Rainer Bonhorst / 30.01.2024 / 06:15 / Foto: Montage Achgut.com / 88 / Seite ausdrucken

Danke! Die ungehaltene Rede auf meiner Traum-Demo

Ich habe einen Traum. Den hab ich öfter mal, aber jetzt hat er sich aus aktuellem Anlass wieder gemeldet.

Weil ich in den letzten großen „Demonstrationen gegen Rechtsextremismus und für Demokratie“ einen starken Hauch von Etikettenschwindel wahrgenommen habe. Darum hier jetzt mein Traum von einer Demo anderer Art, über die ich mich riesig freuen würde.

In diesem Traum ziehen hunderttausende, wenn nicht gar Millionen Menschen mit Migrationshintergrund durch unsere Straßen. Sie halten Plakate und Spruchbänder hoch, auf denen steht: „Danke Deutschland.“ Und dazu gibt es vom Veranstalter eine Rede:

„Danke Deutschland dafür, dass ihr uns in so großer Zahl aufgenommen habt. Wir wissen, dass es nicht immer leicht war und dass viele uns wieder weggewünscht hätten. Aber ihr habt uns aufgenommen. Manchmal großherzig und manchmal mit Magengrimmen.

Danke, dass ihr uns mit einem Dach über dem Kopf und mit Geld versorgt, damit wir unsere Familien über Wasser halten können, solange wir nicht arbeiten können oder dürfen. Oft helft ihr damit sogar Familienmitgliedern, die noch in der alten Heimat leben. Wir wissen, dass das Geld nicht vom Himmel fällt und dass es manchem von euch zu viel ist. Aber ihr zeigt euch trotzdem großzügig. Darum wollen wir eure Großzügigkeit auf keinen Fall ausnützen.

Dass das jetzt, in schwierigen Zeiten, etwas eingeschränkt werden muss, verstehen wir. Wenn wir darum in Zukunft statt Bargeld öfter mal Einkaufskarten bekommen, freuen wir uns nicht gerade, aber wir haben Verständnis für eure Probleme. Hauptsache, wir sind versorgt. 

Wir verstehen, dass ihr nicht alle aufnehmen könnt. Darum wollen wir mithelfen, dass Abschiebungen klug und human stattfinden. Dass nicht die gut Integrierten weggeschickt werden und aus Bequemlichkeit diejenigen in Ruhe gelassen werden, die sich durchmogeln.

Sobald wir in Brot und Arbeit sind, können wir mithelfen, für unsere neue Heimat auch als Steuerzahler etwas zu tun. Wir freuen uns, dass wir diese Chance erhalten und tun alles dafür, dass es gelingt. Die zahllosen Beispiele erfolgreicher Integration sollen Vorbilder sein für alle, die neu ankommen. 

Vor allem aber: Wir sind glücklich, dass wir dem Krieg, dem Elend und den Diktaturen in unserer alten Heimat entkommen sind. Es ist großartig, in einem freien und friedlichen Land leben zu können, in dem jeder die gleichen Rechte hat und seine Meinung äußern kann, ohne ins Gefängnis zu kommen. 

Darum achten wir aus Überzeugung euer Grundgesetz. Wir begrüßen, dass es Frauen und Männern die gleichen Rechte gibt. Darum wollen wir unsere Frauen und Mädchen niemals zu etwas zwingen, was ihre Menschenrechte verletzt. Schon gar nicht zu Zwangsehen oder auch nur zum Kopftuchtragen. Und wir wollen strikt darauf achten, dass wir unsere Jungen nicht zu kleinen Paschas erziehen, und dass sie ihre Lehrerinnen achten.

Besonders wichtig ist uns, dass das Grundgesetz uns die Möglichkeit gibt, in eurem christlich geprägten Land unsere eigene Religion frei ausüben zu können. Wir bedauern, dass in unseren moslemischen Ländern Christen meist nicht die gleichen Rechte haben. Darum achten wir strikt darauf, dass wir die Intoleranz unserer alten Heimat nicht hierher nach Deutschland importieren. Das gilt besonders auch für jede Intoleranz gegenüber Juden und ihrem Glauben.

Wir vergessen die Kultur unserer alten Heimat nicht und pflegen sie weiter. Aber wir legen großen Wert darauf, dass dies mit den Traditionen Deutschlands nicht in Konflikt gerät, ob man diese nun Leitkultur nennt oder einfach nur das Grundgesetz.“

Soweit die Rede, die auf dieser von mir erträumten Demonstration gehalten wird. You may say I'm a dreamer. But am I the only one?

 

Rainer Bonhorstgeboren 1942 in Nürnberg, arbeitete als Korrespondent der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ) in London und Washington. Von 1994 bis 2009 war er Chefredakteur der Augsburger Allgemeinen-Zeitung.

Foto: Montage Achgut.com

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Thomas Szabó / 30.01.2024

Danke Österreich! Ich danke meinem zweiten Vaterland, dass es mich damals, von krassen ausländerfeindlichen Ausnahmen abgesehen, so freundlich & herzlich Willkommen geheißen hat. Damals gab es noch echte Nazis und ich war jung, unschuldig und wehrlos. Heute reiße ich jedem den Arsch auf, der nicht so nett ist wie ich. Es hat eine Weile gedauert, bis ich den Anschluss an die Eingeborenen gefunden habe. Heute sind sie mir gleichgültig. Ich liebe die Österreicher nicht, aber ich habe sie gerne. Ich respektiere, schätze, achte sie und ich bin ihnen dankbar. Österreich liegt mir am Herzen. Meine zweite Heimat ist der deutsche Sprachraum, aber ich könnte einmal ein Italiener werden.

