Peter Grimm / 28.08.2020 / 06:20 / Foto: Pixabay / 111 / Seite ausdrucken

Das Corona-Notstandskomitee tagt

Nun hat es gestern wieder getagt, das deutsche Corona-Notstandskomitee. Seit mehr als einem halben Jahr und auf noch unabsehbare Zeit hält es ganz Deutschland im Ausnahmezustand und schränkt mittels Infektionsschutzgesetz Grundrechte erheblich ein. Die Runde aus Kanzlerin und den Ministerpräsidenten der Länder ist kein im Grundgesetz vorgesehenes Entscheidungsgremium, besitzt damit eigentlich keine demokratische Legitimation. 

Obwohl es einschneidendere Entscheidungen für das Leben der Bürger unter Bürgerrechtsentzug getroffen hat, als je eine Bundesregierung, entscheidet es streng genommen gar nichts. Die Runde hat immer nur beschlossen, was die Bundesländer dann umzusetzen hatten. Anders hätte der Notstandsumweg über das Infektionsschutzgesetz nicht funktioniert. Die Frage, warum die Bundesregierung für einen landesweiten Notstand zu keiner Zeit daran dachte, das Notstandsgesetz anzuwenden, das ja auch für den Seuchenfall vorgesehen ist, wurde nie schlüssig beantwortet.

Mit den Ankündigungen der Bundeskanzlerin Merkel und ihres Möchtegern-Kronprinzen Söder, „die Zügel“ wieder straffer zu ziehen, sprich die Bürger auf Bürgerrechtsentzug wieder stärker zu reglementieren, wurden selbige schon darauf vorbereitet, neue Einschränkungen verkündet zu bekommen. Es war wie vor dem Sommer: Tagelanges Geraune über die möglichen Pläne, dann eine lange Sitzung und gespanntes Warten auf die Ergebnisse. Diese wurden von der Bundeskanzlerin dann in herablassender Eintönigkeit, in Sprechblasen gekleidet bekannt gegeben. Anschließend hatte die deutsche Politikdarsteller-Riege die Chance vor die gebührenfinanzierten Kameras zu treten, zusätzliche Sendeminuten in einem ARD-Extra nach der Tagesschau inklusive.

Die Maske sollte als Symbol unbedingt bleiben.

Irgendwie hatte dieses Notstandskomitee vor etlichen Wochen eine Art Sommerpause eingelegt. Die Bürger mit den eingeschränkten Bürgerrechten bekamen zur Stimmungsaufhellung ein paar Lockerungen zugestanden: Ein bisschen reisen, ein klein wenig Kultur, kleinere Veranstaltungen, Museen- und Zoobesuche wurden möglich. Alles weitere sollten die Länder in Eigenregie entscheiden, nur eines nicht: die Aufhebung der Maskenpflicht. Die Maske sollte als Symbol unbedingt bleiben.

Die meisten Deutschen hatten sich mit der Erwartung in den Sommer begeben, dass nun schon nach und nach alles gelockert würde. Langsam genug natürlich, damit niemand keine Fragen aufkommen, ob das alles vielleicht ein großer Fehler war. Die Zahlen zeigten, dass nur verhältnismäßig wenige Menschen an Covid-19 erkrankten oder gar starben. Tragisch, aber das ist eben auch bei anderen Krankheiten, mit denen wir in der alten Normalität alltäglich lebten, nicht anders. Irgendwie hofften viele Deutsche einige Wochen lang in ehrlichem Harmoniebedürfnis, dass sich jetzt doch alles in Wohlgefallen auflösen könnte. Man wäre dann auch nicht nachtragend.

Das ist nachvollziehbar, doch damit hatten die so Hoffenden ihre Rechnung offenbar ohne die Wirtin gemacht. Ohne großes Aufsehen beschlossen Bund und Länder, Reiserückkehrer und überhaupt verstärkt zu testen. Grundsätzlich kein Problem, wenn man in der anschließenden Berichterstattung nicht den simplen Fakt unterschlägt, dass je mehr getestet wird, auch mehr „Fallzahlen“ zustande kommen. Genau das aber taten Politik und Medien in den letzten Wochen und erzeugten eine neue alarmistische Grundstimmung wegen „gestiegener Zahlen“. 

