Manfred Haferburg / 22.08.2021 / 14:00 / Foto: Imago / 38 / Seite ausdrucken

Anti-Gesundheitspass-Demonstration Paris am 21.08.2021

Ich weiß nicht mehr, wer es gesagt hat, doch es trifft den Punkt. „Corona ist eine Krankheit, die ich nicht habe und mit der ich jemanden anstecken kann, der dagegen geimpft ist“.

Das meint zumindest auch die französische Administration und führt den Impfzwang durch die Hintertür ein. Deswegen gehen viele Franzosen seit sechs Wochen jeden Samstag auf die Straße.

Doch fangen wir mit etwas Positivem an. Ich war ein paar Tage in Santa Margherita Ligure in Italien. Hier gelten dieselben strengen Regeln wie in Frankreich: Gesundheitspass oder Test, Maske und Abstand. Aber in Ligurien waren 32 Grad im Schatten und Urlaubssaison. Niemand, wirklich keiner, hält sich an irgendwas bei solchen Temperaturen. Schon gar nicht in Italien. Auch nicht bei einer Inzidenz von 70. Der Apero in Santa Margherita ist Kult. Da sitzt man dichtgedrängt auf der Terrasse im Schatten. Die Masken würden doch die Schönheit der Italienerinnen verdecken, das geht gar nicht. Der nicht vorhandene Gesundheitspass würde ja das Geschäft des Patrons verderben, das geht auch gar nicht. Und ohne Bussi geht’s unter Freunden auch nicht. Und die Carabinieri lieben den Apero und die schönen Italienerinnen auch, da geht also was beim Wegsehen.

Nichts ist ohne Ausnahme, auch wenn sie noch so blöd daherkommt. Ich möchte im kleinen Hafenkaffee einen Espresso trinken. Die Inhaberin weist mir einen netten Tisch im Schatten zu. „Darf ich die Toilette benutzen?“ frage ich. „Bitte sehr, mein Herr, doch vorher müssen Sie sich die Hände desinfizieren“, sagt sie und kommt mit einer Sprühflasche daher gewedelt. Wie jetzt, vorher? Ich frage mich erschrocken, was sie noch alles an mir desinfizieren will und ob sie mich vielleicht zu diesem Zwecke mit ihrer Sprühflasche aufs Klo begleiten will? Lieber verabschiede ich mich, ohne es zu probieren. Den Espresso bekomme ich nebenan und aufs Klo gehen kann ich auch, ohne vorherige Desinfektion edler Körperteile.

Alles für die neue Apartheid. Der Frust wächst.

In Paris weht nach meiner Rückkehr ein anderer Corona-Wind. Viele Restaurant-Terrassen verlangen gezwungenermaßen den Impfpass. Der Staat hat die armen Kellner mit ihren Zwangsmasken zu Corona-Bütteln degradiert. Entsprechend unwillig tun sie ihren Dienst beim Checken des QR-Codes. In die großen Luxuskaufhäuser wie Galeries Lafayette, Samaritaine oder BHW kommt nur noch der Geimpfte rein. Kino, Theater, öffentliche Gebäude – alles für die neue Apartheid. Der Frust wächst. 

Doch es ist gerade das Ende der Ferien, die Pariser sind noch im Urlaub. 85 Prozent von ihnen haben wegen Corona den Urlaub im eigenen Land verbracht. Die Demonstrationen des sechsten Samstags in Folge brachten nach Angaben der Präfekturen in ganz Frankreich „nur“ 175.000 Menschen auf die Straße – die Staatsmedien jubeln „Es nimmt ab!!!“. Wenn sie da mal nicht zu früh jubeln. Die Veranstalter der Demonstrationen kommen auf die doppeltenTeilnehmer-Zahlen. Zentrum der Demonstrationen ist die Arbeiterstadt Toulouse. 

Ich habe mich ein dreiviertel Leben lang jeglichem Fahnenschwenken und Parolenschreien verweigert, selbst im Osten, als das noch gefährlich war. Ich war noch nie in einer Partei. Doch heute gehe ich trotz meiner vorgerückten Tage zur Anti-Impfpass-Demo am Jardin du Luxembourg. Warum geht der alte Depp dahin? – können Sie gerne fragen. Darum: Die großen Antidiskriminierer sind über Nacht die Oberdiskriminierer geworden, es herrscht in Frankreich eine Tyrannei der Angsthasen.

Es waren nach meiner Einschätzung heute weniger Demonstranten unterwegs als letztes Wochenende. Dafür gab es aber unheimlich viele Ordnungskräfte. Der Staat fuhr tausende hochgerüstete CRS-Polizisten und Wasserwerfer gegen ein paar tausend friedlich demonstrierende Bürger – Alte, Junge, Frauen und Kinder – auf. Wieviel Angst müssen die französischen Eliten vor ihrem eigenen Volk haben? 

