Rainer Bonhorst / 19.07.2019 / 06:15 / Foto: Stefan Klinkigt / 111 / Seite ausdrucken

Das Drei-Mäderl-Bild

Ich stelle mir ein Bild vor, in dem ein Kanzler, ein scheidender und ein künftiger Verteidigungsminister beieinander stehen. Einer mit Bauch, einer mit Glatze und einer mit Bart. Mit anderen Worten: ein Drei-Männer-Bild. Und was geschähe beim Betrachten dieses Bildes? Nichts. Niente. Nada. Nitschewo. Es wären halt drei Männer, nicht im Schnee, sondern im gehobenen Amt. Das Übliche. Kein Grund für irgendeinen Kommentar.

Jetzt aber sitzen da, weil die eine zur Zeit nicht so gut steht, drei Frauen. Eine Bundeskanzlerin, eine scheidende Verteidigungsministerin auf dem Weg zum Top-Job in Brüssel und eine neue Verteidigungsministerin. Die eine in der Mutti-Rolle, die andere auf der Flucht nach oben, die dritte auf dem Weg aus der Leichtgewichtigkeit in einen knochenharten Bewährungs-Job mit Potenzial zur Kanzlerinnen-Reife.

Ein Drei-Mäderl-Power-Haus oder, respektvoller: ein Gruppenbild dreier mächtiger Frauen. Das hat es so bei uns noch nicht gegeben. Die drei Frauen führen vor, was seit Ewigkeiten Männer vorgeführt haben: Old girl's network statt old boy's network. Und wie es scheint, können die old girls das. Und die old boys schauen verblüfft, oder auch hämisch auf die drei old girls und wünschen sich die traditionelle Stutenbissigkeit herbei, die ihnen bisher geholfen hat, sich selber auf den Spitzenposten breit zu machen.

Frecher und zufriedener Blick in die Männerwelt

Wer meint, das Drei-Damen-Bild sei ein Zufall, der glaubt auch an die Weihnachtsfrau. Es gehört schon ein beträchtliches Stück politischer Kunstfertigkeit dazu, ein solches Bild zu komponieren. Auch wenn nicht alles von langer Hand geplant war: Zur Kunst gehört auch die Improvisation, die schließlich doch zu einem ausgesprochen befriedigenden, wenn auch nicht ganz zum ursprünglich angepeilten Ziel führt. Und wenn das ursprünglich angepeilte Ziel über einen Umweg doch erreicht wird, umso besser.

Jedenfalls sitzen sie jetzt da, die drei Frauen in ihren herausgehobenen Positionen und schauen frech und zufrieden in das, was einst die Männerwelt war. Können sie es überhaupt? Merkel hat es bewiesen. Sie hat einiges Gute geschafft und nicht mehr Schaden angerichtet als die meisten Männer vor ihr. Von der Leyen als Kommissionspräsidentin? Sie hat mit ihrem Französisch den Oberfranzosen Macron ins Schwärmen gebracht. Das war schon vor Amtsantritt die halbe Miete. Ob sie die ganze Miete zusammenbringt, weiß man, ob Frau, ob Mann, vorher nie. 

Und AKK als Verteidigungsministerin? Sicher, sie muss noch lernen, möglichst stramm und düster dreinblickend eine militärische Ehrenformation abzuschreiten. Im Übrigen besteht die Liste der bundesdeutschen Verteidigungsminister nicht nur aus Knallern. Franz Josef Strauß war als Verteidigungsminister natürlich „a Hund“, wie der Bayer sagt. Er wollte seine Bundeswehr sogar mit Atomwaffen ausstatten. Das fanden die vorhandenen Atommächte ein bisschen übertrieben. Zu stramm ist eben auch nicht gut. Hans Apel? Eher nicht stramm genug. Rudolf Scharping? Also wirklich. Franz Josef Jung? Wie? Wer? Jung? Wirklich? Über die Generalissima von der Leyen ist schon genug Böses gesagt worden. Besser kann ich es auch nicht.

Mit der ministeriellen Kompetenz ist das nun mal so eine Sache. Sogar mit der des Kanzlers. Ich erinnere an Gerhard Schröders verlorene Wahl im Jahr 2005, als er der Siegerin Angela Merkel von oben herab klar machte, dass „mit ihr“ seine SPD ja wohl keine Regierung bilde würde. Inzwischen hat sie ihn an Kanzlerjahren überholt und „seine“ SPD braucht dringend einen Wellness-Urlaub. Ministerkompetenz kommt im Amt oder auch nicht.

Und dann noch ein Satz für den kleinen Zyniker: Kompetenz war noch nie das entscheidende Kriterium beim Posten-Schach. Und im Moment geht es wohl darum, dass nach einer Ewigkeit der Damen-Opfer, die Damen nun ihre Männer-Opfer durchspielen. Als old boy, der nie zum old boy's network gehört hat, beobachte ich das mit einem fröhlichen Schmunzeln.          

Foto: Stefan Klinkigt

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Leserpost

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Dietmar Schubert / 19.07.2019

Warum assoziieren die Antworten, bei denen ich annehme, die Person dahinter ist vom Geschlecht w, Dieter Bohlens DSDS oder Heidi Klums GNTM? Zickenkrieg - man gönnt sich ja sonst nichts, weder im Erfolg noch in der Niederlage.