Weder eine Steigerung noch eine alarmierende Größenordnung

Höflichst ausgedrückt ist das grober Unfug. Eher sind es wohl, im passenden neudeutsch gesagt Fake-News. Denn der Anteil der positiv Getesteten liegt seit Wochen immer beinahe konstant mal bei einem, mal bei 0,96 oder 0,88 Prozent. Darin ist weder eine Steigerung noch eine alarmierende Größenordnung zu erkennen. Zumal dann, wenn – es hier oft gesagt und geschrieben worden – man berücksichtigt, dass diese Ergebnisse um die ein Prozent falsch positiv Getestete beinhalten, die eigentlich gar nicht infiziert sind. Und für diejenigen, welche unseren Experten nicht glauben, hatte es auch der Bundesgesundheitsminister einmal kurz erklärt.

Trotzdem agieren die Verantwortungsträger aus Bund und Ländern so, als würden die Covid-19-Zahlen gerade in alarmierende Höhen steigen. In dieser Atmosphäre bereiteten sie wieder die Runde des Corona-Notstands-Komitees vor. Neue Einschränkungen waren zu erwarten.

An sich eine niederschmetternde Ausgangslage, aber wer sich den Auftritt des Trios aus Kanzlerin, Kronprinz und Bundesratsvorsitzenden nach der Corona-Runde anschaute, konnte daraus auch Hoffnung schöpfen. Man musste allerdings auf die Nebensätze hören.

Zunächst begann die Bundeskanzlerin mit den beinahe altbekannt wirkenden Sprechblasen. Die „gestiegenen Zahlen“ würden das Corona-Notstandskomitee nun dazu zwingen, einen „neuen Anlauf“ mit Maßnahmen zur Begrenzung ebendieser Zahlen zu nehmen. „Es lohnt sich“, sich „dieser Herausforderung“ zu stellen und zu den niedrigen Zahlen zurückzukehren. Natürlich pries sie die Notwendigkeit der Masken, um dann zu den konkreten Beschlüssen zu kommen, über die hinreichend berichtet wurde: Quarantäne statt Tests bei der Einreise aus Risikogebieten ab Oktober, keine Entschädigung für Quarantäne-Verdienstausfälle, wenn die Reise vermeidbar war und keine Großveranstaltungen bis Jahresende. Das sind die offenbar einstimmig gefassten Beschlüsse.

Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff ist tatsächlich nicht umgefallen und erhebt als einziger kein Mindestbußgeld von 50 Euro fürs Gesicht zeigen. Das ist schon eines der Hoffnungszeichen. Die Einheitsfront im Corona-Notstandskomitee zeigt Risse.

Die Macht der Maske 

Auch mit einer anderen geplanten Einschränkung ist Angela Merkel in dem Gremium nicht durchgekommen: der bundeseinheitlichen Reduzierung der Teilnehmerzahl bei privaten Feiern und Veranstaltungen. Auch das ist ein Hoffnungszeichen, wobei Angela Merkel deutlich machte, dass sie diese Niederlage nicht hinzunehmen gewillt ist. Getreu dem Motto, aufgeschoben ist nicht aufgehoben erklärte sie, dass immerhin der Fokus auf dieses Thema jetzt gesetzt sei und man werde sich in den nächsten Wochen mit dem Thema weiter beschäftigen müssen.

Möglicherweise ist ihr dabei auch das Demonstrationsverbot für Kritiker der Corona-Politik in die Parade gefahren, denn dieser Umgang mit einem wichtigen Grundrecht sorgte für ziemlich breite Kritik. Da wären zeitgleiche Zusammenkunftsbeschränkungen für Familien und Privatpersonen kaum gut angekommen. Von einer Bild-Journalistin nach ihrer Haltung zum Berliner Demonstrationsverbot gefragt, stammelte sie fast, dass sie die Berliner Entscheidung respektiere und man nun sehen müsse, wie sich das mit den folgenden gerichtlichen Entscheidungen entwickle.

