2013 über „Simone Peter-Wer?“ zu Annalena Baerbock und Robert Habeck 2018, zeugen nicht nur personell von diesem Gesinnungswandel.

Statt „Konfuzius sagt“ heißt es nun „das Klima spricht“. Und zwar als brennender Dornbusch. Wie Gott zu Moses, so offenbart sich das Wetter den Grünen. Solch eine anthropomorphisierende und magische Denkweise nennt man in der Psychologie Animismus. Es ist ein typisches Phänomen in der kindlichen Entwicklungsphase nach Jean Piaget. Pfeift der Wind wie wild durch die Lüfte, möchte es dem Kind etwas sagen, so die Logik des Kindes. Das Kind lädt die Natur mit semantischer Bedeutung auf.

Das ist auch der Grund für die misanthropische Klimaobsession, die rigide Fixierung auf den Klimaschutz; nicht nur der Grünen, sondern vieler Gutsituierter in diesem Land. Und das Konzept des Egozentrismus, zu dem das animistische Denken gehört, kann hier weiterhelfen. Während der egozentrischen Entwicklungsphase ist das Kind unfähig, sich in andere Sichtweisen hineinzuversetzen, es hält die eigene Ansicht für die einzige und nicht für eine unter vielen. Der Entwicklungspsychologe Jean Piaget zeigte das sehr schön mit seinem „Drei-Berge-Versuch“.

Auf den Klimaschutz übertragen, könnte man sich folgendes Szenario vorstellen: „Annalena, kaufst du deine Lebensmittel beim Bio-Supermarkt?“ – „Ja.“ – „Weil du es dir leisten kannst und das Klima schützen willst?“ – „Ja.“ – „Kann es sich eine Krankenpflegerin leisten?“ – „Ja, wenn sie es nur will“. Dass materielle Zwänge die Krankenpflegerin davon abhalten, beim Bio-Supermarkt einkaufen zu gehen, weil sie sich noch den jährlichen Urlaub gönnen möchte, ist für den animistisch-denkenden Klimaschützer undenkbar, gleicht nahezu einer Gotteslästerung.

Um in den Worten des Philosophen Ludwig Klages zu enden: Der grüne Klimastaat fungiert als „Widersacher der Gesellschaft“. Und wenn das sich nicht ändern wird, kann man nur verzweifelt nicht den Klimagott, sondern den alten Herrn der Israeliten anflehen: „Gott bewahre uns“.

Foto: Pixabay

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Okko tom Brok / 13.06.2019

Dieses expressionistische Sittengemälde der Grünen setzt die grüne Spielart der Religiosität in Beziehung zu anderen Kulten und Riten. Die augenfälligste Parallele zu den Grünen sind für mich jedoch die klassischen Endzeitsekten im Gefolge des Christentums: Sie übersteigern und verfälschen die christliche Hoffnung auf ein gutes Ende zu einer unmittelbar drohenden Gefahr. Motto: „Ich will eure Angst“, und die zu „instrumentalisieren“ ist offenbar dann auch wieder legitim.

Andreas Rochow / 13.06.2019

“Von hinten gedacht” (A. Merkel) ist unter UNO-Kuratel die drohende menschengemachte Klimakatastrophe das alternativlos führende Thema geworden, das Demokratie, Wirtschaft und unsere Gesellschaft priorisieren und zerstören wird. Auch knapp 200 Unterzeichnerstaaten des Klimaabkommens können irren! Im Übrigen ist es ohne Belang, wenn sich auch noch der letzte und kleinste failed state bei den UNO-Klimairren einreiht! Treffen soll es den entwickelten Westen, von dem am ehesten Widerstand zu erwarten ist gegen die antidemokratischen und antinationalen NWO-Bemühungen führender UNO-Bürokraten, die uns mit ihrem gewaltsamen psychologischen Krieg mit den Themen Klima, Menschenrecht und Migration spalten und als Nation wie Wirtschaftsmacht zermalmen wollen! Das sind Zerstörungen, die zuvor nur durch Kriege zu erzielen waren. Eine Klima-Annahme auf tönernen Füßen soll mit Weltuntergangsängsten und Appellen an Schuld und Gewissen Menschenmassen zur willigen Manipulationsmasse der UNO machen! Wir sehen fassungslos, wie Wissenschaft, Wahrheit und Demokratie abgeschafft werden und die politische Klasse so tut, als fände diese Selbstzerstörung im Auftrag kritischer Mehrheiten statt. - Wenn die Demokratie bröckelt, kann das nur im nationalen Rahmen behoben werden! Darüber trösten die operettenhaften Inszenierungen des grünen Klimaflüsterers Habeck und die zum fröhlichen Schulschwänzen verführten Jugendlichen absolut nicht! Im Gegenteil: Sie simulieren im Auftrag übernationaler/antinationaler Organisationen unter Duldung einer pflichtvergessenen Staatsmacht und einer meineidigen Ministerriege, als wäre die Unumkehrbarkeit dieser Selbstzerstörung demokratisch abgestimmt und mehrheitlich gewollt.