Stefan Ahrens / 30.01.2024

Träume müssen im besten Deutschland aller Zeiten vom Wahrheitsministerium zertifiziert worden sein, um nicht den Falschen in die Hände zu spielen. Das werden Sie sicher verstehen, sonst müssen wir es Ihnen einfach noch besser erklären.

Peter Schulze / 30.01.2024

Danke. Ein berührende Text. Leider nur ein Traum. Die Wahrheit ist der Albtraum. Sehr viele, die auf der Traum-Demo waren, verachten uns. Einige hassen uns. Einige üben gnadenlose Gewalt gegen uns aus. Besonders gegen Frauen. Weil wir in ihren Augen Dhimmis (tributpflichtige Ungläubige) sind, beuten sie uns schamlos aus. Wie auf der Demo in Essen fordern sie das Kalifat in Deutschland. D. h. sie streben die Verhältnisse hier an aus denen sie angeblich geflohen sind.

Karl Heinz Maierl / 30.01.2024

Sehr geehrter Herr Bonhorst! Ja, in der Tat, Sie schreiben eine greifbar traumhafte, aber ungehaltene Rede eines fabelhaften Demo-Träumers. Wie ein Romantiker halt, der sich nur im Schlaf noch der eigenen Entität zuwendet. Aber kaum aufgewacht, sich wieder in der einzigen gemeinsamen Welt wiederfindet, finden muss. Mit freundlichen Grüßen Karl Heinz Maierl

Gunter Zimmemann / 30.01.2024

LEIDER zu schön, um wahr zu sein. Doch es wäre mal was anderes!

Hartmut Laun / 30.01.2024

Nicht nur “Danke Deutschland”. Ich hoffe das die Einwanderer noch in der Zeit der alten Bundesrepublik bis Helmut Kohl sich dieser Zeit zurückerinnern, mit Aufstiegsmöglichkeiten durch Leistung, mit Sicherheit im öffentlichen Raum, mit sozialer Sicherung, guten Schulen und Straßen, das die sich in großer Zahl der AfD zuwenden und die wählen, um ihr “Altes Deutschland” wieder zurückzubekommen.

S.Schleizer / 30.01.2024

Haha, den Traum hab ich auch öfter. Nur bei mir gibts fliegende rosa Elefanten und es regnet frittierte Shrimps

Steffen Schwarz / 30.01.2024

Respekt vor dem Autor, offensichtlich konnte er sich vom berüchtigten linksradikalen Medien WAZ-SPD-Clanfilz (Milliardäre u.a. die Fam. Brost bzw. Funke) lösen, wenn auch offensichtlich erst im gereiften Alter und nicht mehr aktiv in den Redaktionen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Rainer Bonhorst / 25.04.2024 / 14:00 / 6

Scholz und Sunak – ein spätes Traumpaar

Sie passen gerade gut zueinander: Ihre Länder stecken im Krisen-Modus und sie sind letztlich nur noch Regierungschefs auf Abruf. Er kam spät nach Berlin, aber…/ mehr

Rainer Bonhorst / 17.04.2024 / 10:00 / 31

​​​​​​​Die Bayer(n)-Revolution

Rekordmeister Bayern muss den Meistertitel an Bayer abgeben. Ein Menetekel für die Politik? Wie wird es weitergehen? San mir net mehr mir? Ist rheinisch das…/ mehr

Rainer Bonhorst / 08.03.2024 / 12:00 / 19

Bye bye Nikki, hello Oldies

In den USA duellieren sich Biden und Trump um den Einzug ins Weiße Haus. In diesem Alter würde man in Deutschland weniger auf Karriere als…/ mehr

Rainer Bonhorst / 22.02.2024 / 14:00 / 26

Kamala gegen Nikki – ein Traum

Statt der beiden betagten Kontrahenten Joe Biden und Donald Trump wünsche ich mir eine ganz andere Konstellation im Kampf um das Amt des US-Präsidenten. Man…/ mehr

Rainer Bonhorst / 13.02.2024 / 12:00 / 39

Gendern im Fußball? Fans zeigen rote Karte!

Wie woke soll der Fußball sein? Oder genauer: Wie viele Geschlechter soll der Fußball kennen? Es wird Zeit, mal wieder auf den Fußballplatz zu gehen.…/ mehr

Rainer Bonhorst / 12.02.2024 / 12:00 / 35

Giorgia Meloni als Mamma Europa?

Georgia Meloni beginnt in Europa eine wichtige Rolle zu spielen. Die Politik hält sich mal wieder nicht an die ideologischen Vorgaben deutscher Medien.    Ja, darf…/ mehr

Rainer Bonhorst / 04.02.2024 / 14:00 / 33

Gedanken beim Demo-Gucken

Im Grunde haben wir ja Glück, dass in Deutschland die Verhältnisse so klar sind. Wir haben keine dunkelhäutigen Politiker in Berlin, die die Frechheit besitzen…/ mehr

Rainer Bonhorst / 24.01.2024 / 11:30 / 65

Ich wäre gerne mitmarschiert

Schade, ich bin zu den großen Demonstrationen gegen rechts leider zu spät gekommen. Ich wäre so gerne mitmarschiert. Aber ich war zu langsam. Weil ich…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com