Die Erinnerung des einstigen Apo-Aktivisten Peter Schneider, das linksliberale Verleger-Trio Nannen, Bucerius und Augstein hätten die 68er-Bewegung und ihre „Enteignet Springer“-Kampagne massiv alimentiert - also quasi Geld für die Beseitigung ihres Hauptkonkurrenten locker gemacht -, sorgte in der deutschen Medienszene vor kurzem für lautes Flügelschlagen. Während der stern konterte, Schneider habe sich eingestandenermaßen im Fall Nannen geirrt – nicht „Sir Henri“, sondern sein Kumpel „Buc“ habe die Linksradikalen bezahlt -, eierten sie beim Spiegel wortreich rum. In einem Augstein-Entlastungsangriff auf den Springer-Chef Döpfner hieß es, der Spiegel-Gründer habe wohl 20000 Mark „für die Renovierung des Republikanischen Clubs“ gezahlt. Jedoch: „Dass Augstein - wie es Manfred Bissinger erinnert - einen Scheck über 50 000 Mark für die Anti-Springer-Kampagne ausgestellt hat, dafür hat sich bislang beim SPIEGEL noch kein Beleg gefunden.“...
Hier scheint eine wahre Perle des deutschen Recherchierjournalismus auf. Weil sich im ganzen, gewaltigen, allmächtigen, alles wissenden Spiegel-Archiv keine Quittung mit der Zeile „50 Riesen für die Zerschlagung des Springer-Konzerns gelöhnt, gez. Rudi Augstein“ findet, ist der Rudolf aus dem Peter Schneider. Chapeau.
Wer, wie ich gerade, das Pech hat, aus aktuellem Anlass noch einmal Dutschkes Biografie von 1996 aus der durchaus unbegnadeten Feder seiner Witwe Gretchen lesen zu müssen, stößt auf weitere Stellen zum Thema systematische Knetezahlungen für die Systemveränderer. Da zitiert Gretchen, die Yoko Ono der 68er, auf Seite 169 Augstein: „Ich war der erste Dutschke-Geschädigte, als ich 1967 im Audimax der Hamburger Universität einen redlich-unschädlichen Vortrag hielt (...) Als ich elf Wochen später mit eben diesem (Dutschke, Red.) am Podium saß, schrie der, ein neuer Savonarola: ´Wir werden es einem Augstein nicht gestatten, sich mit fünf lumpigen Tausendern von unserer Bewegung loszukaufen.´ Anschließend nahm er mich beiseite und fragte: ´Mahler kann ohne Geld nicht mehr verteidigen. Gibst du mir zehntausend Mark?´“
Und Gretchen fährt fort: „Augstein gab Geld, auch später immer wieder, aber er war beleidigt.“
Auf S. 175 beschreibt sie, wie sich die Vorbereitungen zu einem geplanten so genannten Springer-Tribunal pekuniär gestalteten: „Rudi gehörte dem Organisationskomitee des Springer-Tribunals nicht an, aber er hatte die Aufgabe übernommen, bei ´Spiegel´ und ´stern´ Geld zu beschaffen. Das sollte nicht aussichtslos sein. (...) In diesem Klima fiel es Rudi nicht schwer, Geld aufzutreiben, aber Rudolf Augstein und Gerd Bucerius stellten die Bedingung, dass kein Tribunal stattfinden sollte, sondern nur ein Hearing.“
Wetten, dass sich auch für diese Memoiren garantiert nicht ein einziger Beleg im Spiegel-Archiv findet?