Andreas Rühl / 13.06.2019

Ein Aspekt noch… : Die mantraaehnlich vorgebrachte Behauptung, der Klimawandel sei menschengemacht, weil 97% der klimaforscher das so sehen. Anders gesagt: Der Beweis Gottes ist erbracht, weil sogar 100% der Theologen an ihn glauben. Auch Theologen verstehen sich als Wissenschaftler uebrigens. Aber der wichtige Punkt ist der: den so gefuehrten Beweis kann niemand widerlegen. Der gläubige fordert den zweifler also auf, die Existenz Gottes zu widerlegen. Das kann dem zweifler nicht gelingen. Es ist nämlich nicht moeglich, die nichtexistenz Gottes zu beweisen, so wenig wie die von nessie, Drachen und Einhörner. Das Christentum hat in den kirchenlehrern mithilfe philosophischer Argumentation erkannt, dass Gewissheit nicht nur nicht zu erlangen ist, sondern sogar schädlich. Credo quia absurdum. Weil also nicht trotz. Der Glaube gretas ist in dieser Hinsicht in der Tat ein rueckschritt. Ob nun animismus oder wie man das auch nennen mag. Eine fortschrittliche Religion laesst den Zweifel nicht nur zu, sie baut darauf auf. Daher auch die hexenverbrennungen nicht aus der Kirche kamen und theologisch nicht gerechtfertigt wurden von ernsthaften Theologen. Die naehe zur hexenverfolgung wurde schon oft erkannt. Wir steuern in voraufklaerische, ja, sogar vorhellenistische Zeiten. Das vordringen des Islam, der den zweifler mit dem Tode bedroht, gehoert indiesem Kontext. Greta und die zauselbaerte sind Stress demselben Holz geschnitzt.

Jens Richter / 13.06.2019

Bitte die großartigen Vorsokratiker aus dem Spiel lassen. Die haben ganz ohne Teilchenbeschleuniger sich schon erstaunliche Gedanken über einen Urstoff gemacht, aus dem die Materie zusammengesetzt ist. Sie sind die Vorgänger der modernen Physik und hätten die hüpfenden Wirrköpf*innen einfach ausgelacht.

Heiko Stadler / 13.06.2019

Was im Mittelalter das vom Klerus diktierte “Christentum” mit Ablasshandel war, ist heute die Klimareligion mit dem Ablasshandel 2.0, der CO2-Steuer und dem Zwang zur Rückkehr ins Mittelalter. Von Religionsfreiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit hat sich Merkel-Deutschland endgültig verabschiedet.

Frank Volkmar / 13.06.2019

So ist es, wenn man in seiner eigenen Blase lebt und von deren Jubelstürmen berauscht wird, hebt man irgendwann dermaßen ab, das man die Krankenschwester da draußen mit ihren Nöten nicht mehr wahr nimmt. Das erinnert irgendwie an die Waldsiedlung Wandlitz, den Wohnort der DDR-Eliten. Als “Elite” nimmt man es hin, das man das natürliche Recht hat mit den Konsumgütern des Westens versorgt zu werden (ob jemand von denen mal ein schlechtes Gewissen gehabt hat ?) weil man ja gleichzeitig für den Sozialismus kämpft. Da gibt es immer welche, die “überzeugt” sind und die Mitläufer und Profiteure, die ihren persönlichen Vorteil suchen. So ist es auch in dem Fall der Grünen, vor allem dann wenn alles so herrlich relativ ist und man nur die Deutungshoheit gewinnen muss. Die Kanzlerin hat es ja vorgemacht mit ihren offenen Grenzen wider das Recht.

Fritz kolb / 13.06.2019

So ist es. Wenn man aber an keinen Gott, egal welcher Ausprägung glaubt, sondern eher wie ich Darwinist ist, dann weiß man schon jetzt, daß der ganze Klimahype endlich ist. Nämlich spätestens dann, wenn wirtschaftliche Relevanz eintritt. Wenn Arbeitnehmer der Automobilindustrie, des Kohlebergbaus und der konventionellen Landwirtschaft ihre Jobs verlieren und in den damit verknüpften Branchen auch. Wenn Kontingente für Stromentnahme vergeben werden, Autofahren noch teurer wird, Kosten für Urlaubsflüge steigen und die Lebenshaltung insgesamt sehr viel teurer wird. Dann wird ein heftiger Sturm, vulgo Volkszorn genannt, die grünen Khmer und ihre Mitläufer und Profiteure hinwegfegen. Würde schon jetzt beim grünen Wahlvolk der Verstand einsetzen, könnte man das Thema abkürzen und viele Milliarden Euro unnützer Ausgaben sparen. Ich fürchte aber, daß der Erkenntnisgewinn nur unter großen Schmerzen erfolgen kann.

Wilfried Cremer / 13.06.2019

Stonehenge ist denen heute peinlich. Zu grob, zu dick, zu hart. Das Klima ist dagegen biegsam, nicht zu greifen, nicht verhandelbar. Der Götze hat sich schlauerweise schlank gemacht.

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