Gastautor / 21.02.2011 / 19:01 / 0 / Seite ausdrucken

Briefe an die FAZ - 2

Na, dann möchte ich hiermit auch mein Scherflein zum Thema Bahners beitragen, da auch ich es gewohnt bin, daß FAZ-kritische Leserbriefe eh so gut wie nie veröffentlicht werden.

Ich möchte allerdings auch, obwohl ich Bahners´ Verhalten in dieser Sache scharf kritisiere, eine “kleine Lanze” für ihn brechen. Doch dazu später mehr.
Das Problem des Herrn Bahners besteht meiner Ansicht nach ganz einfach in einem Mangel an Lebenserfahrung, an Kontakt zur Lebenswirklichkeit, die er wohl nur, das ist mir als langjährigem FAZ-Leser aus der Lektüre nahezu aller seiner Artikel schnell klargeworden, bestenfalls durch das Hubbleteleskop zu beobachten scheint.

Er lebt in einer bildungsautistischen Monadenblase. Mit Bildungsautismus meine ich, daß er trotz der zweifellos vorhandenen Bildung und Eloquenz zwischen seinem Wissen und den politischen, kulturellen und interethnischen Realitäten, über die er sich gerne ausläßt, ganz offensichtlich noch keine Zusammenhänge herstellen kann. Es ist Bildung, die nur um sich selber kreist, bloß akkumulierte Daten, wie Bits und Bytes auf einer Festplatte. Die kreisen bekanntlich auch mit sehr hoher Geschwindigkeit, aber eben immer um eine zentrale Achse, bei Bahners wäre das sein Ego.

Seine Texte kommen mir sehr oft so vor, als rufe er lediglich diese Daten ab, wie man per Mausklick ein Word-Dokument oder eine Tabellenkalkulation öffnet, um die eigene Argumentation mit eleganten Wortgirlanden oder schönen rhetorischen Cliparts zu verschönern und ihnen den Anstrich intellektueller Meisterschaft zu verleihen. Damit wäre ich auch schon beim nächsten Punkt: Projektion. Denn Bahners projiziert seine eigenen Schwächen ständig auf andere. Er warf Sarrazin vor, “Wortgirlanden” zu “kompostieren”, tut genau dies aber selber ständig.

Er wirft Islamkritikern vor, “den Islam” als Teufel an die Wand zu malen und somit auf unzulässige Art etwas zu pauschalisieren, was eigentlich differenziert gehört, nur um im selben Atemzug von “der” Islamkritik zu sprechen, die es in dieser verallgemeinerten Form ebenfalls nicht gibt. Alles, was nicht seinen Vorstellungen und Idealen von aufgeklärter Geistigkeit entspricht, wird gnadenlos in´s Lächerliche gezogen, mittels wortfeinmechanisch zusammengebastelter Satzclusterkeulen als dumm bzw.weniger gelehrt niedergeschlagen. Er scheint maßlos selbstgerecht, selbstgenügsam und arrogant zu sein. Das aber ist eindeutig ein Zeichen mangelnder geistiger Reife, ebenso ein Zeichen von Unsicherheit. Das weiß ich aus eigener Erfahrung, denn ich war früher selber ein Elch.

Die meisten seiner elegant und mit großem Aufwand synthetisierten Sprachfiguren wirken auf mich wie ein aus allerlei Wissensbrocken zusammengenähtes, akademisches Halloweenkostüm, unter dem sich ein eigentlich noch recht unsicherer Zeitgenosse verbirgt. Psychologisch gesehen ist es für mich eindeutig: wer eine klare, leicht verständliche Sprache um jeden Preis zu vermeiden sucht, höchstwahrscheinlich sich selbst einredend, dergleichen sei ja zu “populistisch” - es kann doch nicht sein, daß man vom “einfachen Volk” verstanden wird - der will gar nicht verstanden werden, sondern zunächst mal sich selber verstehen lernen. Der sucht noch nach einer eigenen Sprache und ist sich seiner Sache eben nicht so sicher, wie die fortissimo aufspielenden Wortsymphonien der Umgebung suggerieren wollen.

Warum ich trotzdem eine kleine Lanze für ihn brechen will?

Weil ich mir die Frage stelle, worin denn nun der Unterschied zwischen Bahners und zahlreichen seiner Kollegen von der Zeit, dem Spiegel, der süddeutschen, der taz, aus ARD und ZDF und vielen anderen Presseorganen besteht.

Weil ich mich frage, ob Bahners möglicherweise - ohne ihn dadurch gleich als bloßes “Systemprodukt” entschuldigen zu wollen, denn er weiß sehr genau, was er tut - nicht einfach nur eine weitere logische Folge eines Journalismus ist, der bis hinauf in die höchsten Chefetagen mancher deutscher Medien aus Bewohnern intellektueller Parallelwelten besteht, die keine Probleme damit haben, ihren Lesern, Zuschauern und Hörern relevante Informationen zu unterschlagen, wenn sie “politisch unkorrekt” sind, die auch schonmal sehr gerne suggestiv bzw. manipulativ berichten, kurz: man sollte, statt sich jetzt nur auf Bahners einzuschießen, die Frage nach dem journalistischen Arbeitsethos im Allgemeinen stellen. Da gibt es meiner Ansicht nach in unserem Land nämlich gewaltigen Nachholbedarf.

Natürlich ist es nicht in Ordnung, wenn der Feuilletonchef der FAZ eine Frau wie Hirsi Ali in die Antisemiten- und Extremistenecke stellt. Aber es ist ja nun nicht das erste Mal, daß - erinnert sich noch jemand an die Sarrazin-Hysterie letztes Jahr ? - Personen mittels perfider rhetorischer und sprachpsychologischer Tricks diffamiert werden sollen.

Die Frage, die sich Bahners (hoffentlich) stellen wird: will er wirklich so enden wie diverse andere Selbstbespiegelungskünstler, oder will er - denn das intellektuelle Potential dazu hat er in meinen Augen - durch nähere Kontaktaufnahme mit der Umwelt möglicherweise ein herausragend guter Journalist werden? Es wäre ihm zu wünschen. Benno Constantine

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