F. Hoffmann / 19.07.2019

Sehr nett, Herr Bonhorst, aber knapp daneben ist auch vorbei. Auf Tichys findet sich ein Beitrag zu einem Kommentar des Journalisten Ralf Schuler. AKK ist jetzt im Kabinett. Sollte Merkel zurücktreten, könnte Steinmeier eine neue Regierungschefin ernennen, ohne daß Neuwahlen oder eine Wahl durch den Bundestag stattfinden müßten. Es geht um die Durchsetzung der Merkel-Entourage gegen den Rest der Partei, Stichwort Merz. Ob Männlein oder Weiblein dürfte Merkel schnurz sein, Hauptsache sie hat das Sagen. Oder wie soll eine Ministerin ihrer Vorgesetzten, der Kanzlerin, dann noch als Parteichefin widersprechen. Ursel wurde, so schlecht sie ihr Amt auch ausführte, für Ihre Vasallentreue gegenüber Merkel belohnt, das hat einen Lerneffekt. Von den 3 Damen hat genau eine was zu sagen, die anderen sind abhängige Wasserträgerinnen. Nix dreimal Frauenpower. Einmal.

Andreas Donath / 19.07.2019

“Merkel hat es bewiesen. Sie hat einiges Gute geschafft und nicht mehr Schaden angerichtet als die meisten Männer vor ihr.” Ich lese und staune, da ich mich nicht erinnere, jemals auf der Achse etwas Absurderes gelesen zu haben. Ich schenke es mir jetzt, im Einzelnen auszuführen, welche zum Teil vermutlich irreparablen Schäden die Dame angerichtet hat. Es würde das für Leserkommentare vorgegebene Maß sprengen. Ganz kurz einige Stichpunkte: Demokratie zerstört, CDU zerstört, Deutschland zerstört und Heerscharen überwiegend gewaltaffin sozialisierter Migranten angelockt, innere Sicherheit deswegen massiv bedroht, eine Unmenge an Gewalttaten von Migranten gegenüber “Bio-Deutschen”, an denen Merkel durch ihre Migrationspolitik Anteil hat, Weihnachtsmärkte und Volksfeste zu No-Go-Areas geworden, eine irre, ineffektive und sündhaft teure Energiewende mit flächendeckend riesigen Windrotoren, die Natur und Tierwelt zerstören ........ Ich gestehe, dass ich nach den oben zitierten beiden Sätzen nur noch mit Widerwillen weiter gelesen habe. Aprilscherze am 19. Juli kommen nicht so gut.

Georg Dobler / 19.07.2019

Herr Bonhorst Respekt für Ihren Optimismus. Mein Optimismus ist da bescheidener. Das Geschlecht der drei ist mir völlig wurscht, von mir aus kann die ganze Regierung weiblich sein. Mir graut es rein wegen der Kompetenzen. Wer die Bundeswehr mit Hilfe teurer (verwandter?) externer sogenannter Berater nach unten manövriert hat wird es auch mit der EU hinkriegen. -Und dass Frauen es weder besser noch schlechter können haben schon Idira Gandhi und Gola Meir vor vielen Jahrzehnten bewiesen

Peter Oberem / 19.07.2019

Ich finde es gut und richtig, dass auf der Achse provozierende Kommentare wie dieser erscheinen, auch wenn eigentlich andere Medien dafür zuständig sind. Provokationen halten lebendig. Allerdings mache ich mir Sorgen um Herrn Bonhorst. Las ich früher seine Beiträge meist sehr gern, beunruhigen mich seine in meiner Einschätzung schrägen Stellungnahmen in letzter Zeit. Auch seine Kommentare zum Brexit konnte ich nicht nachvollziehen oder wenigstens verstehen. Stimmt etwas nicht mehr mit seiner Wahrnehmung? Oder etwa mit meiner? Natürlich enttäuschen mich jeden Morgen die Nachrichten, weil nie die entscheidende erscheint, dass Frau Merkel in der vergangenen Nacht nach Chile ausgewandert wäre, oder nach Kuba oder Venezuela.

Dietrich Herrmann / 19.07.2019

VORSICHT! Die Aliens sind schon unter uns…  Klasse, Karikatur. Fragwürdiger, mainstreamiger Artikel.

Friedemann Dussler / 19.07.2019

Sehr geehrter Herr Bonhorst.Was bitte hat denn Frau Merkel bewiesen?Seit 14 Jahren treibt sie nicht nur ihre Partei,nein das ganze Land in den Untergang.Bravo!

Thomas Schmied / 19.07.2019

Die Feminisierung der Politik bringt sicher nicht nur Vorteile. Doch das ist ein anderes Thema. Habe kein Problem damit, wenn wichtige Posten von geeigneten Frauen übernommen werden. Das in Deutschland sehr aktuelle Phänomen der Vetternwirtschaft ist auch nicht vom Geschlecht abhängig. Von mir aus können die Verrückten beim evangelischen Kirchentag auch “Vulven malen”, wenn sie das für explizit christlich halten (was ich nicht tue). Schädlich wird es aber, wenn die Vulva zum Vergabekriterium wird und Eignung für gesellschaftlich relevante Aufgaben ersetzt. Meiner Meinung nach erleben wir das jedoch gerade.

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