Reporter: Guten Tag Herr Koofmich …
Koofmann: … Koofmann, wenn ich bitten darf …
Reporter: Entschuldigung. Und danke, dass Sie zu diesem Interview bereit sind.
Koofmann: Gerne. Es ist ja der Umwelt zuliebe.
Reporter: Natürlich. Sie verkaufen Dämm-Material für Häuser.
Koofmann: Richtig. Aber so einfach ist die Sache nicht.
Reporter: Wieso?
Koofmann: Ehe wir zum Einzelverkauf schreiten konnten, mussten wir unsere Produkte natürlich der Regierung verkaufen.
Reporter: Warum das denn?
Koofmann: Weil die Politik den Boden für unsere Verkaufsstrategie bereiten musste.
Reporter: Verstehe. Und? Ist das gelungen?
Koofmann: Es hätte nicht besser sein können. Die Politik hat für uns den Boden moralisch, ökonomisch und juristisch bereitet.
Reporter: Donnerwetter. Drei auf einen Schlag.
Koofmann: Ja. Wunderbar. Moralisch wurden die Leute nach dem Motto überzeugt: Wer Energie spart, rettet die Welt vor der Klimakatastrophe. Und ökonomisch durch die Drohung, dass notorischen Dämmverweigerern in Zukunft hohe Kosten entstehen. Und juristisch, indem man Besitzern von Mietshäusern eine Zwangsdämmung in Aussicht stellte.
Reporter: Alle Achtung. Zwangsdämmung für Dämmverweigerer. Das haut rein. Und wie gehen jetzt die Dämmgeschäfte?
Koofmann: Nun, anfangs dämmerten sie so dahin, wenn Sie den Kalauer gestatten …
Reporter: … ausnahmesweise. Aber es sollte nicht zur Regel werden …
Koofmann … wird es nicht. Denn inzwischen laufen die Geschäfte verdammt gut.
Reporter: Verdammt? Ist das auch ein Kalauer?
Koofmann: Wieso? Ach Sie meinen verdammt gedämmt? Verstehe. Sorry. War keine Absicht.
Reporter: Sie verkaufen also wie geschmiert …
Koofmann: … Wir haben niemanden geschmiert …
Reporter: … Sie verkaufen also wie verrückt. Dabei hört man doch immer wieder, dass Ihr Dämm-Material brennt wie Zunder.
Koofmann: Zunder ist das falsche Wort.
Reporter: Wie würden Sie es denn nennen?
Koofmann: Ich würde sagen: Es kann in unglücklichen Einzelfällen zu Entzündungssituationen kommen.
Reporter: Entzündungssituationen?
Koofmann: Zu brandartigen Entzündungssituationen. Aber das sind Einzelschicksale. Schließlich geht es um ein höheres Gut. Um die Rettung des Weltklimas.
Reporter: Es gibt aber auch noch andere Einzelfälle. Zum Beispiel ersticken die Leute in ihren völlig luftdicht gedämmten Häusern, wenn sie vergessen, ihre Zigarette auszumachen.
Koofmann: Jetzt übertreiben Sie aber. Außerdem weiß jeder, dass rauchen ungesund ist.
Reporter: Aber muss man gleich ersticken?
Koofmann: Natürlich nicht. Der Ordnung halber muss ich allerdings darauf hinweisen, dass die zum Ersticken luftdichte Atmosphäre in den Wohnungen an den luftdichten Fenstern liegt und nicht an gedämmten Wänden.
Reporter: Das mag sein.
Koofmann: Außerdem raten wir allen Käufern, denen wir unsere dreifach verglasten hermetischen Umweltfenster anbieten, ausreichend Luft herein zu lassen.
Reporter: Sie verkaufen also auch die luftdichten Fenster?
Koofmann: Natürlich. Es geht schließlich um unser Weltklima.
Reporter: Richtig. Und wie lässt man ausreichend Luft herein, wenn man so ein luftdichtes Fenster angebracht hat?
Koofmann: Aber Herr Reporter: Muss ich Ihnen das wirklich sagen? Man lässt ausreichend Luft durch das luftdichte Fenster herein, indem man das Fenster aufmacht. Was denn sonst!
Reporter: Aber wozu brauche ich ein luftdichtes Fenster, wenn ich es aufmachen muss, damit ich nicht ersticke?
Koofmann: Lieber Herr Reporter. Wenn Sie mir ein Wort der Kritik erlauben: Ihre kleinkarierten Fragen stehen in einem krassen Missverhältnis zu den globalen Problemen, mit denen wir es zu tun haben. Für das Weltklima wird man doch mal ein luftdichtes Fenster öffnen können!
Reporter: Wenn Sie meinen. Etwas anderes: Verkaufen Sie auch Sonnenkollektoren für die Hausdächer?
Koofmann: Natürlich. Alles, was das Weltklima rettet, ist uns Verpflichtung.
Reporter: Sie wissen aber schon, dass auch Solaranlagen feuergefährlich sein können und den Feuerwehrleuten Probleme bereiten?
Koofmann: Das sind defätistische Parolen. Genau genommen ist doch das ganze Leben feuergefährlich. Während wir hier plaudern, kann der Blitz in unser Weinglas einschlagen. Ich kann Ihnen versichern: Ein Hausbesitzer, der sich für eine Wärmedämmung und luftdichte Fenster entscheidet und Solarzellen auf seinem Dach anbringt, lebt kaum gefährlicher als der gemeine Dämmphob.
Reporter: Dämmphob? Wie Islamophob?
Koofmann: Warum nicht? Dämmphob oder Dämmverweigerer, wenn Ihnen das lieber ist.
Reporter: Beides ist mir gleich lieb. Eine letzte Frage: Ist das nicht wahnsinnig teuer, sich so einzudämmen und zu solarisieren? Ist man da nicht verdämmt und verkauft?
Koofmann: Ganz und gar nicht. Aber es ist klar, dass es die Rettung der Welt nicht zum Spottpreis geben kann. Im Übrigen: Unser Rundum-Umwelt-Sorglos-Paket mit Selbstzufriedenheitsgarantie amortisiert sich bei korrektem Einsatz bereits nach 75 Jahren.
Reporter: Für Senioren ist das aber kein lohnendes Geschäft.
Koofmann: Nein, nicht als bloßes Geschäft im ordinären Sinne. Aber ist es nicht auch ein Gewinn, wenn man an der Pforte des ewigen Lebens steht und sich sagen kann, ich habe meinen Beitrag zur Rettung der Welt geleistet, auch wenn es etwas teurer war? War es nicht schon immer etwas teurer, ein gutes Gewissen zu haben?
Reporter: Wenn Sie meinen. Sie würden also nicht sagen, dass die Häuserdämmung eine Verdummung ist?
Koofmann: Herr Reporter: Jetzt machen Sie aber den billigen Kalauer.
Reporter: Ich bekenne mich schuldig und danke für dieses Gespräch.