Matthias Heitmann, Gastautor / 21.07.2017 / 15:56 / 6 / Seite ausdrucken

Der Wochen-Wahnsinn: Neun Wochen weder Wahl noch Kampf!

Wenn Angela Merkel öffentlich Olaf Scholz von der SPD verteidigt, dann wird klar: Es ist Bundestagswahlkampf, allerdings ohne Wahl und auch ohne Kampf. Zeitgeisterjäger Matthias Heitmann und Antenne-Frankfurt-Moderator Tim Lauth reden in der aktuellen Ausgabe der Radio-Kolumne „Der Wochen-Wahnsinn“ über die politische Langeweile neun Wochen vor den Wahlen. Das Erschütterndste an der Ödnis aber ist: Früher konnte man sich wenigstens auf das Ende des Wahlkampfs freuen. Auch das fällt nun flach. Zum Anhören geht es hier entlang.

Tim Lauth: Wir gehen wir auf Zeitgeisterjagd im WochenWahnsinn mit dem Mann, der das Hardcover-Buch und das E-Book Zeitgeisterjagd geschrieben hat: Matthias Heitmann. Matthias; was gibt’s denn Neues?

Matthias Heitmann: Neues? Das Interessanteste ist die Langeweile. In neun Wochen sind Bundestagswahlen, und keiner merkt‘s. Erinnerst Du Dich noch daran, wie alle möglichen Gruppierungen noch vor eineinhalb oder zwei Jahren dem Termin zur Abwahl von Angela Merkel entgegengefiebert haben? Und nun? Friedhofsruhe.

Lauth: Ja, da hast Du Recht. Und es ist scheinbar auch völlig egal, ob da halbe Stadtviertel in Hamburg verwüstet oder ob Anschläge verübt werden – offensichtlich beeinflusst das die Menschen kaum. Woran liegt das?

Heitmann: Ich denke schon, das das die Menschen beeinflusst – aber halt nicht ihre parteipolitischen Haltungen. CDU und SPD setzen alles daran, Politik weiterhin als etwas Stabiles, Vorhersehbares und Tiefgefrorenes darzustellen. Es gab zwar alle möglichen Veränderungen – die Wahl von Trump, der Brexit, die Wahlen in Frankreich –, doch all das wird bei uns entweder als rückschrittlich abgetan oder ignoriert. Angela Merkel gibt sich als Madame Alternativlos, und das kann sie gut: Wenn keiner nach dem Weg fragt, fällt es nicht auf, wenn man selbst auch nicht weiß, wo es langgeht.

Lauth: Aber woran liegt es, dass Schulz und seine SPD keine Alternative sind?

Heitmann: Die SPD war von den letzten 20 Jahren selbst insgesamt 15 Jahre an der Regierung, und damit länger als die CDU! Warum sollte sich also Grundlegendes ändern, wenn man SPD wählt? Angela Merkel ist sich ihrer Sache so sicher, dass sie sogar Hamburgs Olaf Scholz von der SPD gegen Rücktrittsforderungen aus der Union verteidigen kann…!

Lauth: Und Grüne, Linke oder AfD – ist von denen auch nichts zu erwarten?

Heitmann: Die Grünen sind so öde, dass die Medien sogar Jutta Ditfurth wieder ausgraben und in Talkshows setzen mussten. Offensichtlich ist sonst niemand in der Lage, Herrn Bosbach vom Bildschirm zu vertreiben. Die Linke hofft immer noch auf die Wiederauferstehung des Gottkanzlers Martin Schulz und schweigt. Und die AfD hat es in vier Jahren nicht geschafft, etwas zu erreichen. Dabei lief alles optimal für sie: Flüchtlingskrise, Übergriffe, Terroranschläge, Krawalle. Derzeit liegen die Deutschalternativen bei 8 Prozent – vor vier Jahren lagen sie bei knapp 5. Das ist wirklich schwach. Nicht, dass ich Mitleid mit der AfD hätte – aber man fragt sich schon, wie viele Steilvorlagen die eigentlich noch brauchen.