War noch was? Ach ja, auf dem Podium gab es noch die beiden anderen Darsteller. Nennenswert aufgetreten ist, erwartungsgemäß, nur Markus Söder. Er kleidete die Verkündungen der Kanzlerin noch einmal in etwas andere – zugegebenermaßen bessere – Worte und Sätze. Dass Maske derzeit das einzige sei, was wir haben, um Corona zu bekämpfen, war vielleicht das Highlight der gestrigen Söder-Prosa.

Ja, vielleicht ist es überhöht, in den kleinen Rissen im Corona-Notstandskomitee schon Hoffnungszeichen entdecken zu wollen. Aber wo es an Hoffnungszeichen mangelt, ist man bekanntlich weniger wählerisch. Und im Bereich der bezahlten Politik-Ausübung ist dieser Mangel wohl kaum zu bestreiten.

Foto: Pixabay

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b. stein / 28.08.2020

eines möchte ich noch ergänzen: die ÖR ziehen nun den standhaften Reiner Haseloff, der nicht gewillt ist den Sachsen-Anhaltinern und den Besuchern des Bundeslandes Geld aus den Taschen zu ziehen um das Steuersäckel aufzupeppen, durch den Kakao und versuchen den Abtrünnigen mit Fangfragen als Deppen hinzustellen. Sie haben vermutlich im Eifer des Gefechts vergessen, dass eben dieser bemerkenswert sture Klartextredner Haseloff auch eine Erhöhung der Rundfunkgebühren ablehnt. Empfehle noch abschließend die Pressekonferenz der Landesregierung Sachsen-Anhalt vom 25.08.,vor allem das letzte Drittel in dem er auf die Fragen von Reportern antwortet.

Matthias Haus / 28.08.2020

Danke für den Bericht sehr geehrter Herr Grimm Man muss sich in der Tat die Frage stellen, welche Agenda verfolgt die Frau Kanzlerin eigentlich wirklich. Ich kann seit Jahren nur ein Ziel erkennen , nähmlich dieses Land mit seiner Kultur, Wirtschaft und Sozialsystem systematisch zu zerstören.  Oder ist es Krankhaft , oder beides . All die Mitläufer sind allerdings nicht weniger Schuld daran , denn man hätte dieser Frau längst Einhalt gebieten müssen

Gabriele Kremmel / 28.08.2020

Lässt man einmal das Gedöns weg und schaut nur an, was hinten raus kommt (und das ist, was am Ende zählt), dann haben wir defacto eine neue Mauer, diesmal nur nicht aus Beton. Ja, jeder darf reisen, aber dann hat er eben auch die Konsequenzen zu tragen: Quarantäne, Verdienstausfall, soziale Ächtung. Es darf auch jeder seine Meinung äußern, aber auch dann hat er die Konsequenzen zu tragen: defacto eine Meinungseinschränkung. Jeder darf sein Demonstrationsrecht ausüben, aber der Berliner Senat kann sie verbieten, wenn ihm die Demonstranten nicht gefallen: defacto eine willkürliche Grundrechtseinschränkung. Dass Merkel Entscheidungen akzeptiert, die ihr (angeblich) nicht gefallen wäre mir jetzt neu. Normalerweise kann die Entfernung gar nicht groß genug sein, um ihr Missfallen zu bekunden, nicht einmal wenn sie in Afrika weilte.

Max Blank / 28.08.2020

genug gejammert, genug lamentiert! Hört auf Leserbriefe zu schreiben, die interessieren keinen. Geht auf die Straße und protestiert! Jetzt muss jeder raus aus seiner Komfort-Zone und Präsenz auf der Straße zeigen! Wenn die „Eliten“ die Abschaffung der freiheitlich demokratischen Grundordnung betreiben, hat jeder Bürger die Pflicht zum Widerstand!

