Eran Yardeni, Gastautor / 07.08.2014 / 20:46 / 2 / Seite ausdrucken

Denn sie wissen, was sie tun!

Die folgende Tatsache scheinen viele in Europa vergessen oder verdrängt zu haben.

Am 25. Januar 2006 haben die Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat stattgefunden. Die Liste „Wechsel und Reform“ der Hamas hat die Wahl mit 440.409 (44%) Stimmen gewonnen, ca. 30.000 Stimmen mehr, als die Liste der Fatah-Bewegung (410.554 / 41,4%). Weil die 132 Sitze des palästinensischen Parlaments nur zur Hälfte über Listenwahl vergeben werden, während die andere Hälfte über relative Mehrheitswahl in Wahlkreisen verteilt wird, gewann die Hamas nicht weniger als 74 Sitze, 29 mehr als die Fatah (45 Sitze).

Die Liste der „Volksfront für die Befreiung Palästinas (PFLP)“ unter dem vielversprechenden Namen „Märtyrer Abu Ali Mustafa“, landete auf dem dritten Platz und gewann mit 42.101 Stimmen (4,2%) 3 Sitze.

Was die Palästinenser damals motivierte, ihre Stimme einer mörderischen islamistischen Terror-Organisation zu geben, ist im Grunde genommen nichts anderes als die Motive der 37,3%  der deutschen Bevölkerung, die ihre Stimme einem gewissen Adolf Hitler und seiner NSDAP gegeben hatten. In beiden Fällen ging es, auch wenn die Ursachen und die Umstände unterschiedlich waren, um eine tiefgreifende Frustration, um das Gefühl, dass „es so einfach nicht weitergehen kann“, ein Gefühl, das fast immer mit messianischen Visionen verbunden ist. Erlösung anstatt Lösung.

Dazu kommt noch etwas: Sowohl die Palästinenser heute als auch die Deutschen damals „meinten es nicht wirklich so“. Die Deutschen sahen nicht die Vision von rauchenden Krematorien, als sie Hitler wählten und später unterstützten. Und die Palästinenser träumten nicht von dem Altar, auf dem sie jetzt im Namen Allahs geopfert werden.

Beide aber wussten ganz genau, mit wem sie ins Bett gingen - und zwar bevor sie die Beine spreizten. Die Hamas hat sich bis 2006 als eine Terror-Organisation etabliert, deren Opferliste länger war als die Einkaufliste einer fünfzehnköpfigen Familie. Vor allem mit dem Angebot „72 Jungfrauen für Selbstmordattentäter“ hat sie sich einen weltweiten Ruf herbeigebombt. Dass Hitler und seine Partei bis 1933 keine Friedensstifter und keine Philosemiten waren und dass ihr Herz nicht für die Demokratie schlug - das wusste jeder, von Rostock bis zum letzten Dorf in den bayrischen Bergen.

Trotz der Gemeinsamkeiten gibt es natürlich auch ein paar Unterschiede. So haben sich die Palästinenser den Traum erfüllt, an dem die Deutschen gescheitert sind. Sie haben die Welt davon überzeugt, dass sie nicht die Verursacher ihrer eigenen politischen Katastrophe sind. Während die Aussage „Das erste Land, dass Hitler eroberte und versklavte war Deutschland“ uns völlig bescheuert vorkommt, weil diese These die Deutschen von der Last der Verantwortung befreit, finden viele die Trennung zwischen der Hamas und der Bevölkerung in Gaza völlig legitim. So hört man oft, dass „die Hamas ihre eigene Bevölkerung als Geisel nimmt“, als wäre nicht diese Bevölkerung der Grund, warum die Hamas so mächtig geworden ist.

Warum die Palästinenser dort Erfolg haben, wo die Deutschen gescheitert sind, kommt auch daher, dass die meisten Deutschen ihre politische Verantwortung nicht leugnen konnten. Weil Deutschland, vor allem West-Deutschland, aus politischen Gründen diese Verantwortung nicht loswerden durfte. Die Anerkennung der eigenen Schuld und der damit verbundenen Verantwortung galten als notwendige Bedingung für Deutschlands Rückkehr in die Weltgemeinschaft.

Anders ist es aber mit den Palästinensern. Sie haben sich erfolgreich als die ewigen Opfer der Geschichte etabliert. Und aus dieser Rolle kommen sie aus eigener Kraft nicht raus.

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Leserpost

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Thomas Bauseler / 08.08.2014

Sehr geehrter Dr. Eran Yardeni, Respekt, das ist der erste Kommentar zur Situation den ich gelesen habe der exakt die Tatsachen beschreibt. Es ist richtig, Adolf Nazi und seine Partei wurden von den Deutschen mit einer Mehrheit gewählt und ebenso richtig ist, das sie Deutschen wussten wen sie gewählt hatten. Genau so verhält es sich mit den Bewohnern des Gaza Streifens. Diese Tatsache wird jedoch in den steuerfinanzierten deutschen Medien ausgeblendet. Da alle deutschen Medien aus einer bestimmten politschen Geisteshaltung heraus berichten, erfahren wir nichts über getötete syrische Kinder. Aber da kann man aber leider nicht auf Amerika oder Israel eindreschen. Mit freundlichen Grüßen Thomas Bauseler

Helmut Bormann / 07.08.2014

Weil 44% der Palästinenser die Hamas gewählt haben müssen jetzt 1000 und mehr (ich komm mit den Zahlen nicht nach) von ihnen sterben? Selber Schuld, wer da noch wohnt? Dass Israel sich gegen den Raketenbeschuß wehrt ist klar, aber eine Kritik an der ausufernden Kriegsführung ist dringend geboten. Dass die Tunnel zerstört werden ist nachvollziehbar, aber dass von Israel niemals eine realistische Zweistaatenlösung angestrebt wurde, ist zu verurteilen. Jetzt kommen schon wieder die Stimmen, die sagen, wir dürfen nicht verhandeln, sonst lernen die Terroristen ja, dass der Terror sich lohnt. Demnächst dann wieder: Gebt ihnen doch die Wüste, wir behalten das Wasser.

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