Polizisten in Sprechchören aufgefordert, sich anzuschließen

In Frankreich wird eine andere administrative Strategie gefahren als in Deutschland. Heute waren in Paris drei Demonstrationen genehmigt, an denen nach offiziellen Angaben 17.000 Menschen teilnahmen. Die französische Administration käme nicht auf die Idee, das Ventil Demonstration zum Druckabbau des Volkszorns zuzudrehen. Die Demonstrationen werden toleriert und – solange sie nicht in Gewalt umschlagen – ignoriert. Die Demonstranten werden auch nicht damit schikaniert, Masken tragen zu müssen, wenn sie gerade gegen das Maskentragen demonstrieren.

Im Gegenzug war die Demonstration äußerst friedlich. Die gestressten Polizisten wurden in Sprechchören aufgefordert, sich den Demonstranten anzuschließen: „Polizei – mit uns“. Vielen Polizisten konnte man ansehen, wie gerne sie der Aufforderung gefolgt wären. Sie haben ja auch Kinder, die nun auf Wunsch einer paranoiden Elite geimpft werden sollen. Die Zwickmühle für den Polizisten ist: „Schütze ich mein Kind vor der blödsinnigen Impfung oder kann ich meine Familie nicht mehr ernähren?“ Da ist dem Polizisten im Zweifelsfall noch der Plastikpanzer näher als das Hemd.

Die Demonstranten bildeten, wie schon an den vorherigen Samstagen, einen Durchschnitt der Bevölkerung ab. Die Trikolore mit einem QR-Code auf der weißen Mitte wurden geschwenkt. „Schützt unsere Kinder“, „Macron Rücktritt“, „Freiheit“ wurde skandiert und das Anti-Corona-Lied „Wir sind da“ oder die Nationalhymne gesungen. Möge es den Herrschenden in den Ohren klingen. 

Am nächsten Samstag wird in Paris „in Weiß“ demonstriert. Man darf gespannt sein, was passiert, wenn die Franzosen aus dem Urlaub zurück sind. Wenn die Bewegung nicht mehr Fuß fasst, sehe ich schwarz für „Liberté, Égalité, Fraternité“. Wenn es nur noch heißt: „Vacciné ou non-vacciné“ – dann schwimmen „Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit“ den Franzosen in der Seine auf Nimmerwiedersehen davon. 

Foto: Imago

Sie lesen gern Achgut.com?
Zeigen Sie Ihre Wertschätzung!

via Paypal via Direktüberweisung
Leserpost

netiquette:

Karsten Dörre / 22.08.2021

Herr Haferburg, Herr Haferburg. Vor dem Toilettengang fassen Sie corona-infiziert Türen danach Wasserhahn oder andere Utensilien des WC an. Während des Espressotrinkens fassen Sie die Tasse, beim Bezahlen eventuell Geld an. Der Tod lauert überall. Selbst am Pissoir kann man tot umfallen.  Da ist eine vorherige Desinfektion der Hände bis zum Handgelenk sinnvoll, wenn der herbeigerufene Arzt noch den Puls fühlen will und die Handschuhe vergisst. Herr Haferburg, man muss das eigene Leben global sehen.  Ohne für die Rettung des Planeten, die Rettung des Klimastillstandes, die Rettung der Menschheit, die Rettung der ausgegrabenen Solidarität usw. zu sein, ist der Tod sinnlos.

F. Bellik / 22.08.2021

In Frankreich geht es so weit, das einige Arztpraxen nur Geimpften behandeln und Krankenhäuser nur Geimpfte annehmen wollen .  Ich hoffe, die Deutschen folgen den Franzosen aber vorerst müssen aus ihrem komatösen Tiefschlaf aufwachen. Bis dahin willkommen in die neue schöne Welt des Irrsinns.

Günter Schaumburg / 22.08.2021

@Wilfried Cremer: Dafür aber werden in Frankreich Demonstranter mitunter des Augen- lichts beraubt. Da ist Geisel ja noch human, der läßt bevorzugt ältere Männer und Frauen zusammendreschen. Auch nicht gerade schön, aber die “Schuldigen” können immerhin noch das beste Deutschland aller Zeiten sehen.

RMPetersen / 22.08.2021

Die Konzepte zur Unterdrückung sind in D, F, I, A, CH etc die gleichen. Allerdings gibt es nationale Unterschiede in der Intensität der Verfolgung von Abweichlern. Und es ist schon ein Unterschied, ob man mit 25.000€ oder 300CHF Strafe bedroht wird.

John Sheridan / 22.08.2021

Nur zur kurzen Info: Bei uns im Glarner Land (CH) geht man(n) ohne Maske ins Restaurant, von “3G” ist man(n) dank Direktdemokratie trotz linker “Staatsfeinde” im Bund wie Berset oder Sommaruga weit entfernt. Selten so viele Deutsche und Polen (Urlauber) hier gesehen. Alles Gute den Franzosen, die Demonstrationen sollten aber direkt vor Macrons Haus stattfinden! P.S.: Zum Glück gibt es im Schweizer Natel-Netz nur noch 4G ;-)))))

S.Müller-Marek / 22.08.2021

Zum Thema Gesundheitspass: Man suche im Internet nach dem Video: Mike Yeadon, ex-Vizepräsident von Pfizer packt aus….. Sehr aufschlussreich, erklärt alles!!