Werner Kissel / 28.08.2020

Berlin, Berlin, wir fahren nach Berlin.

Peter Holschke / 28.08.2020

Nannte man früher das bolschewistische Exekutivkomitee. Flott nach der stalinchen Devise. “Der Kader entscheidet alles”.  Wenn man Kommunisten die Hand gibt, sollte man danach kontrollieren, ob die Hand noch dran ist. Kommunisten halten ich an keine Regel oder Absprachen, da nur sie recht haben (Die Partei hat immer recht). Daher ist für sie jedes Mittel zulässig und jede Täuschung erlaubt.  Merke: Kommunisten lügen immer. Warum Kommunisten den Transfer von Moslems massiv betrieben haben, liegt wohl an der Ähnlichkeit bestimmter Konzepte. Kufr - Unglaube; Takfīr - die Praktik einen anderen Gläubigen zum ungläubigen Feind zu erklären; Taqīya - Verheimlichen, jetzt wird es heikel ... was den Vorwurf beinhaltet, dass Muslime gegenüner Ungläubigen problemlos lügen, was einen Dialog verhindert. Hier besteht eine gewissen Nähe und Verwandschaft und nur so läßt sich vieles erklären. Was den unangenehmen Schluß zuläßt, dass die schöne Bundesrepublik in die Hand von Kommunisten geraten ist. Den Landsleuten im Westen geht die Erfahrung mit dem Kommunismus ab, sie könen sich das Perfide nicht vorstellen. Insofern mag es machtbesessene und karrieregeile Westpolitiker geben, welche sich einbilden, sie könnte das händeln, insofern sie nicht ohnehin eine 68-Prägung haben und früher Mao hinterhergerannt sind. Ulbrich hatte es auf den Punkt gebracht “Es muss demokratisch Aussehen, aber wir müssen alles in der Hand haben”. Genau wie heute. Solche Notstandskomitees dürfte es in einem demokratischen Gefüge gar nicht geben. Das es sie gibt, zeigt, wo diese Republik steht.

Patrick Kuhn / 28.08.2020

Vorab: Über die Maßnahmen kann und muss man diskutieren. Aber es ist schon nteressant, dass hier so oft mit dem scheinbaren Killerargument der 1% falsch positiv Getesteten geframed wird, obwohl doch so viele Zahlen, sogar die hier im gleichen Satz benutzten, zumindest mal skeptisch werden lassen sollten. In vielen Regionen gibt es Null positive Testungen bei tausenden Tests. In Deutschland, das ja hier offenbar der Mittelpunkt der Welt ist, speziell bezüglich des Virusses, war es vor der aktuellen, noch sehr flachen 2. (Reiserückkehrer-) Welle, sogar fast in allen Landkreisen die Regel, unter 0,3% Positivtestungen zu haben. In Frankreich, Spanien und hundert anderen Ländern schnellen die Zahlen in die Höhe wie zu Zeiten, als die AfD vehement den Lockdown gefordert hatte. Bei keineswegs vervielfachten Testungszahlen. Blind vor Hass? Oder jetzt etwas wahrscheinlicher, dass die Pandemie noch nicht so ganz abgeklungen und im Griff ist, wie hier geglaubt wird. Bitte auch mal die Staatsgrenzen ein wenig ausblenden, die interessieren das Virus nicht besonders.

Nils Knospe / 28.08.2020

Lieber Herr Grimm und Achse-Kollegen, Respekt für Ihr Durchhaltevermögen, immer wieder zu diesem und weiteren Themen sachlich zu argumentieren ! Es muss ein ätzendes Gefühl sein, wenn von der Politik und anderen Verantwortlichen keine Reaktion kommt, kein Dialog, Nullkommunikation, man kann auch sagen - drauf geschissen wird. Sie machen alles richtig. Weiter so !

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