Lauth: Apropos Chancentod. Möchtest Du noch etwas zur Frauen-Fußball-EM sagen, Matthias?

Heitmann: Nein, ich interessiere mich nicht für Frauenfußball. Ich habe eh den Eindruck, dass sich der Männerfußball, was Aggressivität, Zweikampfverhalten und Intensität angeht, dem Frauenfußball immer mehr anpasst. Daher brauche ich in der Sommerpause keinen zusätzlichen Zickenterror …

Das komplette Archiv des „Wochen-Wahnsinns“ befindet sich hier.

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Leserpost

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S. Barth / 22.07.2017

Sagenhaft, Ihre “Zeitgeisterjagd”! Bitte weiter so!

Rainer Grossmann / 22.07.2017

Kanzlerin, äh Kanzlerin, verdammt Kanzlerin… auch ich versuche etwas anderes zu schreiben, aber genderwahnsinnsgeprägt bringt meine Tastatur nur dieses eine Wort zustande. Absolut alternativlos! Hoffentlich überstehe ich noch weitere vier Jahre dieses Wahnsinns.

Wolf-Dietrich Staebe / 21.07.2017

Das nichts passiert und das es keinen Wahlkampf gibt, stimmt nicht. Wie auch immer man zu der AfD steht, achten Sie auf deren absehbar bundesweit zerstörten Wahlplakate und die organisierten Übergriffe auf deren Politiker/Mitglieder. Es werden im Internet bereits “Anti-AfD-Kits” mit Bedienungsanleitung zur Verhinderung von Wahlkampfständen dieser Partei angeboten. Was ist daran kein Kampf? Was erwarten Sie? Mehr Gewalt bis hin zu Mord und Totschlag, am besten live? Ein anderes, weniger gewalttätiges Feld ist die Berichterstattung über diese Partei, besonders in den öffis. Für alle Bürger dieses Landes gilt: Herr, lass Hirn vom Himmel regnen, möglichst viel, möglichst bald!

Sepp Kneip / 21.07.2017

“Und die AfD hat es in vier Jahren nicht geschafft, etwas zu erreichen. Dabei lief alles optimal für sie: Flüchtlingskrise, Übergriffe, Terroranschläge, Krawalle.” Aber Herr Heitmann, für mich ist es ein Wunder, dass die AfD überhaupt noch 8 Prozent erreicht.  Eine Partei, die in einer Gemeinschaftsakton von Parteien und Medien stigmatisiert, verleumdet und totgeschwiegen wird, wie soll die sich dem Wähler outen. Die AfD hat kein - wie die SPD - Zeitungsimperium, mit dem sie sich äußern kann. Der AfD wird jedes Vorstellen ihrer Standpunkte in den Öffentlich-Rechtlichen verwehrt. Ein Skandal, da diese Sender gebührenfinanziert sind. Dagegen wird die AfD von unseren Medien unisono niedergemacht, während die übrige Parteiensoße immer wieder aus den Zeitungen und den Bildschirmen tropft. Wenn man ehrlich ist, hat diese Partei, wenn auch kein Mitleid, so doch ein gewisses Mitgefühl verdient. Sie wird in einer Art und Weise schikaniert, wie es eines Rechtsstaates nicht würdig ist. Sie hat es verdient, in den Bundestag zu kommen. Dann hätten wir wenigstens eine, wenn auch kleine, Opposition.

Alex Kaufmann / 21.07.2017

An der Stelle wäre es nur fair, die langjährige anti-AfD Kampagne der sämtlichen Mainstream-Medien zu erwähnen, die erst vor kurzem abgelöst wurde - durch die Verschweige-Kampagne.

Heiko Stadler / 21.07.2017

Nach zwölfjähriger Amtszeit einer grünen Kanzlerin, die mit dem linken Flügel der SPD zusammen regiert, wäre es höchste Zeit für einen konservativen Kanzlerin oder Kanzlerin.

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