Wolfgang Nirada / 22.08.2021

Ich wollte heute ins Fitness Studio - als G esunder durfte ich nicht rein um meine Gesundheit zu erhalten!!! Dieser Staat hat mir jetzt zum wiederholten Male die Freiheit gestohlen und mir damit quasi den Krieg erklärt…

Dirk Jungnickel / 22.08.2021

Jetzt habe ich endlich (k)einen Grund für den Gesslerlappen gefunden, denn das die “schönen Italienerinnen ” und die Männerwelt darunter leiden, ist nachvollziehbar. In Old Germany wird allerdings umgekehrt ein Schuh draus :  Von der Erleuchteten abwärts über Esken sowie dem linken Klientel um Pau und Jelpke ist natürlich aus nachvollziehbaren Gründen jeder die Maskenpflicht absolut willkommen. Bei der Böckchenschießerin muß man allerdings den dümmlichen Spruch “Ausnahmen bestätigen die Regel”  heranziehen.

Weitere anzeigen Leserbrief schreiben:

Leserbrief schreiben

Leserbriefe können nur am Erscheinungstag des Artikel eingereicht werden. Die Zahl der veröffentlichten Leserzuschriften ist auf 50 pro Artikel begrenzt. An Wochenenden kann es zu Verzögerungen beim Erscheinen von Leserbriefen kommen. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Verwandte Themen
Manfred Haferburg / 26.04.2024 / 06:00 / 176

Der Unschulds-Minister und der Atomausstiegs-Betrug

Es war die Nachricht des gestrigen Tages: Der Atomausstieg wurde entgegen der Empfehungen aus den zuständigen Ministerien durchgezogen. Minister Habeck aber soll von nichts gewusst haben.…/ mehr

Manfred Haferburg / 25.03.2024 / 12:00 / 107

ISAR 2: Das beste Kernkraftwerk der Welt wird zersägt

Die Rückbaugenehmigung für ISAR 2 ist erteilt, hieß es am Freitag. Der Betreiber Preussen Elektra könne den Rückbau unverzüglich durchführen. Eine wenig beachtete DPA-Meldung leitet…/ mehr

Manfred Haferburg / 08.03.2024 / 10:00 / 110

Bundesrechnungshof delegitimiert Habeck, Müller und Energiewende

Die Energiewende-Delegitimierer sitzen jetzt im Bundesrechnungshof. Ihr vernichtendes Fazit der Energiewende haben die Beamten sogar in einer Grafik (oben) karikiert. Der Bundesrechnungshof ist in der…/ mehr

Manfred Haferburg / 01.03.2024 / 06:00 / 61

Habecks Wetterwenden: Was, wenn Kernenergie wieder salonfähig wird?

Die Bundesegierung hat es sich angewöhnt, die alten Brunnen zuzuschütten, bevor es neue gibt. Jetzt erlaubt sie die bisher verteufelte CO2-Deponierung – und was ist,…/ mehr

Manfred Haferburg / 26.02.2024 / 06:15 / 101

Netzbetreiber warnen: Stromnetz kollapsgefährdet wie nie

Wie steht es um die Versorgungssicherheit, wenn die Stromerzeugung bis zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien erfolgt? Ein Netzbetreiber hat sie jetzt beantwortet. Ein Blitzeinschlag…/ mehr

Manfred Haferburg / 06.02.2024 / 06:00 / 84

Die Kohle bleibt: Ampel halbiert Gaskraftwerks-Pläne

In der neuen Kraftwerksstrategie der Bundesregierung schrumpfen die geplanten Gaskraft-Kapazitäten wie eine Eiskugel im Sommerurlaub – und noch nicht einmal die wird es geben. Verdruckst…/ mehr

Manfred Haferburg / 21.01.2024 / 14:00 / 8

„Ein grünes Requiem“

Die Lektion der unerwünschten Folgen gut gemeinter Projekte ist an den Grünen komplett vorbeigegangen. Das holen sie jetzt nach, auf unsere Kosten. Was Menschen auch…/ mehr

Manfred Haferburg / 08.01.2024 / 06:00 / 103

Nachhaltige Halluzinationen beim Chef der Bundesnetzagentur

Ja, Herr Müller, die Energieversorger brennen darauf, 60 Milliarden Euro in Gaskraftwerke zu investieren, die sich nicht rechnen können, da sie nur bei Flaute und…/ mehr

Unsere Liste der Guten

Ob als Klimaleugner, Klugscheißer oder Betonköpfe tituliert, die Autoren der Achse des Guten lassen sich nicht darin beirren, mit unabhängigem Denken dem Mainstream der Angepassten etwas entgegenzusetzen. Wer macht mit? Hier
Autoren

Unerhört!

Warum senken so viele Menschen die Stimme, wenn sie ihre Meinung sagen? Wo darf in unserer bunten Republik noch bunt gedacht werden? Hier
Achgut.com