Ingo Antonio Zamperoni hat gelächelt. Er ist Tagesthemensprecher und hat gelächelt. Er ist Deutschitaliener und hat gelächelt, als Deutschland auf dem Weg war, in eine Null-zu-Zwei-Depression zu verfallen. Das Lächeln des Herrn Zamperoni hat nicht nur viele Fußball-Fans empört, es wirft auch Fragen auf.
Hat ein Tagesthemensprecher überhaupt zu lächeln? Zwar ist er kein Tagesschausprecher, zelebriert also keine heilige Nachrichtenmesse. Aber selbst Tagesschausprecher kann man heutzutage dabei erwischen, wie sich gelegentlich ihre Mundwinkel nach oben (ich wiederhole: nach oben) bewegen. Hier handelt es sich um eine schleichende Bewegung, die es früher nicht gegeben hätte. In der guten alten Zeit trug der Tagesschausprecher eine Mimik zur Schau, die Loriot den sparsamen Gesichtsausdruck des korrekten Untergebenen genannt hat. Nur dass es sich nicht um den korrekten Untergebenen sondern um das wunschgemäß emotionsfreie Humanneutrum gehandelt hat.
Aber, wie gesagt: Das gelegentliche Lächeln, auch wenn es im Rahmen des Sparsamen bleibt, hat sich längst in die Tagesschau eingeschlichen. Wen wundert es da, wenn es auch bei den Tagesthemen, die man ja als die Kür zur Tagesschau-Pflicht bezeichnen kann, ebenfalls in Erscheinung tritt? Wir haben es hier mit dem klassischen Dominoeffekt zu tun. Wird erst mal irgendwo gelächelt, dann wird bald überall gelächelt. Der Dominoeffekt wirkt auch auf der Zeitschiene: Hat man erst einmal angefangen zu lächeln, so ist eine Rückkehr in die lächellose Zeit nicht mehr möglich.
Wo kommt das Lächeln her? Ist es der privaten Konkurrenz geschuldet, also den Kommerzlächlern? Dem Vordringen der möglicherweise genetisch zum Lächeln neigenden Frauen auf die Mattscheibe? Oder spielt sogar der Zuzug halb südländischer Personen eine Rolle, denen das Lächeln offenbar leichter über die Lippen kommt als dem grantelnden Bayern, dem stillen Allgäuer oder dem stummen Westfalen?
Wir wissen es nicht. Die Sache ist noch nicht ausreichend untersucht. Wir wissen aber, dass Ingo Antonio Zamperoni gelächelt hat, als Deutschland bereits null zu zwei hinten lag und Italien entsprechend vorn. Hätte er das tun dürfen? Eingeräumt: Zwei Seelen wohnen naturgemäß in der Brust eines Menschen gemischter Herkunft. Man kann sagen: Es war Antonio, der gelächelt hat, nicht Ingo. Hätte Ingo auch gelächelt, wenn Deutschland zwei zu null geführt hätte? Wir wollen es zu Zamperonis Gunsten annehmen. Aber hätte er sich als Tagesthemensprecher das italienische Lächeln nicht verkneifen müssen? Hätte er sich nicht um Loriots sparsamen Gesichtsausdruck bemühen sollen?
Immerhin hat er versucht, in Worten eine gewisse Neutralität zu transportieren. indem er sagte: “Möge der Bessere gewinnen.” Aber reicht das? Darf ein Sprecher der deutschen Tagesthemen neutral bleiben, wenn es um eine deutsche Schicksalsangelegenheit geht? Sind wir hier nicht Augen- und Ohrenzeugen des Scheiterns multikultureller Politik? Würde ein reinblütiger Deutscher überhaupt lächeln können, wenn seine Mannschaft null zu zwei hinten liegt? Könnte er sich der Tränen überhaupt erwehren? Und wäre in der Fußballkrise ein weinender Tagesthemensprecher nicht angemessener als ein lächelnder?
Vielleicht sollten wir unsere Einwanderungspolitik dahingehend ändern, dass wir nur noch Menschen hereinlassen, die garantiert nicht lächeln, wenn eine deutsche Nationalmannschaft verliert. Andererseits liest man, dass der Papst den Italienern zum Sieg gratuliert hat. Oha. Darf ein bayerischer Papst einer italienischen Mannschaft, die gegen eine auch noch stark bayerisch geprägte deutsche Mannschaft gewinnt, zum Sieg gratulieren? Und selbst wenn er es diplomatischerweise tun muss, welche Miene sollte er dabei aufsetzen? Darf er weinen? Oder wenigstens Trauer tragen? Was wäre, wenn er lächelte? Es kommt wohl auf die Art des Lächelns an. Ein frohes Lächeln wäre sicher unangebracht. Besser wäre ein frommes, versöhnliches Lächeln sein. Lauter kaum lösbare Probleme. Da ist es nur gut, dass das Mienenspiel des Papstes hinter den Mauern des Vatikan verborgen bleibt.
Ingo Antonio Zamperoni hingegen hat vor einem Millionenpublikum gelächelt, und eine Welle der Empörung ist über ihn herein gebrochen. Hätte er statt Dante Bertolt Brecht gelesen, so hätte er gewusst: “Der Lachende hat die furchtbare Nachricht nur noch nicht empfangen.”